Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

DWFG kooperiert mit Kompetenzzentrum Digitaler Wandel auch am Bäckertresen

Die Delmenhorster Wirtschaftsförderungsgesellschaft will zusammen mit dem Kompetenzzentrum aus Hannover Unternehmen vor Ort für die Digitalisierung fit machen.
09.09.2018, 18:33 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Björn Struß

Delmenhorst. Die Delmenhorster Wirtschaftsförderungsgesellschaft (DWFG) möchte kleinen und mittelständischen Unternehmen der Stadt dabei helfen, die technischen Möglichkeiten der Digitalisierung besser zu nutzen. Unterstützung dafür kommt aus Hannover, vom Mittelstand-4.0-Kompetenzzentrum, das unter dem Slogan „Mit uns digital – das Zentrum für Niedersachsen und Bremen“ agiert. Die Experten wollen nun vermehrt in Delmenhorst aktiv werden. Los geht es zunächst Ende September mit drei Unternehmen aus den Branchen Handwerk und Informationstechnologie, denen die Fachkräfte einen Ortsbesuch abstatten wollen.

Eines der glücklichen drei Unternehmen ist die Bäckerei Haferkamp, welche allein in Delmenhorst acht Filialen betreibt. "Wir wollen unsere Produktion digitalisieren. Aber das heißt nicht, dass wir kein Handwerk mehr machen", sagt Petra Dittrich, Prokuristin bei Haferkamp. Als Beispiel nennt sie die tägliche Bedarfsplanung der einzelnen Filialen. Hier wolle man in Zukunft ein Programm nutzen, das auch Wetterinformationen, besondere Verkehrssituationen oder Großveranstaltungen berücksichtigt. "An besonders warmen Tagen brauchen wir zum Beispiel keine Sahnetorte", erklärt Dittrich. "Und während des Delmenhorster Kartoffelfestes wird natürlich mehr benötigt." Die Vorhersage des tatsächlichen Bedarfs soll so deutlich besser werden.

Teil der Digitalisierungsstrategie sind ebenfalls intelligente Öfen, die mit Werbedisplays am Tresen kommunizieren können. Mit Anzeigen wie "In 30 Sekunden kommen Körnerbrötchen frisch aus dem Ofen" soll der Kunde dann zum Kauf animiert werden. Auch die Beratung am Tresen soll sich verbessern. "Wir wollen, dass sich unsere Mitarbeiter wieder auf ihre Kernkompetenz konzentrieren: das Verkaufen", sagt Dittrich. Deshalb wolle man sie durch Computerprogramme von Verwaltungsaufgaben entlasten. Eines ist ihr aber besonders wichtig: "Wir wollen keinen einzigen Mitarbeiter entlassen."

Mit einem Blick auf die Gesamtwirtschaft warnen manche Experten vor negativen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Der Digitalverband Bitkom veröffentlichte im November vergangenen Jahres eine Studie, wonach sich in Deutschland jedes vierte Unternehmen mit mindestens 20 Beschäftigten durch die Digitalisierung in seiner Existenz bedroht fühlt. Der digitale Wandel gefährde demnach 3,4 Millionen sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze. Und dabei pflegt Bitkom als Vertreter der Digitalwirtschaft in derartigen Fragen ansonsten einen eher optimistischen Blick. "Durch unsere Projekte wurde noch kein einziger Arbeitsplatz eingespart", stellt Christian Wagener, Projektingenieur des Kompetenzzentrums aber klar.

Auch aus Sicht der Delmenhorster Wirtschaftsförderung hat die Sorge um Arbeitsplätze derzeit nichts mit der Realität zu tun. "Arbeitskräfte fehlen vorne und hinten", betont DWFG-Geschäftsführer Axel Langnau. "Die Unternehmen fragen immer wieder, woher sie Fach- und Führungskräfte kriegen können." Auch wenn die Digitalisierung Kapazitäten freisetze, behielten die Unternehmen ihre Fachkräfte und setzten diese lediglich anders ein.

Der Wirtschaftsförderer sieht in der Zusammenarbeit mit dem Kooperationszentrum auch eine Chance für kleinere Betriebe. "Wir wollen die Unternehmer für dieses Thema sensibilisieren", erklärt Langnau. In der Wirtschaft sei die Meinung weit verbreitet, der digitale Wandel betreffe nur große Betriebe. "Die Digitalisierung ist aber in allen Bereichen ein Thema. Sie begleitet uns schon seit Jahren – oft ohne, dass wir es wissen", sagt er. Seine Botschaft scheint in der Delmenhorster Wirtschaft angekommen zu sein, denn die Beratung durch das Kompetenzzentrum wollen noch mehr Unternehmen in Anspruch nehmen. Doch mit drei Betrieben sei die Kapazitätsgrenze für den ersten Termin zunächst erreicht. Weitere Angebote sollen aber folgen.

Bei den Beratungen vor Ort soll individuell auf die Unternehmen eingegangen werden. "Wir können auch Mitarbeiterschulungen organisieren, zum Beispiel zu den Themen IT-Sicherheit oder rechtlichen Fragen", erklärt Michael Rehe, Geschäftsführer des Zentrums. Ziel sei es, konkrete Projekte umzusetzen, die den Betrieben helfen. Das Angebot richtet sich an alle Unternehmen und ist kostenlos, weil sich das Zentrum aus Bundesmitteln finanziert.

Hartmut Günnemann, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Delmenhorst/ Oldenburg-Land, sieht in der Förderung von zunächst nur wenigen Betrieben kein Problem: "Die Beratung bringt oft neue Erkenntnisse hervor, die dann einen Einfluss auf die gesamte Masse der Unternehmen haben." Die Digitalisierung sei insgesamt im Handwerk angekommen. "Die Bestellungsannahme wird insgesamt durch Computerprogramme erleichtert. Auch auf den Baustellen nutzen die Monteure inzwischen Tablets, um schnell Materialien nachzubestellen", erläutert er.

Die Digitalexperten aus Hannover können inzwischen auf ein großes Repertoire an digitalen Lösungen zurückgreifen. Seit 2016 habe man rund 400 Unternehmen in Bremen und Niedersachsen beraten, erklärt Geschäftsführer Rehe. Die Ergebnisse der Projekte werden zum Teil veröffentlicht und sollen anderen Betrieben dann als gutes Beispiel dienen. "Das sind aber keine Blaupausen, die eins zu eins übernommen werden können", erläutert Rehe. Ziel dieser Praxis ist es, eine Wettbewerbsverzerrung zu vermeiden. "Wir sind unabhängig und wollen nichts verkaufen."

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)