Schon lange werden Klagen laut, dass die Bereitschaft zur Blutspende in der Bevölkerung sinkt. Zu Beginn der Corona-Pandemie ist sie zunächst regelrecht eingebrochen, erst 2021 ist die Zahl der Spender wieder gestiegen. Trotzdem reicht das noch nicht – und das hat Folgen: Die Blutkonserven sind knapp geworden, wie der Blutspendedienst der Landesverbände Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Oldenburg und Bremen des Deutschen Roten Kreuzes mitteilt.
Sind 2019 in Delmenhorst noch 4614 Blutspender zu den 28 angebotenen Terminen gekommen, waren es 2020 nur 3587 Spender, die bei den insgesamt 25 Terminen erschienen sind. Im zweiten Corona-Jahr 2021 waren es immerhin wieder 4133 Spender an 30 Terminen – angepeilt waren seitens des Blutspendedienstes des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), der die Blutspenden in Delmenhorst vornimmt, 4500 Spender.
Zunächst sei die Spendenbereitschaft trotz Corona "herausragend" gewesen, wie Markus Baulke, Hauptabteilungsleiter für Blutspenderwerbung und Öffentlichkeitsarbeit beim Blutspendedienst, berichtet. Doch als nach dem ersten Lockdown die Einschränkungen wegfielen, "standen unsere Spendetermine im 'Wettbewerb' zu den wieder geöffneten Freizeitangeboten. Dabei ist der Besuch der Blutspendetermine in den Hintergrund gefallen", so Baulke. Mit Zunahme der Inzidenzzahlen sei das Spendenaufkommen erneut immer wieder massiv zurückgegangen. Zudem sei der Bedarf der Kliniken an Blutkonserven im Versorgungsgebiet gestiegen. "Im Jahr 2021 lag er deutlich – teilweise bis zu 20 Prozent – über der Zeit vor Corona", führt Baulke aus.
Zur sicheren Versorgung der Kliniken über alle Blutgruppen benötigt der Blutspendedienst einen Lagerbestand von mindestens 10.000 Blutpräparaten. Ende November lag er bei 5400 Präparaten. "Aktuell haben wir die Marke von 10.000 Präparaten überschritten, konnten aber keinen Puffer für eventuelle Auswirkungen der fünften Welle anlegen", berichtet Baulke.
Dabei bemühe man sich schon seit Jahren um blutsparende Operations- und Behandlungswege, wie Frank Starp, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Visceralchirurgie am Delme Klinikum Delmenhorst (DKD), erklärt. Und doch sei eine Verknappung an Blutkonserven deutlich spürbar, ergänzt Henning Hillebrand, leitender Oberarzt der Abteilung für Anästhesie am DKD. "Es ist noch nicht dazu gekommen, dass wir einen Patienten im Notfall nicht behandeln konnten, aber wir müssen morgens schon immer erst einmal ins Lager schauen, wie viele Konserven vorhanden sind, um planen zu können, wie wir damit umgehen", so Hillebrand. "Es gibt einen Unterschied zwischen geplanten Operationen, für die wir gezielt bestellen können, und Notfällen, für die wir Konserven im Depot vorrätig haben müssen", sagt er. Dort sollten acht universell verwendbare Blutkonserven der Blutgruppe 0 negativ vorhanden sein. "Man kann ja nicht jedem Patienten jede Blutgruppe verabreichen."
Wenn das Lager nicht voll genug sei, müsse man sich derzeit schon richtiggehend bemühen und "das Telefon heiß laufen lassen", um entsprechenden Nachschub zu bekommen. Große Puffer könnten im Lager nicht angelegt werden, da die Blutpräparate nur eingeschränkt lagerfähig seien. Blutplättchen halten sich laut Markus Baulke maximal vier Tage, rote Blutkörperchen höchstens 49 Tage.
Es bleibt also der sparsame Umgang mit Blutkonserven. "Generell wollen wir weniger transfundieren, denn jede Bluttransfusion birgt auch ein Risiko und belastet den Patienten", sagt Hillebrand. Deshalb werde schon vor geplanten Operationen geprüft, ob beim Patienten beispielsweise eine Blutarmut vorliegt, um sie mit Eisen behandeln zu können. Während einer Operation sei es möglich, das Blut aus der Wunde direkt aufzubereiten und dem Patienten wieder zuzuführen.
Doch nicht nur bei Operationen werden Blutkonserven benötigt. "Der klassische Unfallpatient, der viel Blut verliert, ist im Krankenhausalltag eher eine Randerscheinung", so Hillebrand. Konserven würden auch bei Blutarmut, Bluterkrankungen oder bei Patienten mit internistischen Problemen wie Magen-Darm-Blutungen, die nicht operiert werden müssen, benötigt. Um all diese Fälle mit Blut versorgen zu können, richtet Henning Hillebrand einen Appell an die Bevölkerung: "Gehen Sie Blut spenden!"