Landkreis Oldenburg. Des einen Freud ist des anderen Leid. Während sich Sonnenanbeter und Wasserratten über das seit Wochen anhaltende Sommerwetter freuen, haben Bauern nur den einen Wunsch: Regen. "50 oder 60 Liter würden ausreichen. Allerdings sollte dieser nicht in einer halben Stunde fallen, sondern über zwei bis drei Tage", sagt Jürgen Seeger, erster Vorsitzender beim Kreislandvolkverband Oldenburg. Die Gerstenernte würde dieser Regen zwar nicht mehr retten, aber vielleicht die sich anschließenden Ernten.
Fast zwei Wochen früher als sonst haben die Mähdrescher in Niedersachsen ihre Arbeit aufgenommen und mit der Ernte der Wintergerste begonnen. Wie die Landwirtschaftskammer Niedersachsen mitteilte, haben Hitze und Trockenheit der zurückliegenden Wochen die Bestände schnell abreifen lassen. "Unter dem Einfluss der trocken-heißen Monate April und Mai werden die Gerstenerträge weit unter dem Durchschnitt liegen", heißt es aus der Landwirtschaftskammer. Besonders betroffen davon seien Getreidebestände auf sandigen Standorten, die kaum Wasser speichern können. Mancherorts wurde die Entwicklung der Pflanzen so sehr beeinträchtigt, dass ein Mähdrusch gar nicht mehr lohnt. Diese Flächen werden und wurden zum Teil bereits gehäckselt und als Viehfutter oder in Biogasanlagen verwertet.
Der Boden macht's
Dieses Bild findet sich auch im Landkreis Oldenburg. "Sehr früh, sehr gering und keine gute Qualität", bringt Seeger die diesjährige Gerstenernte kurz und knapp auf den Punkt. In Großenkneten würden beispielsweise im Durchschnitt normalerweise fünf bis sieben Tonnen Gerste geerntet. In diesem Jahr sind es zwischen zwei und sechs Tonnen, berichtet Seeger. Die geerntete Menge hänge dabei stark von der Wasserspeicherfähigkeit des jeweiligen Bodens ab. Etwas weniger dramatisch sei die Situation auf den Böden mit höheren Anteilen an Lehm, Ton und Humus, die das Wasser besser einlagern können. So ist es in Hatten, Wildeshausen und Großenkneten laut Seeger sehr trocken. In Richtung Hude, Wüsting und Berne gebe es hingegen recht feuchte Ecken. Und Wardenburg profitiere von seinem Moor und habe daher nicht so große Pobleme. Aber auch in den Regionen mit feuchteren Böden rechnet die Landwirtschaftskammer mit einer unterdurchschnittlichen Gerstenernte in diesem Jahr.
Dass die Kammer damit wohl recht behalten wird, bestätigt Jürgen Seeger. Im Normalfall müsse Gerste über 60 Hektoliter Gewicht haben. "Wir sind jetzt gerade bei um die 40", erklärt der Vorsitzende des Oldenburger Kreislandvolkverbands. Das Korn sei nicht richtig ausgebildet. "Nur die Hülle ist da", fügt Seeger hinzu. Seine Hoffnung: "Wenn jetzt Regen kommt, kommt vielleicht wieder Grün hoch."
Ein Blick in die Wetterprognosen lässt diese Hoffnung jedoch eher als Wunschtraum erscheinen. Daran ändern kann Seeger nichts. Zwar könnte er seine Pflanzen mittels Beregnungstechnik bewässern, doch dies ist für ihn keine echte Lösung des Problems. Der Haken liege auf der Kostenseite. "Einige bewässern ihre Felder, doch das kostet. Ob der Mehrertrag diese Kosten ausgleicht, ist die Frage", merkt Seeger an. Und genau daran hat er Zweifel, wenn er auf den Preis für Gerste blickt, der bei 15 bis 16 Euro pro 100 Kilo liegt. Auch die Landwirtschaftskammer Niedersachsens weiß um das zweischneidige Schwert der Beregnungstechnik. "Betriebe, die ihre Flächen beregnen konnten, werden gute Ernten einfahren. Dabei hängt der Ertrag von der Beregnungsintensität ab, da die Anlagen, die auf den meisten Betrieben nur begrenzt zur Verfügung stehen, vorwiegend in Kartoffeln, Zuckerrüben und Braugerste eingesetzt werden", erläutert die Kammer. Nicht zu verkennen sei auch, dass die Beregnungsbetriebe die Ertragserhaltung der Feldfrüchte mit jeder zusätzlichen Beregnungsgabe teuer erkaufen müssen.
Der erste Mais steht spitz da
Mit dem Start der Gerstenernte beginnt normalerweise der Abschluss der Vegetationsperiode bei den Mähdruschfrüchten. Aus Sicht der Pflanzenbaufachleute der Landwirtschaftskammer bleibt zu hoffen, dass die befürchteten Ertragseinbußen sich bei den anderen Getreidearten nicht noch weiter verschlimmern. Bereits mit sorgenvollem Blick schaut Jürgen Seeger nicht nur auf die Getreideernte, sondern auch auf die im September anstehende Kartoffel- und insbesondere Maisernte, die im Landkreis Oldenburg verbreitet ist. Der erste Mais stehe schon spitz da. Hier haben laut Seeger die Landwirte bereits leichte Einbußen. "Noch sieht es gut aus. Aber wenn nicht bald Wasser kommt, geht auch das kaputt", erklärt er. Schlecht bestellt sei es auch mit den Grünflächen. Der erste Schnitt im Mai sei noch normal gewesen. "Der zweite Schnitt brachte nur noch die Hälfte. Und jetzt wächst nichts. Aber wir brauchen das als Winterfutter für die Milchkühe", fügt Jürgen Seeger hinzu. Und obwohl die Erntesaison erst gestartet ist, sorgt sich der Vorsitzende des Oldenburger Kreislandvolkverbands jetzt schon um die wirtschaftliche Lage der Landwirte im Landkreis Oldenburg. Die Hitze und Trockenheit belasten die Betriebe finanziell.