Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Werder-Sportchef "Vorstellbar, dass beide bleiben": Baumann über Füllkrug und Ducksch

Die Planungen für die neue Saison gehen in die entscheidende Phase – Werders Sportchef Frank Baumann hat nun erklärt, wie sich der Kader verändern wird und, ob es denkbar ist, dass Füllkrug und Ducksch bleiben.
02.06.2023, 12:47 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Daniel Cottäus

Herr Baumann, während die meisten Werder-Profis längst ihren Sommerurlaub genießen, sitzen sie weiterhin hinter dem Schreibtisch. Wie sieht Ihr Terminkalender für die kommenden Wochen aus?

Es geht vor allem darum, die abgelaufene Saison aus verschiedenen Perspektiven zu analysieren, womit wir schon angefangen haben. Dazu kommen Budget- und Kostenthemen im Hinblick auf die neue Spielzeit, die wir in der Geschäftsführung abstimmen müssen. Insgesamt werden die Planungen für die kommende Saison, die schon seit mehreren Monaten laufen, deutlich an Fahrt aufnehmen. Zwischendurch ist dann auch mal Zeit, eine Woche lang nicht in Bremen zu sein. Das ist wichtig für die Familie und für den Kopf. Das Handy wird aber angeschaltet bleiben, und es ist eher mobiles Arbeiten, auch wenn man zwischendurch vielleicht mal nicht an den Kader der neuen Saison denkt.

Der Kader ist ein gutes Stichwort. In Stürmer Dawid Kownacki hat Werder den ersten Neuzugang des Sommers bereits präsentiert. Auch Union Berlin, Hoffenheim, Augsburg und Köln wollten ihn haben. Ist der Transfer in Ihren Augen ein kleiner Coup?

Wie man es genau einordnet, möchte ich nicht bewerten. Wir sind auf alle Fälle sehr glücklich über Dawids Entscheidung für Werder. Konkurrenz gibt es bei jedem Transfer, mal ist sie namhafter, mal weniger. In der Vergangenheit haben sich schon häufiger Spieler für Werder entschieden, die andere, sehr reizvolle Optionen, auch in der Bundesliga, hatten. Zuletzt zum Beispiel Jens Stage, Niklas Stark und Amos Pieper.

Lesen Sie auch

Wie überzeugt man denn einen Kownacki, in der neuen Saison nicht für Union in der Champions League, sondern mit Werder vermeintlich um den Klassenerhalt zu spielen?

Unser Trainer (Ole Werner, Anm. d. Red.) ist in den Anbahnungsgesprächen mit den Spielern eine ganz wichtige Person. Ole kann Spieler für Werder und unsere Idee vom Fußball begeistern. Zudem haben wir zwei Stürmer im Kader, die zuletzt in der Bundesliga zweistellig getroffen haben. Daran sieht man als umworbener Angreifer sehr deutlich, dass bei uns offensiv gedacht wird. Dazu kommt natürlich der Verein als solcher mit seiner Geschichte, Identität und der großartigen Unterstützung der Fans. Das ist vielen Spielern sehr wichtig. Auch bei Amos Pieper hat es vor einem Jahr dazu beigetragen, dass er am Ende bei Werder Bremen gelandet ist.

Bei einem Abstieg wäre der Kownacki-Transfer nicht zustande gekommen. Gab es für Sie im Saisonfinale einen Moment, an dem Sie sich sicher waren: Da brennt nichts mehr an?

Das Gefühl, dass wir drinbleiben, hatte ich während der gesamten Saison. Die Mannschaft hatte einerseits die Qualität, um die nötigen Punkte zu holen und hat dabei andererseits nie den Fokus verloren. Natürlich hatten wir auch schwierige Phasen zu überstehen, ein Selbstläufer war der Klassenerhalt definitiv nicht. Wir haben viele Rückschläge gut verdaut. Deswegen habe ich nie daran gezweifelt, dass wir am Ende in der Liga bleiben.

Die ganz große Klassenerhaltsparty ist allerdings ausgeblieben. Warum?

(überlegt lange) Ein kleiner Faktor war bestimmt, dass das letzte Spiel gegen Köln nicht unser bestes war. Da schaltet man nicht sofort in den Partymodus um, es sei denn, man hat einen Titel gewonnen oder ist aufgestiegen. Dazu kommt, dass die Mannschaft davon ausgegangen ist, das Ziel am Ende zu erreichen. Die Überzeugung war immer da. Für die Spieler war es fast schon selbstverständlich, die Liga zu halten, was aber natürlich überhaupt nicht der Fall ist. Man muss sich ja nur mal anschauen, wie viele Aufsteiger direkt im ersten Jahr wieder abgestiegen sind. Trotzdem sollte man einen Klassenerhalt nicht so feiern wie den Gewinn der Champions League.

