Für Thomas Horsch war es nicht weniger als ein „ganz brutaler Tag“. Der Trainer von Werders Frauen bezog sich dabei gar nicht so sehr auf die „verdiente Niederlage“ gegen den SC Freiburg. Dieses 0:3 (0:2) lässt sich schon irgendwie verkraften, angesichts einer bislang doch sehr erfolgreichen Saison. Doch die schwere Knieverletzung von Lina Hausicke (Verdacht auf Kreuzbandriss) sorgte für viel Frust auf Bremer Seite, und der Nasenbeinbruch von Nina Lührßen machte es natürlich nicht besser. Da geriet das Spiel schnell in den Hintergrund, obwohl es mit einer gewissen Spannung erwartet worden war.
Denn irgendwas war anders. Diesmal war der SC Freiburg nämlich nicht als Favorit angereist. Die Gäste gelten zwar noch immer als etablierte Mannschaft, die im besten Fall sogar in der Bundesliga-Spitze mitmischen und ins Pokalfinale einziehen kann. Aber der SV Werder hat sich in den vergangenen Monaten eben auch entwickelt. Er trat deshalb als Tabellenfünfter an und schien mit den größeren Siegchancen ausgestattet als der Achte aus dem Breisgau. Aber diese Prognose sollte sich schnell als falsch herausstellen: Das Spiel lief nämlich auch ein bisschen anders, als die jüngste Vergangenheit erwarten ließ.
Werder tut sich schwer gegen gut organisierte Freiburgerinnen
„Freiburg hat nichts zugelassen, und wir haben nichts hinbekommen“, fasste Abwehrchefin Michelle Ulbrich die Partie zusammen. Ihre Mannschaft hatte gegen einen richtig gut organisierten Gegner so gut wie gar nicht stattgefunden in der Offensive. „Solche Tage gibt es“, fand Thomas Horsch. Zum Beleg zog der Trainer einen der besten Angriffe heran: Mit viel Tempo war Sophie Weidauer bei einem Konter in den Strafraum gezogen. Doch statt aus 15 Metern in zentraler Position abzuschließen, wollte Weidauer die mitgelaufene Nina Lührßen bedienen – was misslang, da Alica-Sophie Gudorf für den SC Freiburg klärte (15.). „Selbst in dieser Situation hatten wir keinen klaren Abschluss“, so Horsch.
Aber was war diese letztlich unbedeutende Szene schon gegen den Moment, der sich nur rund fünf Minuten später ins Gedächtnis der Beteiligten brennen sollte? Es war nur eine kurze Richtungsänderung, hatte aber offenbar schwerwiegende Folgen: Denn Lina Hausicke verdrehte sich dabei das Knie, sackte zusammen und musste nach kurzer Behandlungspause gegen Chiara Hahn ausgetauscht werden. Der Trainer ahnte gleich nach der Partie bereits, dass sich seine Spielführerin eine schwere Knieverletzung zugezogen hatte: „Mit Lina verlieren wir auf lange Zeit unsere Leaderin.“
Und natürlich blieb der Ausfall nicht ohne Folgen. „Es war ein brutaler Nackenschlag, von dem wir uns erst mal erholen mussten“, so Michelle Ulbrich. Es lag also auch daran, dass die Defensive in der Folge noch weniger souverän auftrat. Jedenfalls sprach es nicht für die grün-weiße Abwehr, dass die Ex-Bremerin Samantha Steuerwald (2018 bis 2020) nach einer Ecke völlig blank an der Ecke des Bremer Fünfmeterraumes wartete. Die Freiburgerin nahm den Ball an, suchte sich die Ecke aus und traf zur Führung des Gästeteams. Nur vier Minuten später wirkten die Bremerinnen nicht besser sortiert: Nach einem Einwurf setzte sich Eileen Campbell auf der linken Seite durch und fand in der Mitte Lisa Kolb, die zwischen Hanna Nemeth und Nina Lührßen zum 2:0 traf.
Als wäre all das – zwei Gegentreffer und die schwere Verletzung von Hausicke – nicht genug, hatte auch Nina Lührßen kurz vor der Pause noch einmal Pech: Bei einem Zweikampf mit Gudorf bekam die Bremerin deren Ellenbogen ins Gesicht und brach sich das Nasenbein. Die Außenbahnspielerin verbrachte die erste Halbzeit zwar noch auf dem Feld, folgte Hausicke danach aber in die Klinik. Ihr Ausfall passte zu einem Spiel, in dem nahezu alles gegen die Bremerinnen gelaufen war. Später fand Thomas Horsch deshalb auch lobende Worte: „Wir haben bis zum Ende alles versucht.“
Trotz des nächsten Schocks startete der SV Werder zu Beginn des zweiten Durchgangs nämlich einen Sturmlauf, der fast belohnt worden wäre. Aber eben nur fast, was ebenfalls ganz gut passte. Denn beim Abstauber von Michelle Ulbrich hatten die Zuschauer den Torjubel bereits auf den Lippen, bevor das Spielgerät dann doch am Freiburger Tor vorbei trudelte. Allerdings wäre einem Treffer die Anerkennung auch wegen einer vermeintlichen Abseitsstellung versagt worden (48.).
Keinen Abseitspfiff gab es dagegen, als Campbell lang geschickt wurde, aufs Bremer Tor zustrebte und schließlich im zweiten Versuch den dritten Treffer nachlegte. Dabei protestierten die Bremerinnen massiv angesichts der sehr engen Entscheidung. Aber so musste es wohl kommen an einem Tag, an dem Werder keineswegs das gewohnte Leistungsvermögen entfaltete und nebenbei auch noch eine ganze Menge Pech hatte. „Wir werden das wegstecken und wiederkommen“, gab sich Thomas Horsch kämpferisch vor der nun anstehenden Länderspielpause.