Darf man da so langsam von einem Lieblingsgegner sprechen? Im April 2017 war es der FC Schalke 04, gegen den Maximilian Eggestein sein erstes Bundesliga-Tor erzielte. In den folgenden Spielen gegen die Königsblauen gab es erst eine Niederlage, dann aber einen Assist zum Siegtor in der Nachspielzeit, im Hinspiel Eggesteins ersten Bundesliga-Doppelpack und nun eine herausragende Vorarbeit zum mitentscheidenden 3:1.
Prädestiniert diese Rolle als Schalke-Schreck Eggestein als nächstes Transferziel vom Revier-Rivalen aus Dortmund? Die „Ruhr Nachrichten“ hatten zuletzt berichtet, Verantwortliche des BVB hätten Eggestein bereits kontaktiert. Allerdings zeigte sich beim 4:2 gegen Schalke auch: Will Eggestein seine ungewöhnlich gelagerten Stärken richtig einbringen, eignet sich das Bremer Spielsystem dafür deutlich besser als das 4-2-3-1, das Lucien Favre aktuell bei den Westfalen spielen lässt.
Denn: Eggesteins Spiel lebt von seinen cleveren Läufen in die Gefahrenzone und von seiner starken Positionierung rund um den gegnerischen Stafraum. Florian Kohfeldt hatte den 22-Jährigen nicht umsonst von seiner einstigen Rolle als Sechser in einer 3-1-4-2-Grundordnung etwas weiter nach vorne beordert, auf eine der Halbpositionen entweder im 4-3-3 oder, wie gegen Schalke, in der 4-4-2-Rautenformation.
Dort konnte sich Eggestein, abgesichert vom einmal mehr aufmerksamen und zuverlässigen Philipp Bargfrede, immer wieder in die Offensive einschalten. Dieses Mal fehlte das Glück und auch die letzte Handlungsschnelligkeit bei den eigenen Schussversuchen ein wenig. In der 5. Minute verzog Eggestein knapp im Anschluss an einen Eckball, in der 49. Minute war der Fehlschuss nicht tragisch, da Referee Martin Petersen mithilfe des Videoassistenten ohnehin auf Strafstoß Werder nach vorangegangenem Foul an Max Kruse entschied. Die übrigen Versuche Eggesteins wurden früh abgeblockt.
Seine stärksten Szenen aber hatte Eggestein als Kombinationsspieler: Allen voran in der 73. Minute, im Vorfeld des 3:1, das von Kohfeldt nach Abpfiff völlig zurecht als „wunderschön herausgespielt“ gelobt worden war. Ausgangspunkt war ein Dribbling in den freien Raum von Eggestein in halbrechter Position, noch weit jenseits des Strafraums. Es folgte ein Anspiel auf Martin Harnik, der den Ball kurz zum auf die rechte Seite ausgewichenen Kruse weiterspielte. Mittlerweile hatte Eggestein sich mit einem cleveren Lauf in den Strafraum wieder anspielbar gemacht, konnte die folgenden Flanke von Kruse überlegt mit dem Hinterkopf verlängern – und wenige Sekunden später mit Milot Rashica jubeln, der am zweiten Pfosten freistehend gewartet hatte.
Eine ähnlich starke Szene ereignete sich in der Schlussphase der Partie ein weiteres Mal, als Rashica einen Steckpass Eggesteins bewusst durch die Beine laufen ließ, um ein Anspiel auf den dahinter durchgestarteten Kruse zu ermöglichen. Der scheiterte in aussichtsreicher Position an Schalke-Keeper Alexander Nübel. Dennoch bleibt festzuhalten: So gute Chancen wie Eggestein, der gleich vier Abschlüsse auflegte, kreierte an diesem Freitagabend niemand sonst auf dem Platz.
Dass Eggestein das in der kommenden Saison auch im BVB-Trikot so zeigen könnte, ist fraglich. Denn: Dort sind vor allem Qualitäten als Taktgeber und Stabilisator im defensiven Mittelfeld gefragt. Eggestein versuchte lediglich drei lange Pässe, für Verlagerungen und Rhythmuswechsel sind bei Werder andere Spieler zuständig. Eggestein ist vielmehr die Mittelfeld-Variante dessen, was bei Ex-Nationalspieler Thomas Müller mit dem Begriff „Raumdeuter“ umschrieben worden ist: Ein spielintelligenter, laufstarker Spieler mit einer sehr soliden Technik, der in der Offensive enorm clever die richtigen Zonen besetzt und auf diese Weise für Gefahr sorgt. Bei Werder nimmt Eggestein eine Rolle ein, in der seine Stärken bestens zur Geltung kommen – ein Punkt, der auch bei der Karriereplanung eine Rolle spielen könnte.