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Werder-Talent Mbom im Interview „Abheben? Die Gefahr gibt es bei jedem“

Jean-Manuel Mbom gilt bei Werder als hoffnungsvolles Talent: Schon mit 13 Jahren kam er ins Werder-Internat. Im Interview spricht der heute 17-Jährige über seine Pflichten und die Gefahr, abzuheben.
16.09.2017, 21:29 Uhr
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Von Ralf Lorenzen

Wie kam es zu der Entscheidung, nach Bremen ins Fußball-Internat zu gehen?

Jean-Manuel Mbom: Meine Mutter und ich haben schon sehr früh viel darüber geredet, und es war früh klar, dass ich zu Werder wechseln möchte. Das ist dann ein Jahr früher passiert, als geplant – mit 13 Jahren.

Wie war die erste Zeit?

Ich hatte natürlich total Bock darauf und bin im Internat auch gut aufgenommen worden. Aber im Winter, als es kalt wurde und dadurch das Fußballspielen auch nicht mehr so viel Spaß brachte, habe ich meine Familie dann doch vermisst. Durch die Phase bin ich gut durchgekommen.

Sind Sie generell jemand, der viel hinterfragt?

Ich war wirklich sehr klein, als ich ins Internat kam, und es waren ja auch 19-Jährige im Internat, und da wollte ich eben alles über die Leute wissen, das war ja meine neue Familie.

Ist dieses familiäre Gefühl über die Jahre erhalten geblieben?

Jeder kommt woanders her, hat seine Familie verlassen, da müssen wir jetzt eben zusammen aufeinander aufpassen. Natürlich ist das nicht jedes Jahr gleich, aber wir kommen alle gut miteinander aus. Und wir Älteren kümmern uns auch mehr um die Jüngeren – die sind ja nicht alle so wie ich und stellen von sich aus viele Fragen.

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Wie sieht ein normaler Morgen aus, bevor Sie in die Schule gehen?

Es gibt zwei verschiedene Tagesabläufe. Entweder fahre ich nach dem Frühstück mit dem Bus direkt zur Schule. Haben wir Frühtraining, stehen wir vor der Abfahrt zur Schule noch auf dem Trainingsplatz.

Essen Sie mit den anderen zusammen? Oder macht das jeder für sich?

Da wir meistens alle zur gleichen Zeit Trainingsende haben, gehen wir auch zusammen essen.

Achten die Mitarbeiter im Internat auch auf Ihre Schulleistungen?

Ja, achten sie. Der Notendurchschnitt sollte in Ordnung sein und sich im Idealfall natürlich verbessern.

Gibt es eine Hackordnung unter Ihnen?

Nein, wir stehen alle auf der gleichen Stufe. Das ist ja normal, wenn man miteinander lebt. Warum soll sich einer über den anderen stellen?

Fühlen Sie sich manchmal wie im Elfenbeinturm oder überwiegt die Normalität?

Die Schule ist wie bei jedem anderen, aber wenn man zurückkommt, hat man natürlich viele Termine und investiert viel Zeit in den Fußball. Man hätte natürlich immer noch die Zeit, irgendwo hinzugehen und mit anderen etwas zu machen. Aber meistens ist man dazu zu faul und bleibt doch auf dem Zimmer und guckt Fernsehen oder macht etwas anderes.

Womit beschäftigen Sie sich?

Ich treffe mich mit Freunden, die ich aus der Schule kenne, oder ich höre Musik, hauptsächlich Hip-Hop.

Wie sind Sie aufgewachsen?

Ganz normal, mit meiner Mama, meinem Papa, meinem kleinen Bruder, einem Mehrfamilienhaus. Der Bolzplatz war ganz in der Nähe. Da bin ich nach der Grundschule immer gleich hin, die Schularbeiten habe ich abends gemacht.

Wann haben Sie das erste Mal gemerkt, dass Sie im Fußball ein großes Talent sind?

Das weiß ich gar nicht so genau. Ich weiß nur, dass ich es immer mehr wollte als manch anderer. Die anderen hatten auch Spaß, aber ich war vielleicht schon ernsthafter dabei und habe versucht, in jedem Training besser zu werden und immer zu gewinnen.

War das ein bewusster Vorgang?

Ich war immer total ehrgeizig. Mein Vater hat früher auch Fußball gespielt, er war in der U16-Nationalmannschaft Kameruns. Er hat mich ein bisschen zum Fußballerischen erzogen.

Wie haben Ihre Eltern Ihren Weg beeinflusst?

Meine Familie hat mich immer unterstützt, aber nie zu etwas gedrängt. Das kam alles von mir selbst.

Sie machen für einen 17-Jährigen schon einen sehr reifen Eindruck. Woher kommt das?

Ich musste eben schon früh ohne meine Familie klarkommen. Dann sind da die Trainer und die Mitarbeiter im Internat, die man sich zum Vorbild nimmt und die versuchen, einen zur Selbstverantwortung anzuleiten.

Ihr Trainer schwärmt von Ihrer überragenden Mentalität. Sehen Sie sich auch so?

Ich würde nicht sagen, dass ich total in mich gekehrt bin (lacht). Als ich hergekommen bin, da war ich der Jüngste und wesentlich ruhiger. Aber ich finde es wichtig, mutig zu sein, auch wenn man eher einen schüchternen Charakter hat. Man muss miteinander reden, damit man so wenig Probleme wie möglich hat. Auf dem Platz darf jeder jedem etwas sagen.

Was unterscheidet die Talente, die so weit kommen wie Sie, von denen, die vorher aus dem System fliegen?

Ein Stück weit musst du Glück haben, dass Trainer deine Spielweise mögen. Du musst immer positiv denken, das annehmen, was der Trainer dir sagt, immer alles geben, nicht aufhören, dich zu konzentrieren und alles ernst nehmen. Man kann nicht ins Leistungszentrum kommen und denken, dass man das mal so eben macht. Man muss das schon ordentlich machen.

Besteht bei Ihnen überhaupt nicht die Gefahr abzuheben?

Die Gefahr gibt es bei jedem. Es kommt dann natürlich darauf an, wie man damit umgeht. Wenn man ein gutes Umfeld hat, dann geht das, und das habe ich hier.

Wegen einer Verletzung konnten Sie nicht an der U 17-Europameisterschaft in Kroatien sowie an den Finalspielen zur U 17-Meisterschaft bei Werder teilnehmen. Werden Sie im Leistungszentrum auf Rückschläge vorbereitet?

Ja, wir werden immer unterstützt, wenn wir Probleme haben. Man kann alles besprechen, das finde ich sehr wichtig. Aus den Gesprächen wusste ich schon vorher, dass es bei einer Verletzung wichtig ist, sich eine andere Beschäftigung zu suchen, damit man nicht so deprimiert ist.

Das Gespräch führte Ralf Lorenzen.

Jean-Manuel Mbom war der erste und bisher einzige Spieler, der schon mit 13 Jahren ins Werder-Internat aufgenommen wurde. Der 17-Jährige ist in Bovenden bei Göttingen aufgewachsen und gilt als Werders große Nachwuchshoffnung im Mittelfeld.

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