Mehr als zwei Jahre ist es inzwischen her, dass russische Truppen den Krieg gegen die Ukraine begonnen hatten – Millionen Menschen flüchteten nach Deutschland, ein Teil von ihnen suchte eine sichere Bleibe in Delmenhorst. Neben vielen anderen Herausforderungen, die Betroffene meistern müssen, gilt es auch, den eigenen Lebensunterhalt in der neuen Situation zu decken. Gemeinsam mit dem Delmenhorster Jobcenter hat die Firma Inkoop nun eine Integrationsaktion gestartet, die auf eine echte Win-win-Situation hinauslaufen könnte: Geflüchtete, die ins Berufsleben einsteigen möchten, erhalten in einem der Inkoop-Verbrauchermärkte in Delmenhorst die Chance dazu. Dabei erweitern sie ihre Sprachkompetenz, verdienen Geld und der Arbeitgeber gewinnt Mitarbeiter.
Damit so eine Zusammenarbeit funktionieren kann, bedarf es allerdings längst nicht nur das Interesse und die Motivation der Bewerber, weiß Maurice Kaulicke, der für das Inkoop-Personal verantwortlich ist: "Wir müssen flexibel sein und auch Verantwortung übernehmen." So müsse man unter anderem flexibel in Hinblick auf mögliche Arbeitszeiten sein. "Einige können, vor allem wegen knapper Betreuungszeiten ihrer Kinder, nur vier Stunden pro Tag in einem bestimmten Zeitraum arbeiten", erklärt Kaulicke ein Beispiel aus dem Arbeitsalltag. Um diesen Bedarfen generell bei ihren Mitarbeitern nachzukommen, hat der Arbeitgeber Sonderschichten eingerichtet, in denen Interessierte auch außerhalb der regulären Schichten mitarbeiten können – etwa 20 Prozent machen diese mittlerweile aus. Und auch eine sprachliche Unterstützung ist für diese Integrationsaktion notwendig. "Während Bewerbungsgesprächen wird übersetzt und auch bei der Arbeit ist immer eine Kollegin in der Nähe, die sprachlich unterstützen kann", sagt Kaulicke.
Start in der Warenverräumung
Gestartet ist die Aktion Anfang März mit einer Informationsveranstaltung im Jobcenter, bei der sich Geflüchtete informieren konnten. Rund 50 Menschen nahmen dieses Angebot wahr, 20 von ihnen haben sich direkt im Anschluss sogar den Inkoop-Markt an der Schönemoorer Straße angeschaut. In dieser Pilot-Filiale haben seitdem bereits fünf Geflüchtete ein zweiwöchiges Praktikum absolviert, zwei wurden als Teilzeitkräfte eingestellt. In Zukunft sollen auch weitere Filialen an der Aktion teilnehmen. "Zu Beginn übernehmen sie einfachere Tätigkeiten, wie etwa die Warenverräumung", sagt er. Das Ziel ist, dass sie auch in anderen Bereichen eingesetzt werden können. Akuten Personalmangel habe man bei Inkoop zwar nicht, dennoch könne man stets Mitarbeiter-Nachwuchs gebrauchen.
Wie wirkungsvoll das Angebot sein kann, bestätigt auch Filialleiter Hendrik Schnier. Er stellt bereits nach kurzer Zeit eine Entwicklung bei den beiden neuen Mitarbeiterinnen fest: "Sie verstehen immer mehr Begriffe und wissen schon gut, wie sie ihre Aufgaben im Markt erfüllen."
Sprachliche Kompetenz erweitern
Genau an diesem Punkt lasse sich laut Jessica Slopinski vom Arbeitgeberservice des Jobcenters anknüpfen: "Wir begleiten die Arbeitnehmer weiterhin und vermitteln zum Beispiel in weitere Sprachkurse." Sie betont, wie wichtig Sprachkenntnisse und soziale Interaktion sind. Denn wo Menschen miteinander in Kontakt kommen und bleiben wollen, müsse eine Grundlage der Kommunikation geschaffen werden. Vor diesem Hintergrund, und um dem in Deutschland vorhandenen Kräftebedarf auf dem Arbeitsmarkt Rechnung zu tragen, unterstützen Aktionen dabei, die Integration der geflüchteten Menschen voranzubringen, so Slopinksi: "Das wichtigste Ergebnis bleiben die Begegnungen, die zu mehr sprachlicher Kompetenz und damit zu mehr sozialer Integration seitens der geflüchteten Personen führen." Sie hoffe, dass noch weitere Unternehmen proaktiv auf das Jobcenter zukommen, um Integration zu ermöglichen.