- Wie steht es insgesamt um den Radverkehr?
- Wo hakt es besonders?
- Was wünscht sich der ADFC?
- Was sagt die Verwaltung?
- Und was macht die Ratspolitik?
Fahrradfahren ist auch in Delmenhorst in Mode. Doch nur 15 Prozent der Delmenhorster benutzen ihr Rad regelmäßig, hatte im Frühjahr die Delmenhorster Ortsgruppe des Allgemeinden Deutschen Fahrradclubs (ADFC) im Rahmen des bundesweiten Fahrrad-Klima-Tests herausgefunden. Das müsse mehr werden, finden die beiden Vertreter des Clubs, Burkhard Kühnel-Delventhal und Gerd Gramberg. Um für ihr Anliegen zu werben, hatten sie an diesem Donnerstagnachmittag zu einer "politischen Radtour" geladen und den Teilnehmern gezeigt und erklärt, wie es um den Radverkehr in Delmenhorst bestellt ist.
Wie steht es insgesamt um den Radverkehr?
Folgt man den Ausführungen von Gramberg und Kühnel-Delventhal, dann sieht es schlecht aus: "Im Fahrradklimatest schneidet Delmenhorst mittlerweile von Jahr zu Jahr schlechter ab", sagt Gramberg. Das könne zwar auch daran liegen, dass die Teilnehmer der jährlichen Umfrage keine Verbesserungen erkennen können und deshalb schlechter als im Vorjahr bewerten, doch müsse dringend gehandelt werden: "Wir müssen runter vom vorletzten Platz in Niedersachsen", sagte Gramberg. Doch den beiden Velo-Aktivisten ist klar, dass nicht das gesamte Radwegenetz in Delmenhorst auf einen Schlag verbessert werden könne: "Wir sehen gerade auf der Syker Straße, dass für den Radverkehr auch gutes getan werden kann", sagte Kühnel-Delventhal. Die Straße wird seit knapp drei Jahren komplett saniert, dabei werden auch die Radwege komplett neu angelegt.
Wo hakt es besonders?
"Wir können nur einen kleinen Ausschnitt zeigen", sagte Gramberg vor Beginn der anderhalbstündigen Rundfahrt um den Stadtkern herum. Doch auch zwischen Mühlen- und Bismarckstraße einerseits und Friedrich-Ebert-Allee andererseits werden genügend Schwachstellen im Radwegenetz offenbar. Und das schon gleich zu Beginn der Fahrt am Rathaus: "Autofahrer können die Radfahrerampel am Wasserturm nur sehr schwer erkennen, außerdem ist der Wartebereich für Radfahrer zu klein bemessen", sagte Gramberg und empfahl, den Kreuzungsbereich zum Hans-Böckler-Platz hin neu zu gestalten und Radfahrern und Fußgängern mehr Raum zu geben. Zu enge Wege und zu schmale Wartebereiche vor den Ampeln ziehen sich dabei bis zur Polizei. Dass Radfahrer dort an vielen Rotlichtern halten müssen, sei der Tatsache geschuldet, dass Taxen geradeaus von der Rudolf-Königer-Straße in die Straße Am Stadtgraben fahren und vom Hans-Böckler-Platz in Richtung Mühlenstraße rechts abbiegen dürften: "Das passiert aber so selten, dass man Radfahrern auch Vorrang geben könnte", meinte Gramberg.
Besonders schlimm sei der Kreuzungsbereich Rudolf-Königer-Straße/Oldenburger Straße. Weil dort die Überwegung nur auf einer Seite der Kreuzung möglich ist, würden viele Radfahrer die Radwege verbotenerweise auch in Gegenrichtung nutzen, was mitunter zu gefährlichen Situationen führe. Und die seit vielen Monaten mit Zäunen errichtete Absperrung bei der Auffahrt zur Freiwilligen Feuerwehr ist beiden Radaktivisten seit langer Zeit ein Dorn im Auge. Ein Kommentar durch die Mitarbeiter der Stadtverwaltung blieb allerdings aus.
Was wünscht sich der ADFC?
Sowohl Gramberg als auch Kühnel-Delventhal gehörten selbst einmal der Delmenhorster Stadtverwaltung an. Wohl auch deshalb sind ihnen die Sachzwänge, in denen sich alltägliches Verwaltungshandeln mitunter bewegt, bekannt und entsprechend moderat auch ihr Wunsch: "Nehmt den Radverkehr endlich ernst, sonst wird das nichts mit der Verkehrswende, der ihr euch als Klimamusterstadt verpflichtet habt", sagte Gramberg. In einer Sache wurden die beiden aber sehr deutlich: "Der Radverkehr muss immer gedacht werden – vor allem gemeinsam mit dem Busverkehr und nicht gegen ihn", sagte Kühnel-Delventhal. Denn der ADFC wünscht sich für den geplanten Radschnellweg zwischen Bremen und Ganderkesee eine möglichst gerade und direkte Verkehrsführung, die in ihren Augen zwingend über die dann verkehrsberuhigte Nordwollestraße führen müsse. Doch in der Sache streite man gegenwärtig mit der Delbus, die eine Verkehrsberuhigung der Straße mit der Begründung ablehne, das würde den Taktfahrplan zerstören.
Was sagt die Verwaltung?
Straßenbau ist in der Planung und Umsetzung sehr aufwendig und vor allem teuer. Grundsätzlich wirkten die beiden ADFC-Vertreter und die Stadtverwaltung in vielen Punkten einer Meinung. Die Förderung des Radverkehrs genieße in der Verwaltung große Priorität, meinte Stadtbaurätin Bianca Urban. Doch einerseits müssten die Ansprüche aller Verkehrsteilnehmer in Einklang gebracht und andererseits müsse wegen der Bebauung am Straßenrand der vorhandene Straßenraum so hingenommen werden, wie er ist, könne also nicht einfach so verbreitert werden. Es könnten häufig nur kleine Verbesserungen vorgenommen werden, die man bei Sanierungsprojekten allerdings auch umsetze, so Urban.
Und was macht die Ratspolitik?
Gramberg bedauerte, dass auf die Einladung des ADFC fast keine Resonanz aus der Ratspolitik entstanden sei. Außer dem ehrenamtlichen Bürgermeister Enno Konukiewitz (SPD) war kein anderes Ratsmitglied zugegen. "Zwei haben sich abgemeldet", sagte Gramberg, ohne Namen zu nennen. "Bei unserer letzten Radtour war aus jeder Fraktion mindestens ein Vertreter dabei", sagte Gramberg. Trotz allem wolle man an der Idee der "politischen Radtour" festhalten und künftig sogar häufiger und thematisch enger gezogen aufs Fahrrad steigen.