Es ging gleich los mit einem emotionalen Superabend. Im Deutschen Haus von Paris, zu dem auch eine in ein Rugby-Stadion verlegte Fanzone gehört, trat am Abend nach der Eröffnung der Spiele Clueso auf. Er spielte gerade die Zugabe, auf der großen Leinwand lief zeitgleich live das Finale über 200 Meter Freistil mit dem Magdeburger Lukas Märtens. Immer mehr Fans schauten gebannt auf die Leinwand statt auf die Bühne. Wahnsinn, der Märtens kraulte Gold entgegen. Clueso sah das auch – und unterbrach seinen Gesang. Er unterlegte Märtens' Triumph mit Begleitmusik. Die Stimmung konnte besser nicht sein.
So erzählt das Jens Behler, der Leiter Kommunikation bei der Deutschen Sportmarketing (DSM) im Gespräch mit dem WESER-KURIER. Die DSM habe gemeinsam mit der Messe Düsseldorf diesen Standort gefunden und dieses Deutsche-Haus-Konzept erdacht, das gleich zwei Alleinstellungsmerkmale besitzt. Die Homebase des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) ist erstmals in einem Stadion, und es gehört erstmals eine Fanzone dazu. Wobei das eine das andere quasi bedingt hat. Nachdem man sich gemeinsam mit dem DOSB für das Rugbystadion "Jean Bouin" im Südwesten von Paris entschieden habe, habe sich zwangläufig die Frage gestellt: "Und was machen wir mit der großen Rasenfläche?", sagt Jens Behler.

Jens Behler, Leiter Kommunikation der DSM, erklärt gegenüber dem WESER-KURIER, warum das Deutsche Haus gleich ein ganzes Stadion geworden ist.
Sie hatten Trainingsmöglichkeiten für die Athleten von Team Deutschland mit Fitnessraum, Judo- oder Ringermatten eingerichtet. Sie hatten Räume für Teambesprechungen hergerichtet, um die man im olympischen Dorf mit Hunderten anderer Teams hätte konkurrieren müssen. Ein Medienbereich wie die Hospitality-Etage im ersten Stock, in der sich frühere mit aktuellen Olympiahelden begegnen, wurde installiert. Sogar eine Sauna und ein Entmüdungsbecken wird den Athleten geboten. Fachbegriff für den Athletenbereich: Performance-Hub. Aber ein Rugby-Stadion ist groß. Normalerweise spielt hier das Team "Stade Francais". SF Paris ist immerhin 14-facher Meister in der in Frankreich sehr populären Sportart. Es konnte doch jetzt nicht zweieinhalb Wochen lang leer aussehen in der Arena. So wurde die Idee mit der Fanzone geboren. Paris ist nicht so weit weg von Deutschland, man rechnete mit zahlreichen Gästen beziehungsweise Tagesgästen.
Das Konzept gehe auf, sagt Marketingmann Behler. Mehr als 2000 Fans kommen täglich. Der Andrang sorge gemeinsam mit dem Werbegeld der Partner und Sponsoren dafür, dass es kostendeckend sei, trotz der vergleichsweise moderaten Preise. Von 14 bis 22 Uhr ist das "Stade Jean Bouin" für Besucher geöffnet, neben der großen Bühne und der großen Leinwand gibt es zahlreiche Stationen und Stände. Nach Clueso ist auch schon Revolverheld oder DJ "Alle Farben" aufgetreten, am Sonnabend wird noch Tim Bendzko erwartet. Der Eintritt kostet 20 Euro fürs Tagesticket, für Kinder bis 14 Jahre zehn Euro. Kinder bis fünf kommen umsonst rein. Ein halber Liter Bier kostet sieben Euro. Für Paris-Verhältnisse ist das noch ganz okay. Gerade von Familien bekäme man ein positives Feedback, sagt Jens Behler.
Das Feedback der Athleten ist ohnehin positiv. Erst recht das jener Sportlerinnen und Sportler, die als Medaillengewinner am Abend über den sogenannten "Medal-Walk" vom Hospitality- in den Fanbereich schreiten dürfen. "Du gehst da die Treppe runter mit dem Nebel und so, und weißt nicht, was auf dich zukommt", sagt 3x3-Basketball-Olympiasiegerin Svenja Brunkhorst. "Und dann sind da diese vielen Leute, und bei vielen von uns sind Tränen geflossen. Das war der schönste Momente nach dem Sieg im Finale." Springreit-Olympiasieger Christian Kukuk, der in der Szene als sehr planvoll vorgehender Typ gilt, musste zugeben: "Der Medal-Walk war ein absoluter Gänsehautmoment. Da war ich ein bisschen überwältigt."
Ganz bewusst, erklärt Jens Behler, habe sich die deutsche Delegation für einen Standort entschieden, der weder zu touristischen Hotspots wie Eiffelturm oder Notre Dame noch zum olympischen Dorf in direkter Nachbarschaft liegt. Ganz bewusst habe man eine Sportumgebung gesucht. Das "Stade Jean Bouin" liegt direkt neben der großen Arena "Parc des Princes", in dem der bekannte Fußballklub Paris Saint Germain seine Heimspiele bestreitet. Auch der Tennistempel Roland Garros ist nur wenige Gehminuten entfernt.
Und gut eine Woche nach dem emotionalen Auftakt mit Clueso-Musik und parallelem Märtens-Gold erzeugte das unerwartete 3x3-Basketball-Gold der deutschen Frauen noch einmal mehr Dezibel. "Ich war hier im Deutschen Haus und habe hier das Finale verfolgt", sagt DOSB-Sprecherin Eva Werthmann. "Das Dach ist fast weggeflogen." Am Dienstagabend hatten dann die Basketballerinnen selbst ihren Auftritt im Deutschen Haus genießen dürfen. Wie Formel-1-Champions standen sie da auf der Bühne, hüpften und schüttelten die großen Champagnerflaschen. "Oh, wie ist das schön", stimmten die Fans an.