Werders Hinrunde war stark, die Rückrunde im Vergleich dazu schwach. Inwieweit hat der negative Trend die Freude über den Klassenerhalt getrübt?

Dass wir in der Rückrunde weniger Punkte geholt haben als in der Hinrunde, ist ein Fakt. Wenn man die Leistungen in den jeweiligen Spielen in erster und zweiter Saisonhälfte aber ganz nüchtern miteinander vergleicht, ist zu sehen, dass es gar nicht so große Unterschiede gab. Wir hatten in der Hinrunde einige Spiele mit späten Toren, die also eher glücklich für uns gelaufen sind und in der Rückrunde dafür Spiele, wo wir deutlich mehr verdient gehabt hätten. Rechnet man das mit ein, gleicht es sich in meinen Augen aus. Häufig geht es um Kleinigkeiten, aber trotzdem sind wir mit der Ausbeute der letzten zehn Spiele natürlich nicht zufrieden.

Den Vertrag mit Cheftrainer Ole Werner wollen Sie über den Sommer 2024 hinaus verlängern. Und auch Werner hat bereits öffentlich erklärt, seine Zukunft in Bremen zu sehen. Ist seine Unterschrift nur noch Formsache?

Wir sind da auf einem sehr guten Weg. Mit Ole waren wir von Beginn an wirklich sehr zufrieden. Er wiederum fühlt sich in Bremen und bei Werder sehr wohl. Es sind zwar noch einige Dinge zu besprechen, da sind wir mittendrin. Es wäre aber keine ganz große Überraschung, wenn wir bis zum 1. Juli eine positive Nachricht vermelden könnten.

Ole Werner hat bereits betont, dass der Kader breiter aufgestellt werden muss. Inwieweit können Sie ihm da entgegenkommen?

Wir sind bisher in keinem Punkt in Bezug auf Kaderqualität und Einschätzung einzelner Spieler unterschiedlicher Meinung, also auch in dem nicht. Das Thema haben wir klar angesprochen. Vor der abgelaufenen Saison ging es darum, dass wir mindestens 15, 16 Spieler zusammen haben, die uns die Qualität für die Bundesliga garantieren. Natürlich können wir bei unseren finanziellen Möglichkeiten nicht alle 25 Position gleichwertig stark besetzen. Auch jetzt nicht. Es geht aber darum, dass wir uns in der Breite Stück für Stück weiterentwickeln. Das ist unser Ziel.

Lesen Sie auch

Im vergangenen Sommer hat in Ömer Toprak nur ein Leistungsträger die Mannschaft verlassen. Wie sehr wird sich der Kader jetzt verändern?

Es wird definitiv mehr Veränderungen als im vergangenen Jahr geben, aber keinen Riesenumbruch. Es kann passieren, dass uns mehr als ein Stammspieler verlässt. Das ist irgendwo aber auch gesund, weil es neue Impulse mit sich bringt. Im vergangenen Jahr haben wir Ömer verloren, ja. Dafür sind dann aber Amos Pieper und Niklas Stark für die Abwehr neu dazugekommen.

Ist es ein realistisches Szenario, dass Niclas Füllkrug und Marvin Ducksch beide bei Werder bleiben?

Das ist durchaus vorstellbar. Beide Spieler fühlen sich hier wohl und wissen, was sie an der Mannschaft, am Verein und am Trainerteam haben. Wir wissen ihre Qualitäten auch zu schätzen, das haben wir ja oft genug betont. Deshalb ist die Basis positiv. Es geht aber natürlich auch darum, was für Optionen für die Spieler am Ende da sind. Wenn ein namhafter Club mit ganz anderen finanziellen Möglichkeiten kommt, ist es nachvollziehbar und legitim, wenn sich ein Spieler damit beschäftigt. Bisher ist es aber nicht so, dass wir uns mit etwas auseinandersetzen müssten. Wir sind mit beiden Berateragenturen schon lange in Gesprächen, um ihre Verträge vielleicht auch verlängern zu können.

Die Ausstiegsklausel von Marvin Ducksch läuft am 15. Juni aus. Liegt ihm schon ein konkretes Angebot von Werder vor?

Wir haben sehr viel miteinander gesprochen. Er weiß, in welchem finanziellen Rahmen er sich bewegen kann, wenn er bleibt. Und das nicht erst seit gestern. Auch bei Niclas gleichen wir natürlich die Erwartungen und Möglichkeiten ab und möchten seine Leistungen mit einer entsprechenden Gehaltserhöhung honorieren. Wir teilen da sehr konkret unsere Vorstellung mit und sind ausführlich im Austausch.

Der sportliche Wert des Sturmduos ist unbestritten, es gibt aber auch noch einen wirtschaftlichen. Es ist bekannt, dass Werder im Sommer Transfererlöse erzielen muss, um sich finanzieren zu können. Kann es sich der Verein überhaupt leisten, Füllkrug und/oder Ducksch nicht zu verkaufen?

