In Werders Kader herrscht eine Menge Bewegung. Oliver Burke, Miloš Veljković und Anthony Jung sind bald definitiv nicht mehr da, auch die im Winter ausgeliehenen Profis André Silva und Issa Kaboré packen wieder ihre Koffer. Im Gegenzug kehren zwar Olivier Deman, Dawid Kownacki und Isak Hansen-Aaröen nach der Sommerpause von ihren mehrmonatigen Stippvisiten bei anderen Clubs zurück, doch es ist mehr als fraglich, ob sie wirklich länger an der Weser bleiben werden.
Und dann gibt es da ja noch die weiteren Fragezeichen im Bremer Mannschaftsgefüge: Was wird aus Marvin Ducksch? Müssen zentrale Protagonisten wie Jens Stage oder Romano Schmid verkauft werden, um die dringend benötigten Transfererlöse zu erzielen? Wie geht es für Felix Agu und Justin Njinmah weiter, bei denen es auch nicht überraschen würde, wenn ein Interessent mehr als nur anklopft? Eine richtungsweisende Entscheidung im Tor rund um Mio Backhaus steht an.
Verpflichtung ging nicht auf
Und dann ist da noch Skelly Alvero, dessen Verpflichtung im vergangenen Jahr überhaupt nicht aufging und der künftig zumindest temporär woanders spielen könnte. Kurzum: Ziemlich viele Baustellen, die bearbeitet werden müssen – aber auch ziemlich viel Konjunktiv, der bei den Transferplanungen berücksichtigt werden muss. Klingt kompliziert, doch die Bremer Verantwortlichen lassen sich davon überhaupt nicht stressen. Im Gegenteil.
„Ich sehe es nicht als Schwierigkeit, sondern als normale Herausforderung“, betont Peter Niemeyer im Gespräch mit unserer Deichstube. „Genau diese Aufgabe hat jeder andere Verein in seinem Segment auch. Wir werden versuchen, das Bestmögliche für uns dabei herauszuholen.“ Und darunter sollten es die Bremer auch nicht machen. Das immer dichtere Heranrobben an die internationalen Plätze hat endgültig Appetit auf mehr gemacht, auch in der nächsten Saison erst einmal „nur“ die 40-Punkte-Marke anzupeilen, wäre da nicht zielführend für die eigene Weiterentwicklung.
Werner: Kader zu klein
Umso wichtiger ist die Basis, die es dafür braucht. Cheftrainer Ole Werner hat ebenso wie seine Spieler auch in der abgelaufenen Spielzeit wieder bemängelt, dass der Bremer Kader eigentlich zu klein war. Und der Umstand, dass Werder immer dann eifrig Punkte sammelte, wenn es nahezu keine Ausfälle gab, spricht auch nicht gerade für die Qualität in der Breite.
In dieser Hinsicht hat der Bundesligist also fraglos Nachholbedarf – und wäre gut beraten, frühzeitig Fakten zu schaffen. Doch bekanntlich ist das einfacher gesagt als getan. Weil bei Werder einerseits „wie ein Abstiegskandidat“ bezahlt wird, wie es Ole Werner kürzlich äußerst medienwirksam formuliert hatte. Und andererseits eben finanziell wesentlich potentere Vereine recht kurzfristig die Bremer Leistungsträger stibitzen könnten.
Vorbeugen? Fast unmöglich. Auch nicht durch eine terminliche Grenzsetzung. „Nein, da wird es kein Ultimatum geben“, sagt Peter Niemeyer mit Blick auf drohende Abgänge einzelner Stammkräfte. „Der Transfermarkt ist allgemein sehr schnelllebig und dynamisch, da kann immer etwas passieren. Natürlich wollen wir gern frühzeitig Klarheit haben, denn je schneller man eine Mannschaft zusammen hat, desto besser ist es. Aber eine Garantie dafür gibt es leider nicht.“ Der 41-Jährige betont zudem: „Wir sind gut vorbereitet für dieses Transferfenster, aber hintenraus kann immer noch etwas in beide Richtungen passieren.“
Schmid und Stage mit "hohem Stellenwert"
So bleibt es vorerst beim Wunsch, dass ausgewiesene Stützen des Gesamtkonstrukts auch weiterhin im grün-weißen Trikot unterwegs sind. Romano Schmid und Jens Stage etwa. „Beide Spieler genießen bei uns einen hohen Stellenwert, sie sind auf und neben dem Platz sehr wichtig. Es ist nicht unser Bestreben, sie abzugeben“, unterstreicht Peter Niemeyer. „Und trotzdem kann es passieren, dass es zu einem Wechsel kommt. Dann ist es an uns, wieder neue Spieler oder auch Talente aus der U 19 in diese Rollen hineinzuführen.“ Werders Reifeprozess würde das deutlich verzögern – wenn nicht gar verhindern.
Doch bekanntlich ist auch im Fußball niemand unersetzlich. Wenn vielleicht auch mit viel Geduld. „Auch Jens und Romano mussten sich erst dorthin entwickeln, wo sie jetzt sind“, sagt Niemeyer exemplarisch und skizziert damit den Weg, den Werder auch weiterhin gehen will: Jüngere Spieler mit Potenzial verpflichten und eigene Talente nach oben bringen, um sie alle parallel besser zu machen. Für die wirtschaftliche Stärkung und den sportlichen Erfolg.