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Werder Bremen Ein Investor ist nicht die einzige Lösung

Ohne Geld geht im Profifußball nichts. Aber woher sollen klamme Vereine wie Werder Bremen es nehmen? Beim Thema Investor ist grundsätzlich Vorsicht geboten, meint Jean-Julien Beer.
17.02.2023, 16:14 Uhr
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Ein Investor ist nicht die einzige Lösung
Von Jean-Julien Beer

Zuletzt hingen sie wieder im Weserstadion, die Plakate, die Angst und Sorgen Ausdruck verleihen. In fetten Buchstaben warnten die Fans davor, ihr Verein könnte in falsche Hände geraten: „100 Prozent Werder! Nein zum Investor!“

Das Thema hat in der Fanszene enorme Sprengkraft, weshalb man im Verein das Wort meidet. Statt von einem Investor spricht man bei Werder lieber von einem strategischen Partner. Vorsicht ist auch ratsam: Ein solcher Investorendeal bringt nicht nur Geld, er kann gravierende Folgen haben. In Deutschland muss man sich nur den Hamburger SV, 1860 München oder Hertha BSC ansehen – sie alle litten mehr darunter, als es ihnen nutzte.

Werder stoppte Investoren-Modell

Zuletzt entstand der Eindruck, der Einstieg eines Investors stünde bei Werder kurz bevor. Richtig ist das Gegenteil: Das Präsidium des Vereins hat zuletzt nicht nur den Gang an die US-Börse Nasdaq abgelehnt, was rund 50 Millionen Euro beschert hätte. Zuvor war bereits ein anderes internationales Investoren-Modell intern gestoppt worden.

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Es geht bei Werder keineswegs nur noch um die Frage, wann und wie man sich einem Geldgeber an den Hals wirft. Es geht weiterhin auch darum, ob ein anderer Weg möglich ist, um frisches Geld investieren zu können – und das nicht nur in den Spielerkader, sondern auch in Infrastruktur, Digitalisierung und Talentausbildung. Nach dem Abstieg und der Pandemie, die Werder 80 Millionen Euro kosteten, fehlen dem Verein die Mittel, um dauerhaft konkurrenzfähig zu sein.

Um zu verstehen, warum bei Werder Investorendeals angebahnt werden, die das Präsidium dann blockiert, muss man genauer hinsehen: Zwar beauftragte das Präsidium die Geschäftsführung, nach einem strategischen Partner zu suchen. Das letzte Wort hat als Gesellschafter der Profiabteilung aber dieses Präsidium selbst – und das stellte hohe Hürden auf: Ein Geldgeber darf nicht auf schnelle Rendite aus sein, muss kulturell zu Werder passen und neben Kapital einen Mehrwert mitbringen, etwa eine Vernetzung in der Sportwelt. Und er müsste seine Rolle verstehen: Er dürfte nichts entscheiden, weil deutsche Vereine höchstens 49 Prozent ihrer Anteile verkaufen dürfen, bekäme keinen Platz in der Geschäftsführung und hätte nur im Aufsichtsrat Stimmrecht.

Hohe Hürden für Investoren

Internationalen Investoren zeigen einem da schnell den Vogel, weil sie fürs gleiche Geld bei Vereinen in Italien oder Belgien mehr Einfluss bekommen. In England sowieso. Es ist deshalb eine gute Frage, ob es einen solchen für Bremen passenden Investor überhaupt irgendwo gibt.

Dass Werder nicht von russischen oder chinesischen Geldgebern abhängig sein möchte, ist verständlicher denn je. Aber: Auch der romantische Traum vom regionalen Multimillionär hat seine Tücken, wie man beim HSV und Klaus-Michael Kühne sieht. Bei Misserfolg wird es schnell emotional, denn reiche Edelfans sind eben nicht nur edel, sondern auch Fan. Und in Bremen ist etwa ein Kurt Zech deshalb so vermögend, weil er sein Geld eben nicht in den Fußball steckte, sondern in planbare Projekte, deren Rendite nicht von einem Pfostenschuss abhängt.

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Klar ist: Werder darf und wird sich nicht blind an jemanden verkaufen. Die Geschäftsführung um Klaus Filbry steht ohnehin nicht für waghalsige Manöver. Deshalb lohnt der Blick auf Alternativen: Wenn Werders Wert als Erstligist auf 250 Millionen Euro taxiert würde, bekäme man für zehn Prozent der Anteile 25 Millionen, was im Fußball nicht unfassbar viel ist. Diesen Betrag dürfte Werder bald auch von der Deutschen Fußball-Liga bekommen, die nach einem Milliardenverlust in der Pandemie selbst einen Investor sucht und die Vereine beteiligen will. Den zweiten Weg weist der SC Freiburg, der solche 25 Millionen Euro gerade aus England erhielt, für den Verkauf des Spielers Kevin Schade. Talente suchen, entwickeln und gut verkaufen: Das ist zwar mühsamer und dauert länger, man bleibt aber Herr im eigenen Haus und hat keinen Stress mit Investoren oder Fans. Deshalb war es kein Zufall, dass Werder gerade erst einen bestens vernetzten Chefscout und Kaderplaner eingestellt hat.

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