Herr Siech, Herr Burke, Sie spielen erst seit Saisonbeginn zusammen beim SV Atlas. Wenn man Sie auf dem Platz gemeinsam verteidigen sieht, entsteht aber der Eindruck, als würden Sie das schon jahrelang tun. Geht Ihnen das genauso?
Marlo Siech: Je mehr Spiele wir miteinander bekommen haben, desto besser wurde die Abstimmung. Wir verstehen uns auf dem Platz und neben dem Platz. Das merkt man im Spiel. Er weiß, was ich mache. Und ich weiß, was er macht. Oder wie siehst du das, Dylan?
Dylan Burke: Es passt einfach. Ich bin Linksfuß, Marlo ist Rechtsfuß. So ergänzen wir uns gut.
Und außerhalb des Platzes verstehen Sie sich auch gut?
Marlo Siech: Ja, wir haben auch schon mal ein Bierchen zusammen getrunken. Dieses Jahr zwar noch nicht, aber letztes Jahr.
Dylan Burke: Dass es dieses Jahr noch nicht geklappt hat, lag an ihm, nicht an mir.
Marlo Siech: Das stimmt, aber das holen wir noch nach. Wir feiern beide gerne auch mal einen Sieg in der Kabine. Ich würde schon sagen, dass wir Stimmungsmacher sind und mit unserer Art gute Laune reinbringen.
Sie beide müssen als Innenverteidiger-Duo viel miteinander kommunizieren. Fällt das leichter, wenn man sich gut versteht?
Dylan Burke: Ja, natürlich. Im Training haben wir oft Spaß. Da gibt es mal einen Spruch oder einen Witz. Es ist immer lustig. Aber wenn wir auf den Platz gehen, wird es ernst. Dann wollen wir gewinnen, egal ob es ein Punktspiel oder ein Trainingsspiel ist. Dann ist es vorbei mit den Witzen.
Herr Burke, was ist Marlos große Stärke auf dem Platz?
Dylan Burke: Sein Kopf.
Herr Siech, was ist Dylans große Stärke?
Marlo Siech: Er ist ein kompakter Innenverteidiger und hat von allem etwas. Im Kopfball, im Aufbauspiel und in den Zweikämpfen ist er stark. Dazu ist er ein Linksfuß, das ist natürlich ein großer Vorteil, weil die meisten Innenverteidiger Rechtsfüße sind.
Dylan Burke: Wir ergänzen uns gut. Marlo ist zehnmal so gut wie ich, wenn es darum geht, Kopfballduelle zu gewinnen. In anderen Situationen kann ich ihm wiederum helfen. Wir geben uns Rückendeckung. Wenn einer einen Fehler macht, ist der andere da. Und wir hören einander zu, das ist wichtig. Wenn mal etwas nicht klappt, dann sagen wir uns, was besser werden muss und ändern es.
Und wer ist der Abwehrchef?
Dylan Burke: "Schobe" (Torwart Damian Schobert, Anm. d. Red.).
Dass Sie beide gut harmonieren, zeigt sich auch an den Statistiken. In den zurückliegenden zehn Spielen hat Atlas nur drei Gegentore kassiert. Seit 434 Minuten am Stück steht jetzt die Null. Woran liegt das?
Marlo Siech: Dafür sind wir natürlich nicht alleine verantwortlich. Klar haben wir unseren Anteil daran, gerade weil wir hinten in der Mitte spielen. Aber es gehören alle Spieler dazu. Man merkt bei uns, dass die Teamchemie auf dem Platz stimmt. Jeder kämpft für jeden. Verlieren wir den Ball, rennen gefühlt alle elf Leute zurück. Die Verteidigung fängt vorne an und hört hinten auf. Wenn der Gegner dann mal durchkommt, gewinnen wir eben hinten unsere Eins-gegen-eins-Duelle. Und falls ich mal ein Duell verliere, ist Dylan da und umgekehrt.
Dylan Burke: Unsere Stürmer "Tobi", "Steppo" oder "Dähne" (Tobias Fagerström, Steffen Rohwedder, Justin Dähnenkamp, Anm. d. Red.) – die würden alle sofort eine Grätsche ansetzen, um für uns eine Situation zu klären, weil sie wissen, dass wir das erwarten. Wir geben hinten 90 Minuten alles, auch wenn es mal wehtut. Wenn die Spieler vor uns nicht so verteidigen, wie wir es erwarten, dann bekommen sie es von uns zu hören.

