Nicht nur wegen der fünf Punkte aus den ersten drei Spielen sehe ich Werder auf einem richtig guten Weg: Alles, was rund um die Mannschaft und im Verein gerade passiert, sieht wieder sehr vernünftig und geordnet aus. Auch die Personalpolitik der vergangenen Wochen stimmt mich optimistisch: Die sportlichen Entscheider Frank Baumann und Clemens Fritz haben auf dem Transfermarkt gute Entscheidungen getroffen. Und überhaupt muss man sagen: Der Verein strahlt endlich wieder Ruhe aus, das ist wichtig und tut auch der Mannschaft nach wilden Zeiten jetzt gut.

Der langjährige Werder-Torhüter Oliver Reck schreibt für die Leser des WESER-KURIER.
In Bremen ist wieder etwas zusammengewachsen. Durch den Aufstieg ist ein sehr guter Teamgeist entstanden – und es war richtig und wichtig, dass etwa 90 Prozent der Aufstiegsmannschaft zusammengeblieben sind. Dieses Aufstiegserlebnis hat der Mannschaft und dem Verein etwas gegeben, wovon man jetzt auch zum Start der Bundesliga noch profitiert: Euphorie! Das tut Werder gut und ist auf dem Spielfeld spürbar. So ein Spiel wie in Dortmund mit einem 0:2-Rückstand nach 80 Minuten könntest du in der Schlussphase nicht drehen, wenn viele Dinge in der Mannschaft oder im direkten Umfeld negativ laufen würden.
Man kann bei Werder also optimistisch in die weitere Saison schauen, auch wenn jedem klar sein muss, dass es auch Rückschläge geben wird. Werder wird auch mal wieder Spiele verlieren oder vielleicht mehrere Wochen nicht gewinnen. Solche Phasen gehören dazu, gerade bei einem Aufsteiger. Dann ist es wichtig, wie der Verein und das Umfeld damit umgehen. Es gab schließlich seit vielen Wochen und Monaten fast nur positive Gefühle. Leider kann und wird das nicht immer so weitergehen. Bei Rückschlägen könnte es sich auszahlen, dass ein großer Teil der Aufstiegsmannschaft noch auf dem Rasen steht, denn diese Jungs haben sich beim Publikum ein gewisses Grundvertrauen und eine Menge Kredit erspielt.
Burke bringt eine andere Dynamik ins Spiel
Zudem wurde die Aufstiegsmannschaft durch die Transfers clever ergänzt. Durch Qualität, aber auch durch Spieler, die noch ein gewisses Entwicklungspotenzial haben. Oliver Burke zum Beispiel bringt eine andere Dynamik ins Bremer Spiel. Für ihn ist das Leben in Deutschland nicht völlig neu, er hat durch seine Saison einst bei RB Leipzig schon wertvolle Erfahrungen in der Bundesliga gesammelt. Auch wenn er noch nicht auf seinem Topniveau ist, hat man jetzt schon das Gefühl, dass er Werder richtig weiterhelfen könnte. Sein Potenzial ist unverkennbar.
In der Summe macht mir das Geschehen bei Werder Mut, zu sagen: Der Verein kann den Klassenerhalt in dieser Saison ohne größere Probleme schaffen. Wichtig dafür ist aber auch die weitere Entwicklung in der Defensive. Mit Ömer Toprak hat man den klaren Abwehrchef und eine Menge Qualität verloren, auch wenn er wegen Verletzungen häufig fehlte. Jetzt muss sich die zentrale Abwehr mit den Neuzugängen Amos Pieper und auf Sicht auch Niklas Stark neu finden. Das ist ein Prozess, deshalb darf es einen nicht verwundern, dass Werder bisher stets zwei Gegentore pro Spiel kassierte. Die neue Abwehr kann nach drei Spielen noch nicht gefestigt sein, hinterlässt aber trotzdem in vielen Szenen schon einen recht stabilen Eindruck.
Die bisherigen Resultate – ein Sieg und zwei Unentschieden - sprechen nicht nur für die Offensive, sondern auch für die Abwehr, bisher hat das Team schließlich kein Spiel verloren. Wenn die Defensive noch besser abgestimmt ist, wird Werder auch mal wieder ohne Gegentor bleiben. Zudem beobachten Baumann und Fritz den Transfermarkt natürlich weiterhin sehr genau. Wenn sie das Gefühl haben, noch etwas machen zu müssen, dann werden sie das tun. Nach den ersten drei Spielen drängt sich dieser Eindruck aber nicht auf, das Bremer Spiel wirkt gut organisiert. Das gilt ganz besonders für Christian Groß. Seine Sechser-Position im defensiven Mittelfeld wird ja oft genannt, wenn es um etwaige Lücken in Werders Kader geht. Völlig zu Unrecht, wie ich finde. Als Groß in Dortmund wieder zur Verfügung stand, merkte man, wie wichtig er inzwischen für die Mannschaft ist. Er ist aus dem Mittelfeld gar nicht wegzudenken, er bringt der Mannschaft Ruhe und Stabilität und er gewinnt enorm viele Zweikämpfe – und genau darum geht es doch auf dieser Position. Das wird er auch am Sonntag gegen Frankfurt wieder zeigen.