Frank Baumann und Marco Bode hatten schon eine ganze Zeit geredet. Eigentlich war alles gesagt. Warum Werder und Baumann gemeinsam weitermachen wollen. Wie die nächsten Aufgaben und Herausforderungen aussehen. Wo Werder irgendwann in naher Zukunft einmal stehen soll. Frank Baumann sagte irgendwann: „Ich fahre jeden Morgen extrem gerne den Osterdeich entlang. Auch nach 19 Jahren noch.“ Werders Sportchef ist nicht bekannt dafür, dass er notorisch in den Topf mit der Aufschrift Pathos greift, wenn er etwas zu sagen hat. Baumann gilt als sachlich und unaufgeregt, und so ist er auch tatsächlich. Sein Witz ist trocken und hintergründig. Und deshalb darf dieser Satz vom Osterdeich und den 19 Jahren fast schon als Liebeserklärung an seinen Klub durchgehen.
Werder hatte in die fünfte Etage des Weserstadions geladen, um mit den Journalisten über die Vertragsverlängerung von Sportchef Frank Baumann zu sprechen. Im fünften Stock sitzt die Geschäftsführung, dort arbeiten die wichtigsten Leute des Vereins. Hier hat auch Baumann, der offiziell Geschäftsführer Profifußball heißt, sein Büro. Und tatsächlich war die Wahl des Gesprächsortes kein Zufall, sondern Ausdruck der Bedeutung dieser Personalie. „Angemessen“ nannte Aufsichtsratsboss Marco Bode den Rahmen. Normalerweise finden Pressekonferenzen ganz unten im Stadion statt, im fensterlosen Presseraum. Aus der fünften Etage dagegen haben Besucher den Premiumblick auf den Rasen des Weserstadions. Dort spielt sich Werders Kerngeschäft ab.
Mehr Geld für Baumann
Hauptverantwortlich dafür ist Frank Baumann. „Es ist die wichtigste Position im Klub“, sagte Bode. Bis 2021 hat Werder den Vertrag nun verlängert, verbunden mit einer Gehaltserhöhung für Baumann. Bode formuliert es so: „Wir haben versucht, die Erfahrungen der letzten zwei Jahre angemessen in den Vertrag einfließen zu lassen.“ Im Frühjahr 2016 hatte Baumann den Job als Sportchef angetreten, er tat dies als Neuling. Das darf man sagen, auch wenn der ehemalige Werder-Kapitän zuvor fast fünf Jahre lang in der zweiten Reihe im Management gearbeitet hatte, erst als rechte Hand von Klaus Allofs, dann als Direktor Profifußball unter Geschäftsführer Thomas Eichin, dem er schließlich nachfolgte.
Seitdem hat Baumann viel bewegt. „Er hat Verantwortung in einer sehr schwierigen Zeit übernommen“, sagt Bode. Baumann hat bei zwei Trainerentscheidungen daneben gelegen, aber er hat dafür den Kader umgekrempelt (die sieben wichtigsten Verpflichtungen lesen Sie nebenan im Check). Die Einkäufe haben die Entscheider im Klub überzeugt, die Fans begeistert und die Konkurrenz beeindruckt. Von daher ist die Vertragsverlängerung keine Überraschung, und auch nicht, wie sie zustande gekommen ist. Bode, der gemeinsam mit dem Aufsichtsratskollegen Axel Plaat die Verhandlungen geführt hat, sagte: „Keiner hat groß gepokert.“
Herausforderung Leistungszentrum
Baumann sagt, er habe nicht lange darüber nachdenken müssen, ob er in diesem Beruf, in diesem hektischen Business, in dem vor allem Ergebnisse und Tabellenplätze zählen, weitermachen möchte. Zwei Auszeiten hat sich der (Familien-)Mensch Frank Baumann schon genommen, einmal nach der aktiven Karriere und dann nach den ersten Jahren im Management. Jetzt sagt er: „Mir war schon damals, als die Anfrage kam, klar, dass dies kein Job ist, den man nur ein, zwei, drei Jahre machen sollte. Auch wenn es kein familienfreundlicher Job ist.“
Seine Arbeit sieht Baumann noch längst nicht als getan an. Ein „gutes Fundament“ habe man gelegt. Aber es geht weiter. Die Bundesliga-Mannschaft soll bald wieder international spielen. Möglichst viele Profis sollen dann aus dem eigenen Verein stammen. Werder baut das Leistungszentrum für viele Millionen Euro aus und um. Das wird die Öffentlichkeit eher am Rande wahrnehmen, für Baumann ist das Projekt zentral. Wenn er von Werder spricht, dann nicht nur von Spielern, Toren und Punkten, sondern auch von Werten und Nachhaltigkeit. Das Leistungszentrum soll dafür stehen.