Sechs Tage Vorlauf. So viel Zeit hatte ich, um mich auf 24 Stunden Ausdauer, Schlafmangel und Teamgeist beim Burginsellauf einzustellen. Vorher war ich auf der Ersatzliste, dann fiel überraschend jemand kurzfristig aus – und ich sprang ein. Für die Stadtwerke Delmenhorst und ihr Team „Die Energiebündel“, für dieses ganz eigene Laufgefühl, das mich schon in den Jahren 2017 bis 2019 gepackt hatte.
Dritte Teilnahme – doch diesmal ist alles anders
Jetzt stehe ich wieder hier. Es ist Sonnabend, kurz vor 10 Uhr am Morgen. Auto an der Stadtbadhalle abgestellt, Team noch weitestgehend fremd, nur sieben Stunden geschlafen. Mein Kopf fragt sich auf dem Fußweg zum Zelt der Stadtwerke: Warum tue ich mir das eigentlich (wieder) an?

Auf den Graftwiesen waren während des Burginsellaufs viele Zuschauer dabei.
Es ist meine dritte Teilnahme am 24-Stunden-Lauf, aber diesmal ist alles anders. Keine spezielle Vorbereitung auf diese Extrembelastung, keine ausgetüftelten Trainingspläne. Fit bin ich, keine Frage. Dreimal die Woche Fitnessstudio, dreimal die Woche fünf Kilometer in etwa 25 Minuten. Und doch ist es eine Grenzerfahrung, die mit normalem Training nichts zu tun hat.
Trackwalk in der Delmenhorster Graft
Nach ein paar Handschlägen, dem Teamfoto und einer kurzen Taktikbesprechung geht es mit den Energiebündeln zum einzigen gemeinsamen Rundgang auf die 1,34 Kilometer lange Strecke durch die Graft. Welche Kurve ist eng, wo wird’s schmal? Kurz fühlt man sich wie beim Trackwalk der Formel 1 – nur eben zu Fuß. Kopfsteinpflaster, Schotter, leichte Steigungen – alles prägt sich ein. Hier wird bald gelaufen, geschwitzt. Achtung, Spoiler: später gelitten.
Auf den Graftwiesen wird es voller. Rund 1000 Menschen warten auf den Start des 24-Stundenlaufs um 12 Uhr. Musik läuft, Stimmengewirr, der Geruch von Sonnencreme, Iso-Drinks und Grill mischt sich. Kinder rennen zwischen den Zelten. Unser Startläufer mit der Nummer 1 steht bereit. Punkt 12 fällt der Startschuss, 24 Stunden Bewegung beginnen. Ich lehne mich zurück, trinke einen Schluck Wasser. Noch ist mein Puls ruhig. Als Zehnter komme ich erst gegen 12.45 Uhr zum Einsatz.
Ehrenamtliche sorgen für Rundumsorglos-Paket
Die ersten sechs Stunden verlaufen unspektakulär. Unser Team läuft in fester Reihenfolge von 1 bis 10, alle schön im Wechsel, Runde für Runde. Die Strecke ist voll, am Rand wird gerade gegrillt. Die Stadtwerke haben ordentlich aufgefahren: Pavillons, Sonnenliegen aus der Grafttherme als Betten, Verpflegung. Aber ohne die vielen Ehrenamtlichen, die hier rund um die Uhr arbeiten, ginge gar nichts.
Um 18 Uhr folgt der geplante Wechsel: Wir teilen uns in Dreiergruppen auf. Jeweils 90 Minuten blockweise, Richtung Nacht. Die Regel des Veranstalters: niemand läuft zwei Runden am Stück. Nach mehreren kleinen, aber feinen Abendessen (Nudeln mit Gemüsesauce, Bratwurst, Salate, Fladenbrot) geht es für mich von 22.30 Uhr bis Mitternacht auf die Strecke. Es läuft gut, auch wenn es schwül ist – die meisten hier tropfen regelrecht. Danach eine schnelle Dusche in der Stadtbadhalle, ein paar Snacks, ein bisschen Lagerfeuer-Gespräch mit anderen Teams: Polizei, Stadtverwaltung, Freizeitläufer aus der ganzen Region. Vorher gab es noch eine spektakuläre Lasershow.
