Trotz klarer Regeln und Hinweisschildern kommt es an Bahnübergängen immer wieder zu leichtfertigem Verhalten und Unachtsamkeiten, die lebensgefährlich sein können. "Das Andreaskreuz allein beschreibt schon, dass die Schiene Priorität hat", sagt Holger Jureczko, Sprecher der Bundespolizei in Bremen. Bei Unfällen an Bahnübergängen sind im vergangenen Jahr so viele Menschen gestorben wie seit 2010 nicht mehr, hat der Norddeutsche Rundfunk (NDR) vergangene Woche gemeldet. Als unfallträchtigste Strecke im Norden gilt dabei die Strecke Delmenhorst–Hesepe, dort hat es in den vergangenen zwölf Jahren insgesamt 40 Unfälle gegeben. Die nicht elektrifizierte Nebenbahn ist eingleisig und wird von der Nordwestbahn genutzt. Jureczko rät insbesondere an unbeschrankten Bahnübergänge zu großer Vorsicht: Auch ohne, dass das Lichtzeichen blinkt, müsse darauf geachtet werden, die Schienen nur zu überqueren, wenn nach links und rechts geschaut wurde. Und jetzt im Frühjahr, bei zunehmender Begrünung der Landschaft sähe es an vielen Stellen anders aus, als in der vegetationslosen Zeit; Sichtachsen verändern sich durch den Bewuchs. Derzeit wird die Strecke mit einer Höchstgeschwindigkeit von Tempo 80 befahren. Erst wenn die nicht-technisch gesicherten Bahnübergänge mit Schranken ausgestattet worden sind, soll eine Höchstgeschwindigkeit von Tempo 120 möglich werden, damit wird erst nach 2030 gerechnet.
"Wir arbeiten seit Jahren mit Nachdruck daran, gemeinsam mit dem Eigentümer der Straße und dem Bund die Zahl der Bahnübergänge zu reduzieren", sagt eine Bahnsprecherin auf Nachfrage unserer Redaktion. Seit 1950 habe sich der Bestand an Bahnübergängen im Netz der Deutschen Bahn bereits mehr als halbiert. Anlagen, an denen es vermehrt zu Unfällen kam, wurden und werden dabei vorrangig beseitigt oder mit Technik ausgestattet. "Ungeachtet der Bemühungen, Bahnübergänge zu beseitigen, betreibt die Bahn mit ADAC, Bundespolizei sowie weiteren Partnern intensive Aufklärungsarbeit, um Unfälle von vornherein auszuschließen", so die Unternehmenssprecherin. In Niedersachsen gibt es insgesamt rund 2000 Bahnübergänge.
Turnusmäßige Verkehrsschauen
Um festzustellen, ob die am Bahnübergang vorhandene Beschilderung oder Technik in ihrem Zustand noch ausreichend ist oder ob sie erneuert werden muss, finden turnusmäßig sogenannte Verkehrsschauen statt, so Kathrin Schmidt vom Straßenverkehrsamt des Landkreises in Wildeshausen. An solchen Vor-Ort-Terminen nähmen Vertretende der Deutschen Bahn, der Gemeinden, Straßenbaulastträger und Straßenverkehrsbehörden, des Eisenbahn-Bundesamtes sowie der zuständigen Polizei und Bundespolizei teil.
Die Sicherung eines Bahnübergangs hängt insbesondere von der Art der Bahnstrecke ab, also ob es sich um eine Haupt- oder Nebenbahn handelt, so die Sprecherin der Bahn. Entscheidend sei die Geschwindigkeit des Zuges sowie die Verkehrsstärke auf der kreuzenden Straße. Bahnübergänge bei Strecken, auf denen Züge schneller als 160 Stundenkilometer fahren, sind nicht erlaubt. An Hauptbahnen ist eine technische Sicherung grundsätzlich für alle Bahnübergänge vorgesehen. Bahnübergänge ohne technische Sicherung kommen fast ausschließlich an verkehrsärmeren Strecken vor. "Die Gewohnheit kann dann tückisch sein", sagt Bundespolizeisprecher Jureczko. Wer täglich zur gleichen Zeit einen solchen Übergang befahre, solle sich nicht sicher sein, dass ein Zug auch einmal eine Verspätung hat. Der Straßenverkehrsteilnehmer müsse auch auf hörbare Signale der Eisenbahnfahrzeuge achten.
Wie im Straßenverkehr gelten auch an Bahnübergängen klare Regeln. Rot heißt Stopp, ebenso wie geschlossene Voll- oder Halbschranken. Die Praxis sieht jedoch leider oft anders aus: Die Bedeutung des Andreaskreuzes und der Sicherungsanlagen sind vielen Verkehrsteilnehmern nicht oder nicht richtig bekannt. Zudem verleiten Leichtsinn und Ungeduld manchen zu riskanten Aktionen. "Dies ist schlicht lebensgefährlich", so die Bahnsprecherin.
Auf der Strecke von Delmenhorst nach Hesepe werden aktuell drei Bahnübergänge im Bereich von Vechta saniert. Die Planungen sind größtenteils fertiggestellt und werden derzeit vom Eisenbahn-Bundesamt geprüft. Baubeginn ist für Ende August geplant, die Inbetriebnahmen der drei Anlagen erfolgen Mitte Oktober bis Ende November.