Seit in der vergangenen Woche Prognosen zur Entwicklung der Schülerzahlen in Delmenhorst und den daraus resultierenden Folgen bekanntgeworden sind, ist die städtische Schullandschaft in Aufruhr. In einem Pressegespräch machten am Dienstagvormittag Mitglieder der Schulleitung des Max-Planck-Gymnasiums ihrem Unmut darüber Luft, dass die Schule in drei Jahren 60 Prozent mehr Schüler haben könnte als heute: "Ein Ding der Unmöglichkeit", sagt Marco Castiglione, der am Maxe die Stundenpläne und Raum- und Personalressourcen koordiniert. "Wir stehen an einer historischen Weggabelung", sagt Castiglione weiter und meint damit nicht bloß seine Schule, sondern die Schullandschaft generell. Denn die Stadtverwaltung hatte ein Gutachten in Auftrag gegeben, aus dem deutlich wird, dass die Schülerzahlen in Delmenhorst massiv ansteigen. Und weil die Gymnasien ohnehin schon in den vergangenen Jahren sehr stark frequentiert waren, vermutet man nun ein entsprechend hohes Wachstum.
So wird derzeit davon ausgegangen, dass am Maxe zum Schuljahr 2026/27 so viele Kinder in den fünften Jahrgang eingeschult werden könnten, dass dafür acht Klassen geschaffen werden müsste. Die sogenannte Achtzügigkeit hätte einen gewaltigen Bedarf an Räumen zur Folge. Zum Vergleich: Derzeit ist das Maxe auf fünf Klassen je Jahrgang ausgelegt und schon damit am Rand ihrer Kapazitäten, sagt Sibylle Wriedt, die den Nebenstandort zwischen Berliner Straße und Schollendamm verantwortet. Sie verweist beispielhaft auf die durchschnittliche Größe der Klassenzimmer, die dort 50 Quadratmeter betrage und damit schon zu klein sei: "Nach Landesrecht muss ein Klassenraum eigentlich 70 Quadratmeter groß sein", sagt Wriedt. Diese Mindestgröße hänge damit zusammen, dass nach Landesrecht eine Gymnasialklasse aus bis zu 30 Schülern und in Ausnahmen sogar noch mehr bestehen darf. Und schon 25 Schüler haben es im 50 Quadratmeter großen Beispiel-Schulzimmer recht eng.
Und dabei wäre zunächst nur der eine von zwei Aspekten guter Schulbildung beachtet worden: "Es geht nicht bloß um die Aufbewahrung von Schülern, sondern eben auch um Pädagogik und Didaktik", sagt die stellvertretende Schulleiterin Erika Labinsky. Die Didaktik leide zum einen unter beengten Raumbedingungen, andererseits nimmt die Betreuungsleistung der Lehrer gegenüber ihren Schülern ab, je mehr Schüler betreut werden müssen. Zudem käme hinzu, dass bei dem errechneten Raumbedarf nur auf allgemeine Unterrichtsräume fokussiert werde, Fachräume für die Kunsterziehung oder den Unterricht der naturwissenschaftlichen Fächer Biologie, Chemie und Physik seien aber nicht Bestandteil der Planung und würden entsprechend zu kurz kommen. "Und wenn wir so stark wachsen, frage ich mich auch, wie wir in Zukunft noch Sportunterricht anbieten sollen, es werde wohl darauf hinauslaufen, dass es nicht mehr für jede Klasse regelmäßigen Sportunterricht gibt", vermutet Labinsky.
Nun wünschen sich die drei einen "angemessenen Lastenausgleich", wollen also, dass auch das andere Gymnasium, das an der Willmsstraße, weitere Schüler aufnimmt. Das Willms hatte zum Schuljahr 2019/20 einen Außenstandort in den Räumen der ehemaligen Realschule an der Königsberger Straße übernommen und war damals schon deutlich größer geworden.