„Trinke Liebchen, trinke schnell! Trinken macht die Augen hell“, singen Rosalind und Alfred im ersten Finale der „Fledermaus“ von Johann Strauss, der übrigens in diesem Jahr seinen 200. Geburtstag feiern könnte. Ob der Champagner, den es in diesem Duett zu trinken gilt, wirklich diese belebende Wirkung hat, mag ärztlicherseits bestritten werden. Dass im Kleinen Haus am Dienstagabend bei der Aufführung der Operette sowohl auf der Bühne als auch im Saal Champagnerlaune herrschte, steht aber außer Zweifel.
Wenngleich der Rausch der Musik, der gerade in der „Fledermaus“ eine große Rolle spielt, sich hier eher als leichter Schwips präsentierte. Es ist ja so, dass es für die große, sinfonische Orchesterbesetzung, die das Musiktheater verlangt, im Kleinen Haus keinen Orchestergraben gibt. Und so musste sich diese „Fledermaus“, mit einem vor der Bühne sitzenden Orchester in Caféhaus-Größe (acht Musikerinnen und Musiker) begnügen. Sie, die Fledermaus, die in der Operette „leibhaftig“ gar keine Rolle spielt, kam übrigens von hinten in den dunklen Saal bis auf die Bühne hereingeflattert, wo sie in den Köpfen der Protagonisten ja immer gegenwärtig ist. Aber das ist eine lange Geschichte. Ihr Auftritt war eine der Inszenierungsideen, mit denen Alexander M. Helmer für spielerische Lebendigkeit auf der Bühne sorgte.
Viel Kraft trotz kleinem Ensemble
Für die ganz große Lebendigkeit sorgt in „Die Fledermaus“ die Musik. Dies 1874 uraufgeführte Werk gilt allein für sich als weltweit unerreichtes Meisterwerk der Wiener Operette. Da war es ganz beeindruckend, wie sehr das kleine Ensemble unter der Leitung von Laszlo Gyüker (am Klavier) zuerst einmal in der Ouvertüre die kompositorische Kunstfertigkeit, die Kraft und Vielfalt der musikalischen Einfälle mit musikantischem Zugriff zum Klingen brachten. Da konnte man die wenigen orchesterüblichen „Fehlgriffe“ glatt überhören. Auch die Balance zwischen Orchester und sängerischem Bühnengeschehen war stets gelungen, wobei die akustischen Bedingungen im Kleinen Haus nicht ideal sind.
Als ideal zu beschreiben sind die musikalisch-sängerischen Verhältnisse auf der Bühne. Laszlo Maleczky, Tenor als Alfred, singt sein Ständchen für seine ehemalige Geliebte Rosalinde mit virilem, italienisch getöntem Glanz, mit dem er Rosalinde abermals betören will. Als er es sich rollenwechselnd im Schlafrock Gabriel von Eisensteins, Rosalindes Mann, gemütlich macht, wird er vom Gefängnisdirektor Frank mit Eisenstein verwechselt und abgeführt. Der hat nämlich eine Gefängnisstrafe abzusitzen, wegen Beamtenbeleidigung.
Wir lernen inzwischen auch Rosalinde (Ella Tyran mit warmherzigem Sopran) und ihre Zofe Adele, (Verena Tranker, Sopran), kennen, die Zofenschrillheit und jugendlich-mondänen Übermut mit Sopranvirtuosität bis in höchste Höhen verbindet. Eisenstein, den Michael Kurz mit zwischen Biederkeit und Zornausbruch angesiedeltem Tenor singt, entgeht zuerst einmal dem Gefängnis, weil er dringend einer Einladung zu einem Fest des jungen Prinzen Orlowsky folgen muss, den Elena Suvorova in einer Sopran-Hosenrolle mit gehöriger Blasiertheit singt. Für seinen silbernen Hosenanzug und alle anderen heute modischen Kostüme war Darko Vladetic zuständig.
Festlicher Ball mit bunten Tanzszenen
Auf Orlowskys Party treffen sich alle in Rollen und Verkleidungen, die ihnen ihre soziale Stellung, ihr vergangenes Leben nötig erscheinen lässt. Adele erscheint in der Garderobe der „gnädigen Frau Rosalinde“, wird als Künstlerin Olga vorgestellt. Der Gefängnisdirektor Frank (John Sweeny, Bariton) wird zum Chevalier Chargin. Michael Zallinger gibt den Advokaten Dr. Blind als virtuosen Stotterer, ein Wortspiel aus Sehbehinderung und Sprachbehinderung. Der festliche Ball schafft schöne Möglichkeiten zu bunten Tanzszenen, denen man manchmal mehr Ungezügeltheit gewünscht hätte.
Es wurde auch tiefsinnig mit Sätzen und Einsichten wie „Ich bin nicht ich“, die eigentlich zum inneren Wesen dieser Operette gehören und inszenatorisch etwas unterbelichtet blieben. Auch mit der Tagespolitik wurde gespielt, mit „März“ und „Merz“ in einer Paradenummer, die Alexander M.Helmer als Gefängniswärter Frosch auf den Leib geschrieben hatte. Am Schluss war „alles gut“. Und das Schlussensemble mit allen taugte gut für die vielen Da Capos zu jubelndem Applaus.