Marlo Siech (rechts) ist gebürtiger Delmenhorster und weiß, worauf es im Düsternorter Stadion ankommt.
Mit Ausnahme von Linus Urban sind die Stammspieler in der Atlas-Defensive allesamt erfahren. Sie beide sind Ende 20. Ibrahim Temin ist 32 und Josip Tomic 31 Jahre alt. Alle haben bereits in der Regionalliga gespielt. Ist diese Routine ein Vorteil auf dem Platz?
Dylan Burke: Ja, zu 100 Prozent. Erfahrung ist immer ein Pluspunkt. Hinter uns ist noch "Schobe". Der hat auch Regionalliga gespielt und ist mit seinen Kommandos sehr wichtig. "Ibo" ist sehr erfahren. Linus ist jung, aber bringt seine Leistung und hört auf das, was Marlo ihm sagt. Wir Älteren haben alle schon in der Regionalliga gespielt, und unser Ziel ist es, wieder dort zu spielen. Darauf haben wir alle Bock.
Marlo Siech: Durch die Siege ist jetzt eine gewisse Leichtigkeit zu spüren, aber wir müssen weiterhin von Spiel zu Spiel schauen. Wenn wir die nächsten Spiele verlieren, haben die ganzen Siege nichts gebracht.
Ist das Ziel der Regionalliga-Aufstieg?
Marlo Siech: Wir waren 18. und sind jetzt Vierter. Um die goldene Ananas spielen will keiner von uns. Wir haben noch elf Spiele und haben alles in eigener Hand. Wenn wir diese Spiele gewinnen, sollte Platz zwei drin sein.
Innenverteidiger stehen in der Regel eher im Schatten der Offensivspieler, die viele Tore schießen und dadurch mehr Beachtung erhalten. Wie gehen Sie damit um?
Dylan Burke: Wenn unsere Stürmer treffen, bin ich glücklich für sie. Wir Abwehrspieler sind happy, wenn wir zu null spielen. Und ein paar Tore haben Marlo und ich ja auch schon gemacht.
Marlo Siech: Die Stürmer schießen die Tore ja nicht für sich, sondern für unsere Mannschaft. Genauso verteidigen wir für das Team, um den maximalen Erfolg zu haben. Von mir aus kann jeder Stürmer noch 20 Tore schießen.
Herr Siech, Sie sind in Delmenhorst geboren. Können Sie den Mitspielern, die aus entfernteren Regionen stammen, erklären, worauf es in Delmenhorst ankommt?
Marlo Siech: Ich bin in Delmenhorst geboren und in Stuhr aufgewachsen, also um die Ecke. Außerdem bin ich zwei Jahre lang in Delmenhorst zur Schule gegangen. Natürlich weiß ich, was in unserem Wohnzimmer in Düsternort wichtig ist. Die Fans wollen Härte sehen und dass wir kämpfen. Dann treiben sie uns nach vorne, auch wenn es fußballerisch mal nicht läuft. Sie wollen sehen, dass wir uns für den Verein zerreißen.

Dylan Burke weiß nicht nur, was ein Innenverteidiger zu tun hat, er verfügt auch über Erfahrung als Barkeeper.
Herr Burke, wie ist bislang Ihr Eindruck von Delmenhorst?
Dylan Burke: Es ist schön hier. Ich wohne in der Nähe des Stadions und kann mit dem Fahrrad zum Training fahren, das ist perfekt.
Vor der laufenden Saison war eigentlich schon alles klar mit dem irischen Zweitligisten Cobh Ramblers FC, aber dann sind Sie doch noch zum SV Atlas gewechselt. Wie kam das?
Dylan Burke: Ich hatte mit dem Fußball aufgehört, habe ihn aber vermisst. Also habe ich hart gearbeitet, um wieder anzufangen. Dann habe ich in der zweiten irischen Liga einen Vertrag unterschrieben, doch der Verein hat die Wechselfrist verpasst. In Delmenhorst haben sie gehört, dass ich vereinslos bin. Sie haben mich kontaktiert und jetzt bin ich hier und bin glücklich.