Das können wir erst bewerten, wenn wir wissen, was wir bekommen würden.

Na ja, die Marktwerte der Spieler und auch die Höhe von Duckschs Ausstiegsklausel kennen Sie. Eine grobe Größenordnung gibt es also.

Das ist aber trotzdem nichts, womit wir uns jetzt schon beschäftigen. Natürlich haben wir Vorstellungen, ab denen wir gesprächsbereit sind. Aber so lange noch nichts auf dem Tisch liegt, kann man sich damit nicht konkret auseinandersetzen.

Ab dem 1. Juli wird Johannes Jahns offiziell als neuer Kaderplaner eng in die Transferaktivitäten eingebunden sein. Inwieweit ist er vorher schon in die Kaderplanung involviert?

Wir sind sehr regelmäßig im inhaltlichen Austausch, mittlerweile fast täglich. Johannes ist bei den Planungen bereits dabei. Er hat auch schon den einen oder anderen Termin für Werder wahrgenommen. Spätestens ab dem 1. Juli wird er dann voll loslegen, aber gedanklich tut er es jetzt schon intensiv. Er wird ja ähnlich wie Clemens Fritz (Werders Leiter Profifußball, Anm. d. Red.) und ich auch von vielen Beratern kontaktiert.

Lesen Sie auch

Werders ehemaliger Kaderplaner Tim Steidten hat Johannes Jahns kürzlich als einen der besten Kaderplaner auf dem europäischen Markt beschrieben und sich festgelegt, dass Werders Scouting-Strategie mit ihm internationaler werden wird. Ist das der Plan?

Wir haben Johannes verpflichtet, weil er bei RB Salzburg sehr gute Arbeit geleistet hat. Sein internationales Netzwerk ist hilfreich, keine Frage. Für Salzburg war er speziell in Afrika deutlich stärker aktiv als wir es waren, was aber auch mit den Möglichkeiten zu tun hat. Salzburg kann Spieler über den FC Liefering zum Einsatz kommen lassen. So etwas geht bei uns nicht. Deswegen ist es für uns nicht ganz so interessant, einen 18-jährigen Spieler direkt aus Afrika zu verpflichten. Durch Johannes können wir unser Netzwerk sehr sinnvoll vergrößern. Es ist aber nicht so, dass mit ihm jetzt eine komplett neue Scouting-Ausrichtung kommen wird.

Clemens Fritz wird nach Jahns’ Einstieg weitere Verantwortungsbereiche übernehmen. Das führt zur Frage, was das eigentlich für den Sportchef Frank Baumann bedeutet. Haben Sie mit der Jahns-Verpflichtung schon Ihren Abgang eingeleitet?

Ich bin der Meinung, dass wir in der aktuellen Konstellation schon sehr gut aufgestellt sind und uns Johannes noch einmal sehr gut ergänzt. Ich fühle mich bei Werder sehr wohl. Deswegen hat Johannes’ Einstieg nichts mit der Planung meiner Nachfolge zu tun. Alles, was vielleicht irgendwann mal kommt, hat keine große Rolle gespielt.

Ihr Vertrag bei Werder läuft am 30. Juni 2024 aus. Werden Sie ihn erfüllen?

Ich habe immer sehr deutlich kommuniziert, dass aus meiner Sicht überhaupt nichts dagegen spricht. Ich weiß nicht, wo die Gerüchte herkommen, dass es anders sein könnte. Mein Plan ist es, den Vertrag zu erfüllen.

Und darüber hinaus? Sind Sie offen für Gespräche über eine Verlängerung?

Ich werde mich mit dem Aufsichtsrat zu gegebener Zeit in Ruhe zusammensetzen, um zu schauen, wie beide Seiten die Situation nach dem 30. Juni 2024 einschätzen. Wenn es so weit ist, bin ich auch offen für Gespräche über einen neuen Vertrag. Ich schließe nicht aus, weiterzumachen, aber jetzt sind erstmal andere Themen wichtig. Wir wollen die Grundlagen für eine erfolgreiche Saison 2023/2024 legen.

Lesen Sie auch

Herr Baumann, letzte Frage: Mit welchem Ziel wird Werder Bremen in die neue Saison gehen?

Auch in der nächsten Saison wird unser Ziel der Klassenerhalt sein, und auch dann wird es wieder nicht selbstverständlich sein, dass wir es am Ende erreichen. Ein Club mit den Möglichkeiten von Werder Bremen muss sich die Bundesliga immer wieder neu erarbeiten. Bei uns ist es nach wie vor so, dass wir finanziell mit vielen Konkurrenten nicht mithalten können. Es geht also darum, dass wir aus unseren Möglichkeiten wieder mehr herausholen als andere aus ihren. 

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)