Migration hat auf der politischen Bühne wie kein anderes Thema Konjunktur. Wobei man den Eindruck gewinnen kann, alle Probleme seien vom Tisch, würde nur der „Zustrom“ begrenzt werden. Das ist nicht nur eine Illusion, sondern führt bei Millionen von Menschen mit einer Zuwanderungsgeschichte zu spürbarer Furcht – in Flüchtlingsheimen ebenso wie in Führungsetagen.
Sehen wir es nüchtern: Die Aufgabe einer guten Integration wird unser Land auch in Zukunft beschäftigen. Sie betrifft ja nicht zuletzt all jene, die schon hier sind und ihren Integrationsprozess noch nicht erfolgreich abgeschlossen haben. Ein Patentrezept gibt es nicht, wohl aber einige Zutaten, ohne die gar nichts läuft. Zugewanderte müssen so früh wie möglich Klarheit über ihre Bleibeperspektive haben, das gesetzliche Regelwerk unseres Zusammenlebens kennen und – selbstverständlich – auch befolgen. Und dann: passgenaue Integrationskurse, gute Beratungsstrukturen, zielgerichtete Sprachförderung an Schulen, eine zügige Anerkennung von Berufsqualifikationen, Zugänge zu Jobs und vieles mehr.

Deniz Kurku ist SPD-Landtagsabgeordneter aus Delmenhorst und der niedersächsische Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe.
Dabei leisten wir uns enorme Defizite, die wir uns gar nicht leisten dürften. Angesichts bürokratischer Irrwege sind wir von einem zügigen und klar strukturierten Integrationsprozess noch ein gutes Stück entfernt. Und die Tatsache, dass ein beachtlicher Teil von Menschen mit Einwanderungsgeschichte aus Angst vor Rechtsextremismus und Ausgrenzung ernsthaft darüber nachdenkt, Deutschland zu verlassen, stellt dem Miteinander kein gutes Zeugnis aus. Ich erwarte in der Debatte übrigens auch, dass mal ein Blick auf die Verdienste der vielen Menschen in unserem nahen Umfeld geworfen wird, deren Eltern oder die selbst nach Niedersachsen gekommen sind.
Wir müssen besser werden, viel besser. Probleme mit der Zuwanderung gilt es klar zu benennen und zu lösen – unaufgeregt, pragmatisch, menschenwürdig. Dabei können und müssen wir uns gerade in Niedersachsen der guten Strukturen bewusst sein, der professionellen und aufopferungsvollen Arbeit so vieler haupt- wie ehrenamtlich tätiger Menschen. Auch der Potenziale und Notwendigkeit von Zuwanderung. Ohne sie kommt unser Land schon lange nicht mehr aus. In vielen niedersächsischen Betrieben weiß man das allzu genau.
Eine Erkenntnis, die unter die Räder der derzeitigen Migrationsdebatte gekommen ist, bleibt richtig: Deutschland ist ein Einwanderungsland – und muss es auch in Zukunft bleiben. Wir alle sollten – auch in ganz eigenem Interesse – weiter daran arbeiten, dem auch gerecht zu werden.

Deniz Kurku für Gastkommentar