Delmenhorst. Die SPD Delmenhorst wird im kommenden Jahr nicht Bettina Oestermann ins Rennen um den Oberbürgermeister-Posten schicken. Jedenfalls wird die Findungskommission des Parteivorstands den Genossen nicht die eigene Fraktionsvorsitzende im Rat ans Herz legen. Auf einer Sitzung am Sonntag wurde eine bislang unbekannte Kandidatin als geeigneter erachtet. Bettina Oestermann wurde in einem kurzen Telefonat mitgeteilt, dass die Findungskommission sie nicht vorschlagen werde.
Es war ein politisches Beben, das daraufhin am Montag durch Delmenhorst gegangen ist. Denn viele Beobachter waren fest davon ausgegangen, dass sich die Fraktionsvorsitzende im internen Rennen in der SPD durchsetzen würde. Zumal die vom Unterbezirksvorstand im März gegründete Findungskommission vor einem Monat noch immer keinen eigenen aussichtsreichen Kandidaten präsentieren konnte. Nach Informationen des DELMENHORSTER KURIER hatten die Genossen zwar mit mehreren potenziellen Bewerbern gesprochen, aber bis dahin nur Absagen kassiert. Bettina Oestermann hatte dagegen schon im Februar dieses Jahres ihr Interesse an der Kandidatur gegenüber der damaligen Parteivorsitzenden Mechthild Harders-Opolka signalisiert, im Juni schließlich hatte sie in einem Interview auch öffentlich darüber gesprochen, dass sie sich zutraut, Axel Jahnz als OB zu beerben.
Das Schweigen der Genossen
Bettina Oestermann wollte sich am Montag auf Nachfrage zu der aktuellen Entwicklung nicht äußern. Aber aus der Partei gab es, zumindest hinter vorgehaltener Hand, auch kritische Töne zum Vorgehen der Partei. „Ich frage mich, wie es gelingen soll, eine Kandidatin von außerhalb fit in den Themen zu machen, die in dieser Stadt gerade wichtig sind“, wundert sich ein Sozialdemokrat. Bettina Oestermann verfüge nicht nur als Fraktionsvorsitzende über viel Detailwissen, zudem führt sie die Aufsichtsräte der Stadtwerkegruppe und die Delmenhorster Wirtschaftsförderungsgesellschaft und ist Mitglied im Aufsichtsrat des Josef-Hospitals, sodass sie ebenfalls Einblicke in wichtige Geschäftsfelder hat.
Ein spannender Punkt dürfte sein, wie sich das eh schon nicht gerade als spannungsarm geltende Binnenklima der SPD-Fraktion entwickeln wird. Mehrere Genossen sehen die Autorität von Bettina Oestermann beschädigt. Ein Mitglied der Fraktion SPD & Partner hat bereits seine Konsequenzen aus diesem Miteinander in der Partei gezogen: Der "Partner" Andreas Neugebauer wird ab sofort als Einzelkämpfer im Rat agieren. Die Fraktion firmiert also wieder als SPD. Neugebauer führt aus, dass ihn der Umgang innerhalb der Partei "anekelt". Seit 2016, als er sich zu einer Gruppe mit der SPD formierte, habe er einen recht tiefen Einblick in die Partei bekommen. Was er sah, störte ihn, weil es nur die Machtbasis einzelner Gruppen ging. Neugebauer nennt "die unsägliche Baumstraßenfraktion, die Bungerhof-Connection oder auch die de-la-Lanne-Gruppe, keiner gönnt den anderen auch nur das Schwarze unter den Fingernägeln". Managament by Champignon nennt er das: "Wenn sich ein Kopf hervortut, wird er abgeschnitten."
Der kommissarische Unterbezirksvorsitzende, Ratsherr Lars Konukiewitz, kann dagegen die Aufregung nicht verstehen. „Was wir uns nicht vorwerfen lassen können, ist mangelnde Transparenz“, sagt er. Es war bekannt, dass es eine Findungskommission gibt, es war klar, dass sie im August eine Empfehlung an den Unterbezirksvorstand aussprechen werde. Das werde sie tun. Und die Kommission habe den Auftrag, den sie vom Unterbezirksvorstand bekommen hat, sehr ernst genommen. „Im Übrigen entscheiden am Ende die Delegierten auf einem Nominierungsparteitag. Da kann sich Frau Oestermann auch bewerben, das steht jedem frei“, erklärt Konukiewitz. Es ist ihm wichtig, dass es sich nur um eine Empfehlung handelt, keineswegs um eine endgültige Entscheidung. Zudem betont er, dass die Bewerbung von Bettina Oestermann erst seit dem 4. Juli vorliege, auch wenn sie vorher schon ihr Interesse bekundet habe. „Wir können uns aber nicht auf Hypothesen verlassen, sondern wir brauchen für die Arbeit Fakten.“
Wer die nun empfohlene Kandidatin ist, verriet Konukiewitz auf Nachfrage nicht. „Das werden wir zuerst dem Unterbezirksvorstand mitteilen“, sagt er. Er bittet um Verständnis, dass dies der Weg sei, den man einhalten müsse. Auch weist er den Vorwurf zurück, dass Bettina Oestermann am Sonntag nur telefonisch über die Entscheidung informiert worden ist. „Es gab im Vorfeld Bemühungen, dass wir uns am Sonntag zu einem Termin verabreden. Wir haben aktiv Vorschläge unterbreitet. Die sind leider auf keinen Wiederhall gestoßen“, betont Konukiewitz, der es bedauert, dass Andreas Neugebauer nicht das Gespräch mit ihm gesucht habe.