Das Projekt Neubau eines Trinkwasserwerks wird schon wieder teurer und es gebe einen Zeitverzug: Dieter Meyer, Geschäftsfeldleiter Technik bei den Stadtwerken Delmenhorst, erläuterte Dienstag den aktuellen Planungsstand zur Wiederaufnahme der Trinkwasserförderung im zuständigen Fachausschuss.
Aktuell ging es um den bevorstehenden Bau einer Pilotanlage fürs Wasserwerk. Eine solche in einem Container aufgebaute Konstruktion soll dem eigentlichen Bau vorgelagert werden. Ein solches Wasserwerk im Kleinformat sei notwendig, um Erkenntnisse zu gewinnen und spätere Irrtümer auszuschließen. Es ginge um die Auswahl der richtigen Filtergrößen, die erforderlichen Dimensionen für Anlagenteile und den Umgang mit dem geförderten, aufzubereitenden Rohwasser.
Schwierige Suche nach Firmen
Meyer berichtete, wie schwer es gewesen sei, ein Institut oder eine ausführende Firma für diese Pilotanlage zu gewinnen, "ein Wasserwerk wird nie 'von der Stange' gebaut". Da nicht der eine alleinige Anbieter für die ausgeschriebene Leistung gefunden wurde, soll die Pilotanlage von einem Konsortium errichtet werden. Daran seien unter anderem die Technische Universität Hamburg, das Institut Dr. Nowak-Laboranalytik, die Hydro-Elektrik aus Ravensburg und die Firma NXfiltration aus Hengelo beteiligt. In den Anlagenbetrieb und die Laboranalytik werde auch das Wasserwerkspersonal der Stadtwerke Delmenhorst eingebunden, dort hat Meyer als ausgewiesenen Experten den Mitarbeiter Kristofer Root verpflichten können.
Mit dem Auftrag für die Pilotanlage würden sicherlich weitere Mehrkosten entstehen, Meyer nannte bis zu 150.000 Euro. Der Baubeginn für den Versuchsaufbau könnte Anfang des Jahres 2026 liegen, die Beprobung dauere danach rund zwölf Monate, "ohne Pilotierung ist eine Fehlplanung garantiert", so Meyer. Das Standardvorgehen für die Projektierung verfahrenstechnischer Anlagen wie des Wasserwerks umfasse Laborversuche, die Pilotanlage und erst danach den Bau der Großtechnik.
Dass für die Wiederaufnahme der Trinkwasserförderung in der Graft schon mit Kosten in Höhe von bis zu 40 Millionen Euro gerechnet werde, habe er erstens bereits in einer Sitzung im März dargestellt und sei zweitens dem Umstand geschuldet, dass den Stadtwerken durch den Rat verwehrt werde, alternative Möglichkeiten und Standorte zu prüfen. Meyer beschrieb nochmals den Standort der geplanten Trinkwasserförderung als ungünstig. Als das ursprüngliche Wasserwerk an der Graft im Jahr 1908 eröffnet wurde, habe Delmenhorst 8000 Einwohner gezählt.
Trinkwasserschutzgebiet liegt zu 50 Prozent über Siedlungsfläche
Nicolaus Behrmann vom Naturschutzbund hatte als beratendes Ausschussmitglied zuvor darauf hingewiesen, dass die aus dem geförderten Grundwasser herauszufilternden Verunreinigungen auch deswegen so erheblich seien, weil das künftige Trinkwasserschutzgebiet zu 50 Prozent von Siedlungsfläche umgeben sei. Es würden darauf Straßen verlaufen, Wohn-, Gewerbe- und Industriegebiete bestehen. Behrmann kritisierte nochmals den Standort, eine Wasserförderung wäre wohl im Bereich Schlutter besser angesiedelt, er forderte die Veränderung des gültigen Ratsbeschlusses aus dem Jahr 2013. Es müsse die Suche nach einer kostengünstigeren Alternative möglich gemacht werden.
Wasserpreis: Kalkulation wird nicht offen gelegt
Meyer verweigerte vor dem Ausschuss Auskünfte zur Kalkulation der künftigen Wasserpreise, dies würde im Kreise von Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung beraten. Meyer berichtete dem Ausschuss, dass der bisherige Zeitplan fürs Wasserwerk wohl nicht einhaltbar sei. Bis 2029 besteht noch ein Liefervertrag mit dem Oldenburgisch-ostfriesischen Wasserverband (OOWV), die Verzögerungen würden aber wohl die Fertigstellung des neuen Wasserwerks bis mindestens 2030 verzögern.
Man sei mit dem OOWV in Gesprächen über eine Verlängerung der Wasserbelieferung, aber noch nicht in konkreten Verhandlungen. Zur Kostensteigerung blickte Meyer ins Jahr 2023 zurück, seinerzeit habe man fürs Wasserwerk noch mit 23 Millionen Euro Baukosten plus drei Millionen Euro Planungskosten gerechnet. Bei der Frage, wo man heute in der Finanzplanung stehe, sagte Meyer: "Es wird teurer." CDU-Ratsfrau Christina Naujoks kritisierte, dass in allen Debatten ums Wasserwerk immer nur das Negative gesehen werde, man trüge eine "Schwarzbrille".
Der FDP-Kreisverband forderte bereits vor der Sitzung, den Neubau eines Wasserwerkes auf den Graftwiesen aktuell streng auf Wirtschaftlichkeit und Umweltlegalität hin zu prüfen. Die FDP fordert eine zügige Bestätigung oder auch Rücknahme des Neubaubeschlusses durch den Rat. "Es haben sich mittlerweile die Voraussetzungen für das staatliche Genehmigungsverfahren sowie die Kostenstrukturen für den Bau und Betrieb eines neuen Wasserwerkes sowie die Qualitätsanforderungen an das Trinkwasser so gewaltig verändert, dass jeglicher weitere Planungseuro nur den augenblicklichen Trinkwasserzahler belastet und das Gesamtwerk noch unwirtschaftlicher erscheinen lässt", so FDP-Chef Claus Hübscher.