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Fridtjof-Nansen-Straße Delmenhorst Mieter klagen über Müllprobleme

An der Fridtjof-Nansen-Straße klagen Mieter in Delmenhorst darüber, dass der Eigentümer die Wohnblöcke sehenden Auges verwahrlosen lässt. Es sind nicht die ersten Vorwürfe gegenüber der TAG Immobilien AG.
19.11.2021, 18:26 Uhr
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Mieter klagen über Müllprobleme
Von Björn Struß

Roland Wohlert ist sauer. "Immer wieder laden hier irgendwelche Leute ihren Müll ab. Die kommen mit ihren Autos aus anderen Stadtteilen oder Bremen", beschwert sich der 63-Jährige. Er wohnt in Delmenhorst an der Fridtjof-Nansen-Straße in einem der Wohnblöcke zwischen Amundsenstraße und dem Supermarkt "Güven". Wohlert versucht ständig, die Hausverwaltung dazu zu bewegen, etwas gegen die Missstände in der Siedlung zu unternehmen. Seiner Meinung nach lässt die TAG Immobilien AG die Wohnblöcke sehenden Auges verwahrlosen. Das im MDAX gelistete Unternehmen besitzt nach eigenen Angaben 88.000 Wohneinheiten, insbesondere im Norden und Osten von Deutschland.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Mieter dieses Quartiers den Eigentümer anprangern. Im März 2020 fielen für über eine Woche in einem Teilbereich Heizung und Warmwasser aus, die Bewohner nutzten zum Teil ihre Herdplatten, um etwas Wärme zu erzeugen. "Nach den Medienberichten wurde das Problem behoben", berichtet Wohlert. Doch der Eigentümer hätte das neue Heizsystem mit einer Art Leasing-Vertrag finanziert und dann die Anschaffungskosten per Nebenkostenabrechnung auf die Mieter umgelegt. Für Wohlert stieg die Warm-Miete so um rund 100 Euro, jetzt zahlt er für seine Zweizimmerwohnung mit 40 Quadratmetern über 600 Euro. "Das ist doch Wucher", meint er.

TAG Immobilien bestreitet auf Anfrage diese Umlage der Anschaffungskosten nicht. "2020 wurden alle Unterstationen und die Kesselanlage des Heizhauses komplett erneuert. Die Anlage wurde bereits in der Vergangenheit und wird auch zukünftig durch einen Contractor betrieben", erklärt Pressesprecherin Grit Zobel. "Contractor" ist der englische Begriff für einen Auftragnehmer. Die Beheizung hat TAG also inklusive der Kostenabrechnung an ein Drittunternehmen abgegeben.

Auch im Kampf gegen die Müllprobleme setzt die Aktiengesellschaft auf externe Unternehmen. "Notwendige Entsorgungen werden durch unseren Dienstleister umgesetzt", erklärt Zobel. Und tatsächlich: Je nachdem, wann man das Wohnquartier aufsucht, ist das Bild nach außen durchaus in Ordnung. Der Rasen ist gemäht, das Laub gefegt. Insbesondere am Wochenende kommt es aber zu illegalen Müllablagerungen. Dem beauftragten Dienstleiter gelingt es offenbar, das Gröbste immer wieder zu beseitigen. Nur in den schlecht einsehbaren Ecken liegen sie dann doch: undefinierbare Plastikmöbel, Autoreifen, Pizzakästen, Essenreste, Plastikmüll. "Besonders schlimm ist es im Sommer, das stinkt zum Himmel und zieht Ratten an", berichtet Wohlert.

Nach Angaben des Eigentümers kommt es zu den Müllablagerungen meist in der Nacht. Deshalb sei ein privater Sicherheitsdienst damit beauftragt worden, auf derartige Vorkommnisse zu achten. "Bisher war es nicht möglich, belastbare Beweise zu finden, mit der eine juristische Verfolgung eines Täters möglich wäre", erklärt TAG-Sprecherin Zobel.

Bei der Stadtverwaltung, deren Ordnungsamt und Umweltdienst für derartige Probleme zuständig ist, ist die Fridtjof-Nansen-Straße nicht als besonders auffälliger Ort für illegale Müllablagerungen bekannt. "Bei derartigen Problemlagen handelt es sich generell um das Fehlverhalten einiger weniger Verursacher", erklärt der Fachdienst Umwelt. Diese seien bedauerlicherweise fast nie ausfindig zu machen, geschweige denn zu bestrafen. Dafür brauche es immer einen gerichtsfesten Nachweis, wie etwa eine Zeugenaussage. "Es wird jedoch allen Hinweise entschieden nachgegangen", versichert der Fachdienst Umwelt. Für diese Arbeit gibt es seit einigen Wochen auch eine personelle Verstärkung. Im September nahm ein zusätzlicher Mitarbeiter im Außendienst seine Arbeit auf. Hintergrund ist ein entsprechender Ratsbeschluss, die FDP hatte sich erfolgreich für eine "Müll-Streife" eingesetzt.

Auffällig ist in dem Quartier, dass sehr viele Wohnungen leer stehen. Oft ist ein Drittel der Klingelschilder ohne Namen, manchmal sogar jedes Zweite. Dabei sind auch in Delmenhorst die Mieten zuletzt gestiegen, das Angebot an Wohnraum kann die Nachfrage also offenbar nicht befriedigen. Wie kann es da sein, dass so viele Wohnungen keinen Mieter finden? TAG-Sprecherin Zobel erklärt dazu: "Aktuell bündeln wir freie Wohnungen, um diese in größerer Stückzahl an den Dienstleister zur Herrichtung zu übergeben und anschließend zu vermieten."

Eine, die von der Fridtjof-Nansen-Straße Reißaus genommen hat, ist Heike Fischer. Sie ist kürzlich umgezogen und wartet noch auf ihre Kaution. Weil sie Angst hat, diese nicht ausgezahlt zu bekommen, hat der DELMENHORSTER KURIER ihren Namen geändert. "Ich bin heilfroh, dass ich da weg bin. Nie wieder mit dieser Hausverwaltung", sagt Fischer. Es habe immer wieder abenteuerlich begründete Mieterhöhungen gegeben. Auffällig: Bei direkten Nachbarn fielen diese zum Teil sehr unterschiedlich aus. Laut Fischer seien etwa Mitglieder im Mieterschutzbund oft verschont worden. "So etwas wissen die", ist sie sich sicher. Sie kennt Wohlert, die Müllprobleme beurteilt sie ebenfalls als großen Missstand.

Wohlert will bleiben, auch wenn es vom Hausmeister und anderen Handwerkern heißt, die Böden seien mit giftigem Klebstoff verlegt worden. In derartigen Gerüchten sieht er den Versuch, noch mehr Mieter "wegzuekeln". Für das System, Mieter gezielt loswerden zu wollen, gibt es ein Wort: "Entmietung". Sind die Bewohner erst einmal weg, lassen sich Immobilen besser aufwerten, entwickeln oder verkaufen. TAG weist diesen Vorwurf zurück: "Nein, die Vermietungen finden wie gewohnt statt, und die hergerichteten Wohnungen gehen im Anschluss wieder in die Vermietung."

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