Also ist es möglich, dass Sie über den Sommer hinaus in Delmenhorst bleiben?
Dylan Burke: Ja, sicherlich. Der Plan ist jetzt, dass ich mich voll auf die nächsten Monate konzentriere, um zu sehen, was wir noch erreichen können. Danach werde ich Gespräche mit dem Verein führen.
Nachdem Sie 2022 vom Heider SV zum Bremer SV gewechselt waren, hat es Sie als Ire in einen irischen Pub verschlagen. Sie haben im "Paddy's Pit" am Bremer Hauptbahnhof gearbeitet. Wie hat es Ihnen dort gefallen?
Dylan Burke: Das war eine tolle Erfahrung, aber es hatte damals schon negative Auswirkungen auf den Fußball, dass ich immer so spät gearbeitet habe. Ich hatte einen anstrengenden Tagesplan, denn ich war auch noch bei Amazon tätig. Um 3 Uhr morgens bin ich aufgestanden und bin um 5 Uhr zum Arbeiten bei Amazon gefahren. Gegen 14 Uhr ging es mit dem Zug zurück nach Bremen. Dort habe ich etwas gegessen, dann stand Training an. Danach habe ich ab 20 Uhr in "Paddy's Pit" gearbeitet.
Das klingt extrem kraftraubend.
Dylan Burke: Mein Vater hatte zu der Zeit Herzprobleme. Deswegen war der Plan, wieder zurück nach Irland zu gehen. Vorher wollte ich so viel Geld wie möglich sparen. Inzwischen geht es meinem Vater wieder gut, und die Dinge haben sich zum Glück geändert. Das war damals wirklich harte Arbeit, aber ich habe es auch genossen, die Irish-Pub-Szene in Bremen kennenzulernen. Irland ist schließlich meine Heimat.
Ist ein "Irish Pub" in Deutschland vergleichbar mit einem "Irish Pub" in Irland?
Dylan Burke: Im "Paddy's Pit" war es etwas hektischer als in einem irischen Pub, insbesondere wenn Werder ein Heimspiel hatte. Ansonsten ist es ähnlich, die irische Musik dort und alles weitere passt schon gut.
Zurück zum SV Atlas: Am Sonnabend geht es zum Oberliga-Tabellenführer FSV Schöningen. Dort spielt mit Christian Beck ein ehemaliger Zweitliga-Stürmer. Winterzugang Federico Palacios verfügt sogar über Bundesliga-Erfahrung. Bereitet man sich als Abwehrspieler auf solch eine Partie besonders vor?
Marlo Siech: Man freut sich noch etwas mehr auf solch ein Spiel. Beck ist schon abgezockt. Wir werden es mit ihm nicht einfach haben, aber er mit uns auch nicht. Auf das Spiel bereiten wir uns trotzdem nicht anders vor als auf andere Spiele. Beck kenne ich auch schon aus dem Hinspiel. Generell spiele ich lieber gegen größere, kräftige Gegenspieler wie ihn als gegen kleine, wuselige Stürmer, die bei jedem Kontakt hinfallen.
Dylan Burke: Wir spielen Fußball, nicht Tennis oder Golf. Es ist ein Teamsport. Für mich ist es nicht so wichtig, wen die anderen im Team haben. Ich weiß, wen ich in meiner Mannschaft habe und dass wir immer gewinnen können. Wir spielen unser Spiel. Wir treffen die Entscheidungen auf dem Platz und überlassen das nicht dem Gegner. Wenn wir pressen wollen, tun wir das. Wenn wir abwarten wollen, tun wir das. Wir konzentrieren uns auf uns, aber natürlich wissen wir um die Stärken des Gegners. Manche Mannschaften sind stark auf dem Flügel, andere haben einen großen, starken Stürmer vorne drin. Um den muss sich dann Marlo kümmern. Er gewinnt schließlich alle Kopfballduelle.
Und was ist drin in Schöningen?
Marlo Siech: Wenn wir dort Punkte holen, kann es noch eine schöne Saison werden.
Dylan Burke: Wir wissen noch genau, was im Hinspiel passiert ist. Durch zwei späte Gegentore haben wir mit 2:3 verloren. Wir haben die Punkte weggegeben, das müssen wir jetzt reparieren.