Als alle schon mit einer Punkteteilung rechneten oder gar eine Niederlage fürchteten, war er plötzlich zur Stelle und sorgte für völlige Ekstase im Weserstadion: Oliver Burke. Der Schotte, der in der 78. Minute für den glücklosen Marvin Ducksch in die Partie gekommen war, besorgte in der 89. Minute das umjubelte Siegtor, das den glücklichen Bremern den ersehnten ersten Heimsieg der Saison bescherte. Nach einer klasse Flanke des ebenfalls eingewechselten Keke Topp schraubte sich Burke sehenswert hoch und köpfte wuchtig und unhaltbar ins rechte Eck ein. Ein Glücksmoment, auf den der Schotte lange hatte hinarbeiten müssen und über den sich ausnahmslos alle auf der Bremer Bank riesig freuten.
„Wow! Das war ein Gefühl, nach dem ich lange gesucht habe. Und endlich ist es wieder da, nach allem, was passiert ist“, schwärmte der Schotte hinterher mit leuchtenden Augen - und fügte an: „Ich freue mich sehr für die Mannschaft. Es war ein super Ball von Keke. Ich bin so glücklich und glaube, das weiß jeder.“ Denn eigentlich hätte Burke längst woanders sein sollen. Vom Matchwinner, der in der vergangenen Saison auf Leihbasis in Birmingham spielte, wollte Werder sich im Sommer trennen, weil man keine Verwendung mehr für ihn hatte. Doch ein Wechsel kam nicht zustande. Stattdessen blieb der 27-jährige Angreifer zur Überraschung aller an der Weser, nahm die schwierige Situation an und kämpfte sich eindrucksvoll zurück.
„Wie Oliver Burke das Stadion zum Beben bringt, der hier schon ein paar Mal totgesagt wurde, ist einfach eine tolle Geschichte, die er sich verdient hat, weil er drangeblieben ist“, schwärmte Werder-Coach Ole Werner, der sogleich auch den Grund für Burkes Comeback lieferte: „Er gibt uns ein gutes Gefühl, wenn er reinkommt und er wird nicht eingewechselt, weil wir keine Leute haben, sondern weil er hart dafür arbeitet.“ Vor der Ausleihe nach England sei das häufig anders gewesen. „Wir haben ihm im Sommer klar gesagt, dass er jeden Tag arbeiten muss, und das heißt auch jeden Tag. Es gibt keine Ausnahme. Und genau das macht er. Das ist ein Unterschied zu vorher, wo man ihn daran oft dran erinnern musste, weil er manchmal aufgrund seiner Situation Schwierigkeiten hatte, sich wieder zu pushen.“
Doch das scheint abgehakt. Inzwischen sind bei Werder alle begeistert vom „neuen“, positiven Burke, der zuletzt fünfmal in Folge eingewechselt wurde und seine neue Rolle voll angenommen hat. „Burkey ist super im Training, er gibt Vollgas. Die letzten Jahre, als er hier war, hat er es ein bisschen schleifen lassen, so ist er halt. Aber dieses Jahr ist er top, er gibt Gas, er haut sich voll rein, er ackert im Training“, lobte Werder-Kapitän Marco Friedl. „Deshalb spielt er auch verdient und wird immer eingewechselt. Mit seiner Stärke, seiner Sprungkraft, seinem Speed kann er eine Waffe sein. Zum Glück funktioniert es bei ihm gut, und ich freue mich extrem für ihn.“ Dem schloss sich auch Niklas Stark an: „Ich habe gelesen, dass er es genießt, hier im Verein zu sein. Wir genießen es genauso, dass er bei uns ist. Er ist ein sehr positiver und guter Spieler und Mensch.“
Zur Erinnerung: Für Burke war es bereits der dritte wichtige, ganz späte Treffer für Werder. Die letzten beiden erzielte der Ex-Nationalspieler in der vorletzten Saison beim 2:2 gegen den VfB Stuttgart und dem legendären 3:2 bei Borussia Dortmund – jeweils in der fünften Minute der Nachspielzeit. „Diese Geschichten schreibt nur der Fußball, ich freue mich wahnsinnig für ihn, dass er heute das entscheidende Tor geschossen hat“, wurde auch Werders Leiter Profifußball Peter Niemeyer euphorisch.
Für Burke war der Treffer gegen Kiel „einfach ein Zeichen dafür, wie hart ich gearbeitet habe. Hinter mir liegen harte Momente. In der Vorbereitung musste ich beim Training zusehen, jetzt stehe ich endlich wieder auf dem Platz. Dafür ein großes Dankeschön an den Trainer, dass er mir die Möglichkeit gegeben und an mich geglaubt hat. Es hat sich ausgezahlt und hoffentlich geht es weiter." Denn Burke will nun unbedingt beweisen, dass sein erfolgreiches Comeback keine Eintagsfliege war. Schließlich läuft sein Vertrag an der Weser im kommenden Sommer aus. Ob er sich eine längere Zukunft in Bremen vorstellen kann?
"Na klar. Ich würde es lieben, aber das entscheide nicht ich. Ich muss mich beweisen, den Fuß auf dem Gas lassen, und alles andere regelt sich hoffentlich von alleine." Für Bremen und Werder hat er zum Abschluss sogar noch eine echte Liebeserklärung parat: "Ich liebe es, hier als Spieler zu sein. Es ist ein super Verein und ein toller Ort für mich. Es ist einfach ein Genuss, das Trikot wieder anziehen zu können und vor diesen Fans zu spielen. Sie sind großartig. Das sind die Momente, von denen du als Kind träumst. Für mich ist das magisch."