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Geflüchtete in Delmenhorst Was die Unterbringung von Geflüchteten kostet

Die Stadt kann derzeit neue Geflüchtete eine Unterkunft zuweisen. Wie viele Menschen seit 2022 aufgenommen worden sind und vor welchem Problem die Verwaltung steht.
22.01.2025, 18:02 Uhr
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Was die Unterbringung von Geflüchteten kostet
Von Marco Focke

Dass Geflüchtete auch in Delmenhorst in eine Unterkunft kommen, sei für die Stadt eine Pflichtaufgabe, betont Fachdienstleiter Thomas Lauts. In der Sitzung des Ausschusses für Soziales und Gesundheit stellte der Fachdienstleiter für Zuwanderung und Integration die aktuellen Zahlen vor: Im Jahr 2024 hat die Stadt 150 Menschen aufgenommen – mit der Quotenanrechnung, also der Aufnahme von Asylbegehrenden laut Sozialgesetzbuch, sind es 236 Menschen gewesen. 78 von den 150 Geflüchteten kamen aus Syrien, weitere 27 aus afrikanischen Ländern, 13 aus der Türkei sowie zehn aus Kolumbien. Die Mehrzahl seien Lauts zufolge Männer. Seit September 2022 hat die Stadt 2745 Menschen in Delmenhorst aufgenommen.

Lauts merkte an, dass die Zahl der Geflüchteten zurückgegangen war. Die vom Land Niedersachsen festgelegte Aufnahmequote bis zum kommenden März liegt bei 119 Personen. Von Oktober bis zum 31. Dezember vergangenen Jahres hat die Stadt 80 Menschen aufgenommen. Der Fachdienstleiter fügte hinzu: "Zurzeit braucht Delmenhorst keine Geflüchteten bis Ende März aufnehmen." Das zeigt sich auch in der Sammelunterkunft am Reinersweg: Bis zum Ende dieses Jahres stehe sie der Stadt noch zur Verfügung, so Lauts. 250 Menschen finden dort Platz, aber derzeit werden keine weiteren Geflüchtete untergebracht. Die Unterkunft dient aktuell als "Rückfallebene" für die Stadtverwaltung. Man warte daher die künftigen Entwicklungen und das politische Geschehen ab.

Beim hergerichteten Standort, dem Lauts zufolge "alten Teil" des St.-Josef-Krankenhauses an der Westerstraße, können maximal 365 Menschen unterkommen – derzeit leben in den Räumen 220 Menschen. An der Westerstraße werde die Unterbringung sehr erfolgreich praktiziert, sagt der Zuständige für Zuwanderung und Integration. Und das auch unter der Tatsache, dass sich 19 verschiedene Nationalitäten unter den Geflüchteten befinden. Man nehme dabei auf kulturelle Einflüsse Rücksicht.

Die Kommune trägt viel, was von oben kommt und bleibt auf Restkosten sitzen.
Uwe Dähne, Bündnis 90/Die Grünen

Jedoch hat die Stadtverwaltung mit Herausforderungen und Ungewissheiten zu kämpfen. "Wir erleben ständig Dinge, auf die wir uns einstellen müssen", sagte Lauts. So fragte sich die Verwaltung, wie der Winter in der Ukraine verliefe und auch die Lage im Libanon und im Gazastreifen aussähe. So kämpft die Stadt mit unklaren Zuweisungszahlen, die Aufnahmequote sei mit 65 Prozent dennoch gut erfüllt. Nach drei Jahren sei man dank der Zusammenarbeit mit der Arbeiterwohlfahrt und dem Deutschen Roten Kreuz gut aufgestellt.

Wie das Ganze aber finanziert wird, ist ein weiteres Problem. Wenngleich die Kopfpauschale für einen Geflüchteten von 11.800 auf 13.000 Euro – also 1083 Euro pro Monat – steigen soll, reicht das nicht für die Unterkünfte am Reinersweg und an der Westerstraße aus. Lauts zufolge prüft die Verwaltung, ob man die Baukosten und die soziale Betreuung herausrechnen kann. "Es ist ein müßiges Geschäft, das mit dem Land abzurechnen." Auf Nachfrage von Grünen-Ratsherr Uwe Dähne bleibt die Stadt auf Kosten in Höhe von 4,5 Millionen Euro sitzen. Aus dem niedersächsischen Integrationsfonds erhält Delmenhorst seit 2023 kein Geld – das werde auch in 2025 der Fall sein.

Für Dähne sei die Refinanzierung charakteristisch für die Entwicklung in Deutschland. Es sei ein unfairer Prozess, der da ablaufe. "Die Kommune trägt viel, was von oben kommt und bleibt auf Restkosten sitzen." Daraufhin sprach er auch ein Kompliment aus, dass die Verwaltung die Unterbringung der Geflüchteten dennoch bewältigen kann. Der Ratsherr erwähnte auch die Folgen: In den Schulklassen gäbe es verschiedene Nationalitäten, die Schulen wären unterfinanziert und wie Sprachlehrgänge ermöglicht werden könnten, stände ebenfalls zur Diskussion. In Bezug auf den finanziellen Aufwand für die Stadt Delmenhorst mit der Unterbringung von Geflüchteten muss man laut werden, sagt Andrea Lotsios, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD.

Zur Sache

Stand der Migrationsberatung

Auch bei der Beratung für Geflüchtete muss die Stadt finanzielle Umwege gehen. Derzeit sind ungefähr 19 Arbeitsstellen beziehungsweise Fachkräfte für diesen Bereich eingeplant. Allerdings werden davon nur anderthalb Arbeitsstellen ausschließlich vom Bund finanziert. Dies mache Dähne fassungslos. Laut ihm sollte der Bund alle Beratungsstellen tragen. Auf die Diakonie entfallen acht Stellen, knapp sieben auf die Arbeiterwohlfahrt (Awo), eine halbe auf die Caritas sowie knapp eine Stelle auf das Deutsche Rote Kreuz. Weiterhin gibt es eine Stelle für das Integrationslotsenteam und zwei Stellen bei der Volkshochschule (VHS). Letztere trägt der Bund ab dem 1. Juli für anderthalb Jahre. Bei der Awo fallen zwei Arbeitsstellen weg, weil die Verwaltung bei der Fröbelschule den Rotstift angesetzt hat.

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