Durch zwei komplett unnötige Gegentore in der Schlussphase hat der SV Atlas Delmenhorst gegen die FSV Schöningen drei Punkte aus der Hand gegeben und letztlich gar keinen geholt. Nach dem 2:3 (1:1) steckt Atlas im unteren Tabellenmittelfeld der Oberliga Niedersachsen fest. "Es ist schwer in Worte zu fassen. Es ist keine verdiente Niederlage. Wir machen am Ende zwei entscheidende Fehler. Die Jungs haben gefightet, umso bitterer ist die Niederlage", sagte Co-Trainer Florian Urbainski. Coach Dominik Schmidt durfte aufgrund seines Platzverweises in Heeslingen nicht in den Innenraum und verfolgte das Geschehen aus erhöhter Position vom Container aus. "Es ist ungewohnt, aber man hat einen anderen Blick", meinte er nach Spielschluss.
Atlas tauschte auf mehreren Positionen: So startete Marlo Siech in der Innenverteidigung für Dylan Burke, Daniel Hefele rückte für Josip Tomic ins Zentrum, zudem ersetzte Sinan Brüning den gesperrten Justin Dähnenkamp im Sturm. Bei den Gästen starteten mit Kerem Sari, Shamsu Mansaray und Ousman Touray gleich drei Ex-Atlas-Akteure. Touray hielt sich in Durchgang eins zumeist auf der Seite vor der Tribüne auf. Er wurde konsequent ausgepfiffen beziehungsweise wurden seine Ballverluste hämisch bejubelt.
Früher Rückschlag
Schlechter konnte das Spiel für die Heimelf nicht beginnen: Die Schöninger hatten Anstoß, spielten sich den Ball eine Minute lang zu, bis Marlo Siech seinen Gegenspieler an der Strafraumkante foulte. Philipp Harant nutzte diese Gelegenheit eiskalt und verwandelte den Freistoß aus zentraler Position flach ins Torwarteck zur 1:0-Führung (2.). Atlas war um eine schnelle Antwort bemüht: Ibrahim Temin wurde links geschickt und legte den Ball klug zurück, doch Marcel Marquardt traf das Leder aus 15 Metern nicht, sodass der Abschluss geblockt wurde (5.). Die Blau-Gelben ließen sich vom frühen Rückstand nicht verunsichern und griffen weiter an. Marquardt steckte auf Temin durch, der von der Grundlinie butterweich in die Mitte flankte. Tobias Fagerström war zum Einköpfen bereit, wurde von Touray jedoch klar von hinten geschubst. Schiedsrichter Andre Elkens pfiff sofort, Tom Trebin verwandelte den fälligen Elfmeter sicher zum 1:1 (10.). Regeltechnisch wäre hier auch ein Platzverweis möglich gewesen: Tourays Aktion galt ausschließlich seinem Gegenspieler und er verhinderte damit eine klare Torchance. "Es ist müßig, darüber zu diskutieren, ob das Rot ist. Wir haben das Spiel auch so in der eigenen Hand gehabt", kommentierte Schmidt.
Die Delmenhorster blieben in der Folge am Drücker, doch Schöningen verteidigte in der letzten Linie konsequent und setzte auf Konter. Bei einem solchen rettete Raoul Cissé mit einer starken Grätsche gegen den einschussbereiten Cenay Üzümcü (27.). Der ehemalige Zweitliga-Stürmer Christian Beck feuerte nach 34 Zeigerumdrehungen einen gefährlichen Distanzschuss ab, den Damian Schobert zur Ecke abwehrte. Auf der Gegenseite versprang ein Aufsetzer aus der Distanz von Marquardt etwas, sodass Sabri Vaizov das Leder etwas glücklich über die Latte bugsierte (36.). Im Anschluss an die folgende Ecke strich ein Schuss von Marquardt durch den Strafraum und nur knapp am Pfosten vorbei. Kurz darauf fing der Schöninger Keeper einen Kopfball, Joel Schallschmidt behinderte Vaizov in der Luft etwas. Dieser stürmte daraufhin hinter dem Atlas-Spieler her und brüllte Schallschmidt Auge in Auge an. Der Blau-Gelbe fiel, Atlas forderte einen Platzverweis. Der Torwart war hier mit Gelb gut bedient, die anschließende Rudelbildung löste sich schnell auf (40.). "Ich habe da einen Kopfstoß gesehen, das ist für mich klar Rot. Der Schiedsrichter hat hier aber einen guten Job gemacht und hatte eine klare Linie auf beiden Seiten, hat es anders gesehen und gesagt, dass die Spieler Brust an Brust standen", schilderte Schmidt. Leistungsgerecht ging es kurz danach mit einem 1:1 in die Kabinen.
Turbulente Schlussphase
Auch nach dem Seitenwechsel ging es sehr ausgeglichen weiter, Torchancen gab es kaum. "Wir haben fast nichts zugelassen und gegen den Ball gut gearbeitet", meinte Schmidt. Die Teams neutralisierten sich weiterhin – bis der eingewechselte Mohammed Sultani in der 77. Minute im Mittelfeld Tempo aufnahm und stark auf Joker Leonit Basha durchsteckte. Dieser blieb im Zweikampf trotz gegnerischem Foul stabil und legte in die Mitte, wo der Ball an Fagerström vorbei zum dritten Einwechsler Steffen Rohwedder rutschte, der aus kurzer Distanz keine Probleme hatte und das 2:1 erzielte.
Die Gäste brachten nun mehrere große Spieler und schlugen immer wieder Bälle in den Strafraum, entwickelten jedoch keine Torgefahr – bis sich Atlas selbst um die drei Punkte brachte. Basha fabrizierte einen Querschläger, Temin traf das herabfallende Leder gar nicht, sodass Bremer einen Flachschuss abgeben konnte, den Schobert parierte. Atlas bekam den Ball jedoch nicht weg und Temin foulte stümperhaft Bremer, sodass es in der 89. Minute Elfmeter gab. Harant verwandelte sicher zum 2:2. "Der Elfmeter hat uns das Genick gebrochen. Die Situation darf uns nie im Leben so passieren", ärgerte sich Schmidt.
Am Ende kam es sogar noch dicker für die Delmestädter: Sie verteidigten einen hohen Ball nicht konsequent, sodass Gianluca Evers aus der Drehung quasi mit dem Schlusspfiff unhaltbar zum 3:2 für den FSV einschweißte. "Der Sieg ist für uns natürlich glücklich. Ein Unentschieden wäre gerecht gewesen", bilanzierte Schöningens Trainer Christian Benbennek. Schmidt monierte derweil die immer gleichen Fehler bei seiner Elf: "Als Trainer kann man das nur immer wieder ansprechen. Die Jungs lernen nicht daraus, dass uns das auf Strecke das Genick bricht. Das Ergebnis ist natürlich negativ, aber es war dennoch ein Schritt in die richtige Richtung." Er habe damit zu kämpfen, dass sein Team erneut fahrlässig Gegentore verursacht habe. "Das begleitet uns Woche für Woche und wir bringen uns so um den Lohn. Es ist schwierig zu verstehen, warum das immer wieder passiert", sagte Schmidt.