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Werder-Kolumne Was Bayern bei Keita falsch und richtig machte

Von seinem Können her wäre Werders Neuzugang Naby Keita schon früh ein Mann für den FC Bayern gewesen. Doch der Deal platzte zweimal. Einmal war das verständlich, meint Jean-Julien Beer.
19.06.2023, 15:16 Uhr
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Was Bayern bei Keita falsch und richtig machte
Von Jean-Julien Beer

Als Werders Medienabteilung vor zehn Tagen ein Foto verbreitete, das Naby Keita bei der Vertragsunterzeichnung im Weserstadion zeigt, da schaute auch der ein oder andere beim FC Bayern hin – mit gemischten Gefühlen. Zweimal wäre der Mittelfeldspieler beinahe zum Rekordmeister nach München gewechselt. Beide Male scheiterte es an der Haltung der Bayern-Bosse, jedoch aus höchst unterschiedlichen Gründen. Beim ersten Mal machten sie dabei viel falsch, bei der zweiten Absage hingegen machten die Münchner viel richtig.

Der erste Akt des Bayern-Keita-Schauspiels ereignete sich, als der Spieler noch ein junger Profi in Österreich war. Im Trikot von Meister RB Salzburg mischte Keita als 19- und 20-Jähriger die österreichische Bundesliga auf. Trotz einer Malaria-Erkrankung schoss er seinen Klub mit zwölf Toren und acht Vorlagen zum Double und wurde zum Spieler der Saison 2015/16. Schon ein Jahr zuvor war er als Stammspieler Meister und Pokalsieger geworden, obwohl ihn die Salzburger gerade erst aus der Provinz geholt hatten, vom unterklassigen FC Istres in Frankreich. Nun war er der Mann der Stunde in Österreich – und glänzte quasi vor den Toren Münchens, nur eine Autostunde von Bayerns Vereinszentrale an der Säbener Straße entfernt. Natürlich wurde der Name Keita nun auch in München diskutiert. Die Bayern nahmen auch Kontakt auf. Doch die Zweifel überwogen, ob ein Topspieler aus der schwächeren österreichischen Liga auch in der Bundesliga mithalten würde. Die Bayern setzten den Kauf nicht um - was ihnen nur ein Jahr später sehr leidtun sollte.

Denn beim Salzburger Schwesterklub RB Leipzig erkannte man das Potenzial des Spielers und legte sich fest: Der Junge packt das. Für eine Ablöse von etwa zwölf Millionen Euro wechselte Keita im Sommer 2016 nach Leipzig und spielte auf Anhieb eine unfassbar starke Saison. Für viele Beobachter war er damals der beste Spieler der deutschen Bundesliga, enorm stark in der Balleroberung und im Umschaltspiel, dazu dribbelstark und torgefährlich. Sein Marktwert explodierte, mit jedem Spiel wurde Keita wertvoller.

Klopps Liverpool und ein waghalsiger Deal

Nun merkten auch die Bayern, dass sie einen Fehler gemacht hatten. Durch ihre Zweifel war ihnen nicht nur ein Topspieler entgangen, sondern RB Leipzig wurde durch diesen Keita ein Konkurrent an der Ligaspitze. Also stiegen die Bayern ein zweites Mal in das Werben um Keita ein, allerdings hatten sich die Zahlen nun deutlich verändert. Nach einer zweiten Saison in Leipzig hätte der Spieler für eine festgeschriebene Ablöse von 55 Millionen Euro wechseln können – eine Summe, die auch den Bayern nun angemessen schien. Wieder verhandelten sie mit dem Spieler, der inzwischen 22 Jahre alt war. Doch diesmal veränderte Jürgen Klopp mit dem FC Liverpool die Geschäftsgrundlage durch einen waghalsigen Deal: Der englische Spitzenklub überwies den Leipzigern schon ein Jahr vor Inkrafttreten der Ausstiegsklausel einen Batzen Geld, und zwar nicht nur jene 55 Millionen, sondern angeblich sogar 70 Millionen, um sich Keitas Dienste für den nächsten Sommer vorab zu sichern.

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Auch die Bayern waren gezwungen, über solch ein Geschäft nachzudenken. Aber sie scheuten sich, so viel Geld zu bezahlen und dann eine Saison auf den Spieler warten zu müssen. Ein Kreuzbandriss, eine andere schwere Verletzung, und die ganze Ablöse und das Gehalt für einen Fünfjahresvertrag wären im schlimmsten Fall verbrannt gewesen. Keine Versicherung hätte dieses Risiko abgedeckt, argumentierten die Münchner. Sie zogen sich zähneknirschend zurück und sprachen von „kaufmännischer Seriosität“ als Grund. Was im Nachhinein eine kluge Entscheidung war.

Keita und Füllkrug bei einer Berater-Agentur

Denn Keita wechselte zwar im Sommer 2018 nach Liverpool und wurde dort Meister und Champions-League-Sieger, doch die Gesamtinvestition der Engländer in Höhe von 130 bis 150 Millionen Euro für Keita rechnete sich nicht. Zu oft war er verletzt, zu sehr fremdelte der Edeltechniker mit der Spielweise auf der Insel. Den bestens bezahlten Fünfjahresvertrag hat Keita zwar erfüllt, in der gerade zu Ende gegangenen Saison machte er aber nur acht Spiele. Nur von Ende Dezember bis Ende Februar war er nicht verletzt.

Sein Marktwert ist geschrumpft, statt der 65 Millionen von einst sind es nur noch 17 Millionen. Werder bekam ihn ablösefrei und kennt auch Keitas Münchner Berateragentur Roof ganz gut, denn von ihr lässt sich neuerdings auch Niclas Füllkrug beraten. Heute ist Keita 28 Jahre alt. Auch die Bayern werden seine Entwicklung in Bremen bei dieser Vorgeschichte genau verfolgen.

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