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Skepsis ist angebracht Delmetalsperre hat Delmenhorst gerettet

Die Delmetalsperre hat sich spätestens bei der aktuellen Überschwemmungssituation bewährt. Ob eine Trinkwasserförderung in der Delmenhorster Graft gegen hohe Oberflächenwasserstände hilft, bleibt umstritten.
02.01.2024, 14:01 Uhr
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Delmetalsperre hat Delmenhorst gerettet
Von Gerwin Möller

"Für die aus meiner Sicht sehr gute Bewältigung der aktuellen Hochwassersituation durch die Verantwortlichen, allen voran dem Ochtumverband, möchte ich mein uneingeschränktes Lob aussprechen", schreibt unser Leser Hartmut Wefer. Unsere Berichterstattung zur aktuellen Situation über den ansteigenden Pegel, auch an Hunte und Delme, hat auch bei weiteren Lesern Resonanz ausgelöst, die wir an dieser Stelle vorstellen.

Lob von Groth und Stubbemann

Zum Thema Delmetalsperre hatte sich beispielsweise Harald Groth geäußert. Der frühere Delmenhorster Landtagsabgeordnete (SPD) war auch Zeitzeuge und berichtet uns, dass es zum Standort für das Regenrückhaltebecken durchaus kontroverse Debatten gegeben hatte. Nach den Überschwemmungen 1998, als die Delmenhorster Innenstadt unter Hochwasser stand, gab es im Landkreis Oldenburg noch die Idee für ein Stauwerk im Bereich von Horstedt. Dieser Standort war im Kreishaus mit "vielerlei planerischen Details favorisiert" worden. Die Verantwortlichen in Delmenhorst stritten früh für den jetzigen Standort in Schlutter. "Letztlich hat Minister Wolfgang Jüttner (SPD) während einer Begehung des Delmetals die mehrjährige, zähe Debatte beendet und in seinen Bereichen einschließlich Regierungspräsidium klargestellt", den Standort auf Ganderkeseer Gemeindegebiet zu wählen. Träger der Planung wurde nicht der Landkreis, sondern der Ochtumverband. Für Landerwerb, Planung und Bau wurden Haushaltsmittel des Landes eingeplant, die Stadt Delmenhorst musste sich anteilig beteiligen. "Was umgehend im Stadthaushalt auf Basis damaliger Plankosten erfolgte", so Groth.

Die Investition von 20 Millionen Euro für die 1.800.000 Kubikmeter fassende Delmetalsperre zur Regulierung des Hochwasserabflusses hat sich also gelohnt, so der damalige Verbandsvorsteher des Ochtumverbandes, Heiko Stubbemann, gegenüber unserer Redaktion.

Wefer zweifelt an Stauraumkanälen

"Trotz Sturmfluten und Dauerregen konnte das Wasser von Delme und Welse kontrolliert durch die Stadt zu den ausgewiesenen Poldern hinter dem Ochtumdeich geleitet werden, ohne größere Schäden anzurichten", würdigt Wefer. Ganz anders sehe die Bilanz bei den zuletzt von den Stadtwerken gebauten Stauraumkanälen an der Stadtgrenze zu Heide aus. "Für die hier schätzungsweise verbauten fünf Millionen Euro können gerade mal etwa 1000 Kubikmeter Regenwasser zurückgehalten werden." Wefer spricht von "viel Geld für eine vergleichsweise geringe Menge". Bei Wetterlagen mit viel Regen, wie im Dezember passiert, werde das in den Stauraumkanälen aufgefangene Oberflächenwasser "in den ohnehin schon völlig überlasteten Randgraben gepumpt". Zuletzt war dadurch die Überflutungsgefahr von Wohnhäusern in Heide noch verschärft worden. "Stauraumkanäle können weder die bei Starkregen noch die bei länger andauernden Regenereignissen anfallenden Wassermengen angemessen bewältigen", schreibt Wefer. "Sie mögen in dicht bebauten Innenstadtlagen Teil einer Lösung sein, aber gerade in Stadtrandlagen bieten sich stattdessen oberirdische Rückhaltelösungen mit deutlich höheren Kapazitäten an."

Groth kritisiert Spiecker

Der bereits genannte Harald Groth hat sich in einer weiteren Funktion, er ist Sprecher des Bündnisses "Rettet-die-Graft", zur Überschwemmungsthematik geäußert. Er bezieht sich dabei auf einen Leserbrief von Margitta Spiecker, die daran zweifelt, ob sich die aktuelle Überschwemmungssituation in der Graft durch eine Wiederaufnahme der Trinkwasserförderung wirkungsvoll begegnen ließe. "Mehr als 1000 hochwertige Laubbäume seien mit verfaultem Wurzelwerk umgefallen", weil sie zu lange überflutet waren. Groth tritt der Behauptung entgegen, "tief gefördertes Rohwasser für Trinkwasser verändere den Stand des Oberflächenwassers in der Graft nicht". Circa 100-jährige empirische Erfahrungen würden diese Behauptung widerlegen. "Trinkwasserförderung in der Graft wird die Graft nicht trockenlegen, aber dafür sorgen, dass das Oberflächenwasser versickern kann, bevor der restliche und neu angepflanzte Baumbestand durch dauerhafte Überflutung beschädigt wird."

Böckelmann hinterfragt Trinkwasserschutzzone

Auf die Meinung von Margitta Spiecker reagierte auch Friedrich Böckelmann aus Ganderkesee: Als interessant stuft er den Umstand ein, dass in der Graft eine Niedermoorfläche festgestellt worden sei. Böckelmann wundert sich in Bezug auf die beabsichtigte Trinkwasserförderung, ob es denn schon neue Grenzen für das zu schaffende Wassereinzugsgebiet gebe. Das frühere Gebiet, eingegrenzt von Krankenhaus, Friedhof, Bahnlinie und Stadtwerkegelände, sei baulich stark genutzt, dort würden Schadstoffe in den Boden gelangen. Er sei sehr gespannt auf eine Wassergewinnungsgenehmigung, die gerichtsfest sein müsse.

 

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