Über dem Delmenhorster Josef-Hospital (JHD) ist am Freitag ein Schutzschirm aufgespannt worden. Geschäftsführer Ralf Delker hat beim Amtsgericht Delmenhorst den entsprechenden Antrag gestellt, eine Insolvenz in Eigenverwaltung anzuschieben. Das Gericht hat laut einer Mitteilung des JHD bereits signalisiert, dass dieses Verfahren nach Paragraf 270b der Insolvenz-Ordnung angewendet werden kann. Delker, die mit der Geschäftsbesorgung in Delmenhorst betraute Beraterfirma Economedic und einige weitere Experten haben nun drei Monate Zeit, ein Sanierungskonzept für das Haus zu entwickeln.
Am Nachmittag wurden die Mitarbeiter über das weitere Vorgehen informiert. Dafür wurden eigens das benachbarte Kulturtheater Divarena angemietet, weit über 100 der rund 1000 Mitarbeiter kamen zu dem Termin, auch der Delmenhorster Oberbürgermeister Axel Jahnz war anwesend – die Stadt hält noch zehn Prozent des Krankenhauses –, richtete aber nicht das Wort an die Belegschaft. Delker versicherte laut Pressesprecher Christoph Schmale, dass es das Ziel sei, das JHD zu erhalten.
Luft und Zeit verschaffen
„Wir werden jetzt ein belastbares Sanierungskonzept erarbeiten, das unser Haus zukunftsfähig macht. Mit dem Schutzschirmverfahren verschaffen wir uns Luft und Zeit. Diese müssen wir gemeinsam nutzen, um nach den drei Monaten einen Weg aus dieser Lage aufzeigen zu können. Mitarbeiter, Träger, das Land Niedersachsen und die Geschäftsführung arbeiten konstruktiv zusammen“, wird Delker zitiert. Der Betrieb gehe weiter, Patienten könnten sich auf eine „gute gesundheitliche Versorgung“ verlassen.
Zentrales Ziel des Konzeptes soll es sein, die Zahl der Mitarbeiter stark zu reduzieren. Das hatte Delker bereits mehrmals, unter anderem in einer Ratssitzung, betont. Dieser Schritt sei im ersten Moment zwar schmerzhaft, „aber dort, wo Krankenhäuser gut laufen, hat man nach der Sanierung mehr Mitarbeiter als vorher“, betonte er vor der Delmenhorster Politik. Bislang wurden öffentlich noch keine Zahlen genannt, wie viele Entlassungen es geben wird, auch bei der Mitarbeiterversammlung wurden dazu keine eindeutigen Aussagen getroffen. Derzeit beschäftigt das Krankenhaus rund 1000 Mitarbeiter auf 690 Stellen.
Das Kernproblem scheint nach Informationen des WESER-KURIER zu sein, dass die Zahl der Fachkräfte zu hoch ist. Demnach würden examinierte Pflegekräfte noch Arbeiten wie die Essensverteilung übernehmen. Aufgaben, für die in anderen Krankenhäusern deutlich günstigere Servicekräfte eingesetzt werden. Es wurde in den vergangenen Jahren von mehreren Geschäftsführungen offensichtlich versäumt, dieses Problem anzugehen. Parallel dazu sind laut Delker in den vergangenen vier Jahren die Erlöse um gut 20 Prozent eingebrochen.
Das liegt vor allem daran, dass das Krankenhaus immer wieder schwere Rückgänge bei den Belegungszahlen verzeichnete, unter anderem immer dann, wenn Neuigkeiten über den Patientenmörder Niels Högel in die Öffentlichkeit drangen. Aber auch die Fusion von städtischem und katholischem Krankenhaus sowie die emotional geführte Debatte um den zukünftigen Standort in der Innenstadt, an dem für 83 Millionen Euro neu gebaut werden soll, sind laut Ex-Geschäftsführer Thomas Breidenbach deutlich spürbar gewesen.
Die Gehälter der Mitarbeiter werden in den kommenden drei Monaten von der Agentur für Arbeit gezahlt. Dadurch verschafft sich das Haus Luft, weil der größte Kostenfaktor wegfällt. Zudem werden noch offene Forderungen von Gläubigern der beiden Gesellschaften JHD Deichhorst (früher städtisches Klinikum) und JHD Mitte (ehemaliges katholisches Josef-Stift) ausgesetzt. Nach dem Schutzschirmverfahren folgt die drei bis sechs Monate dauernde Sanierung.