Wer den Spielern und Verantwortlichen des SV Werder Bremen in diesen Tagen so zuhört, der fragt sich zwangsläufig: Haben die sich abgesprochen? Denn alle begegnen der im Umfeld aufkommenden Angst vor dem Abstiegsstrudel mit schon auffälliger Verwunderung. Trotz der sechs sieglosen Spiele in Folge beschäftigt sich bei den Grün-Weißen derzeit niemand mit einem möglichen Absturz, der mit einer Niederlage am Samstag beim Tabellenschlusslicht Hertha BSC (15.30 Uhr) durchaus Fahrt aufnehmen könnte. Doch so denken Ole Werner und sein Team nicht. „Unser Blick geht immer nach vorne“, betont der Coach und erklärt ausführlich diese Grundhaltung.
„Wir haben uns nicht abgesprochen, was wir öffentlich sagen“, versichert der 34-Jährige: „Uns ist nur vom ersten Tag an klar, worum es für uns geht: In dieser Liga zu bleiben! Das schafft man am besten mit dem Blick nach vorne auf die eigenen Stärken. Als wir in die Winterpause gegangen sind, hatten wir sieben Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz, nach der Hinrunde fünf. Jetzt sind es acht. Für mich ist es immer das Gleiche: Ich hole Woche für Woche alles aus mir heraus und versuche, auch alles aus der Mannschaft herauszuholen, um unser Ziel zu erreichen. Das hat sich im Bewusstsein der Mannschaft nicht geändert – und das ist auch gut so!“
Der Tunnelblick auf das nächste Spiel soll alle Ablenkung verhindern. Wenngleich Werner auch nichts von irgendeiner Ignoranz wissen will. „Jeder Spieler kennt die Tabelle, und wir kennen die auch!“ Als Zwölfter steht Werder dort nach 28 Spieltagen für einen Aufsteiger trotz des Negativtrends immer noch ordentlich da. Aber der Vorsprung kann auch schnell schmelzen, wenn die nächsten beiden Spiele gegen direkte Konkurrenten (erst Hertha, dann Schalke) verloren gehen. Und danach warten die Topteams FC Bayern und RB Leipzig. Doch damit will sich Werner partout nicht beschäftigen: „Wichtig ist für uns immer die nächste Aufgabe. Es bringt uns für Berlin gar nichts, was in drei oder vier Spieltagen sein könnte – sowohl positiv wie negativ. Damit sind wir bislang sehr gut gefahren.“
Zumal die Aufgabe in Berlin ohnehin eine ganz spezielle ist. Die Hertha hat sich doch noch von ihrem Trainer Sandro Schwarz getrennt und wieder einmal Pal Dardai als Retter zurückgeholt. Das mache die Vorbereitung etwas schwieriger, so Werner: „Meistens sind dann Dinge etwas unklarer, weil man nicht genau weiß, in welcher Grundordnung und mit welchem Personal der Neue antritt.“ Beim Ex-Herthaner und Dardai-Kenner Niklas Stark, der aktuell in der Werder-Abwehr gesetzt ist, habe er sich ein paar Tipps geholt, so Werner. Aber letztlich sei es bei solchen Konstellationen wichtiger, „dass man sich noch mehr auf die eigene Mannschaft und die eigenen Stärken konzentriert“.
Fritz ermahnt Werder-Profis
Clemens Fritz gibt derweil ein bisschen den Mahner, wie es sich für einen Leiter Profifußball gehört. Der Ex-Profi rechnet nach dem Trainerwechsel fest damit, „dass die Mannschaft von der ersten Minute an Gas geben wird“. Eine große Rolle könnte dann auch die Kulisse spielen. Die Hertha-Fans lieben ihren Dardai und werden allein schon für ihn die Mannschaft nach vorne treiben. „Da müssen wir von der ersten Minute an dagegen halten“, fordert Fritz.
Die Werder-Profis werden dabei alles andere als allein sein, es hat sich eine gewaltige Unterstützung angekündigt: Über 20 000 Werder-Fans sollen ins Olympiastadion kommen, das mit 75 000 Besuchern ausverkauft sein wird. „Dann ist es ein richtig tolles Stadion mit einer tollen Atmosphäre“, schwärmt Fritz, der sich gerne an das DFB-Pokalfinale 2009 erinnert. Er stand auf dem Platz, als sich die Bremer durch einen 1:0-Sieg gegen Bayer Leverkusen (Torschütze: Mesut Özil) den Titel sicherten. „Mit dem Ergebnis könnte ich gut leben“, sagt Fritz und grinst zufrieden.
Für Werner gilt das freilich auch. In seiner ersten Saison als Bundesliga-Trainer sind solche Spiele ganz besondere Momente: „Das wird ein geiles Auswärtsspiel. Und wir wollen nach Möglichkeit eine gute Leistung bringen, um auch danach sagen zu können, dass es geil war.“