Es hatte sich über den Tag mehr und mehr angedeutet, hatte dabei fast schon den Status eines offenen Geheimnisses erreicht, ehe der SV Werder Bremen am Freitagabend um exakt 18.30 Uhr folgende Meldung offiziell machte: Rafael Borré wechselt auf Leihbasis für ein Jahr von Eintracht Frankurt an den Osterdeich, womit die Bremer am letzten Tag der Sommer-Transferphase, am sogenannten „Deadline Day“, auf den Abgang von Stürmer Niclas Füllkrug reagierten. Der 30-Jährige war tags zuvor für eine Ablösesumme von 14 Millionen Euro plus möglicher Bonuszahlungen zu Vizemeister Borussia Dortmund gewechselt – was Werder unter Zugzwang setzte. Letztlich machte der Klub den Deal mit Borré kurz vor Toreschluss perfekt. Nach Informationen der Deichstube war der Kolumbianer allerdings nicht die Wunschlösung. Vielmehr hatten sich die Bremer Verantwortlichen vor und am „Deadline Day“ noch mehrfach umorientieren müssen.
Weil der Deal am Ende dementsprechend spontan über die Bühne gehen musste, war Borré am Freitag gar nicht in Bremen vor Ort, sondern absolvierte den obligatorischen Medizincheck in Frankfurt. Während des Heimspiels gegen den FSV Mainz 05 (Sonnabend, 15.30 Uhr) wird der Stürmer zwar im Weserstadion erwartet, allerdings nur als Zuschauer, denn spielen darf er noch nicht. „Zum einen war es nicht mehr möglich, ihn auf die Spielberechtigungsliste zu setzen, da die Frist dafür am Freitagnachmittag endet, und zum anderen wird er erst am späten Freitagabend in Bremen sein“, ließ sich Werders Leiter Profifußball Clemens Fritz in der Mitteilung des Klubs zitieren.
Borrés Bremen-Besuch wird übrigens zur kurzen Stippvisite: Am Sonntag steht für ihn die Reise zur kolumbianischen Nationalmannschaft an. Der 27-Jährige zählt zum Aufgebot für die WM-Qualifikationsspiele gegen Venezuela (Freitag, 8. September) und in Chile (Mittwoch, 13. September). Vier Tage nach dem Chile-Spiel steht Werders Bundesliga-Auswärtspartie in Heidenheim an. Unwahrscheinlich, dass Borré dann schon ein Kandidat für die Startelf ist.
Werders grundsätzlicher Freude über den Last-Minute-Transfer tut das aber keinen Abbruch. „Nach dem Wechsel von Niclas zu Borussia Dortmund war für uns klar, dass wir im Angriff noch etwas tun möchten. Mit Rafael ist uns dies gelungen“, sagte Fritz, ehe er darauf verwies, dass Borré ein ganz anderer Spielertyp als Füllkrug sei, um Vergleiche des Neu-Bremers mit dem deutschen Nationalspieler zu vermeiden.
Borré war eigentlich zu teuer
Rafael Borré hatte nie auf der Kandidatenliste für den Fall eines Füllkrug-Abgangs gestanden. Dafür war er schlicht zu teuer gewesen. Eintracht Frankfurt pochte lange Zeit auf einen festen Transfer mit einer Ablösesumme in Höhe von acht Millionen Euro, was den Bremern zu viel Geld war. Plötzlich ergab sich die Möglichkeit, den 1,74 Meter großen Angreifer auszuleihen – und das zu einem vergleichsweise schmalen Kurs. Nach Informationen der Deichstube liegt die Leihgebühr für Borré unter einer Million Euro und lässt sich durch die Anzahl der Einsätze sogar weiter reduzieren.
In Frankfurt war Rafael Borré in der vergangenen Saison sportlich aufs Abstellgleis geraten, nachdem er im Mai 2021 noch zum großen Helden avanciert war. Im Finale der Europa League traf der Stürmer gegen die Glasgow Rangers zunächst zum 1:1 und rettete sein Team damit in die Verlängerung. Im folgenden Elfmeterschießen verwandelte er dann den entscheidenden Strafstoß zum Titelgewinn. Trotzdem verlor er seinen Stammplatz unter Trainer Oliver Glasner. Auch dessen Nachfolger Dino Toppmöller setzte nicht mehr auf Borré, den Frankfurt 2021 ablösefrei vom argentinischen Spitzenklub River Plate geholt hatte.
In Bremen möchte der Angreifer seiner ins Stocken geratenen Karriere nun neuen Schwung verleihen. „Ich habe Werder als Gegner erlebt und war davon begeistert, mit welcher Leidenschaft sie die Spiele angehen“, sagte er. Und natürlich hofft auch Werder darauf, dass Borré die Trennung von Füllkrug sportlich etwas weniger schmerzhaft erscheinen lässt. Auch Namen wie Sydney van Hooijdonk (FC Bologna) und Luka Jovic (AC Florenz) sollen übrigens auf der Bremer Stürmer-Shortlist gestanden haben. Am Ende wurde es allerdings Rafael Borré