20 Grad mitten in der Nacht
Der Himmel ist wolkenfrei, um drei Uhr nachts hat es noch 20 Grad. Ich kippe ein isotonisches Getränk runter und gehe zurück auf die Strecke – von 3 bis 4.30 Uhr. Es wird zäh. Die Wade zwickt, unter dem Fuß macht sich eine Blase bemerkbar. Doch es wird langsam heller, das hilft. Geschlafen habe ich nicht. Stattdessen nutze ich nach 4.30 Uhr eine Pause, um Teile dieser Reportage zu tippen.

Ein isotonisches Getränk um 2.30 Uhr kurz vor dem Nachteinsatz unseres Reporters.
Mein letzter Stint beginnt um 7.30 Uhr. Noch einmal 90 Minuten im Dreierwechsel, dann rotieren wir wieder als ganzes Team. In der Graft überhole ich einen Einzelläufer, der sich gerade übergibt. Wahnsinn, was hier geleistet wird. Ich spüre inzwischen jede Sehne, jeden Muskel. Obst, Gemüse, Brötchen, Wasser – alles schön gut, aber Wunder wirken sie jetzt auch nicht mehr.
Energiebündel landen auf Platz acht
Der Endspurt zieht sich. Noch drei Einsätze bis zum Schlusssignal um 12 Uhr, die Bedingungen werden zunehmend wärmer, schwüler. Aber es hilft alles nichts. Durchbeißen. Kilometer um Kilometer. Auch wenn die Wade jetzt zur Qual wird. Am Ende stehen für mich 31 Kilometer auf der Uhr, für unser Team Platz acht von 27. Das ist ein Ergebnis, mit dem wir alle sehr zufrieden sind. Es gibt noch ein paar Kaltgetränke im Zielbereich, dann geht’s nach Hause, unter die Dusche und schließlich direkt in den Pool. Eines steht fest: Ich bin für heute völlig am Ende. Aber auch ziemlich stolz.
Fazit und Ergebnisse
Die Organisatoren des Burginsellaufs sind hochzufrieden mit der diesjährigen Ausgabe. Gegenüber unserer Redaktion sagt Dirk Bramlage aus dem Orgateam: "Das war richtig gut. Wir freuen uns, wie gut es lief." Die Veranstaltung war vor allem am Sonnabendabend, als es die Lasershow zu bestaunen gab, und am Sonntagmorgen gut besucht, Zwischenfälle gab es keine.
Bereits rund zwei Wochen vor dem Lauf schlossen die Organisatoren die Anmeldung, da alle Startplätze vergeben waren. „Bis auf den Schülerlauf sind wir komplett voll“, berichtet Organisationsleiterin Birgit Woltjen-Ulbrich vom LC 93 Delmenhorst. Nachmeldungen vor Ort waren somit nicht mehr möglich. Insgesamt gingen 120 Einzelläuferinnen und -läufer sowie 29 Teams beim 24-Stunden-Lauf an den Start. Am Sechs-Stunden-Lauf um die Deutsche Meisterschaft nahmen 147 Aktive teil.
Bei den Frauen gewann Anne Stephan von "Die Laufpartner" mit einer Gesamtdistanz von 73,2 Kilometern, bei den Männer siegte Martin Müller von "Hamburg Running" mit 84,01 Kilometern. In der Teamwertung des 24-Stunden-Lauf triumphierte der Lauftreff Lüdinghausen. Bei den Einzelläufern dürfen sich Nina Wischeloh-Petry bei den Frauen mit 155,521 Kilometern und Stefan Wielers mit 225,347 Kilometern bei den Männern über ihren ersten Platz freuen.