Der nächtliche Wintereinbruch hatte ganze Arbeit geleistet. Der Rasen im Braunschweiger Eintracht-Stadion war bei Minustemperaturen komplett überfroren, doch der Schnee war pünktlich zum Testspiel des SV Werder Bremen beim Zweitligisten aus der Löwenstadt weitgehend beseitigt worden. Die Generalprobe vor dem Liga-Restart am kommenden Wochenende beim VfL Bochum (Sonntag, 15.30 Uhr) geriet aber auch deshalb zur eisigen Angelegenheit, weil Werder beim Tabellenvorletzten des Unterhauses maßlos enttäuschte, abermals erhebliche Auswärtsschwächen offenbarte und komplett verdient mit 1:3 (0:2) verlor.
„Wir haben unter der Woche sicherlich viele Probleme gehabt und zwischenzeitlich nur mit 13 Mann trainiert, trotzdem darf das keine Ausrede dafür sein, wie wir heute gespielt haben“, bemängelte Cheftrainer Ole Werner und wurde deutlich: „Jedem muss klar sein, worum es geht. Vor uns liegen die vielleicht wichtigsten Wochen der Saison, weil wir gegen viele direkte Konkurrenten spielen.“
Wie es sich für einen echten Formtest gehört, gewährte Werner bei der Aufstellung keinerlei Raum für Experimente und vertraute weitgehend seinem A-Team. Vor Torhüter Michael Zetterer verteidigten Niklas Stark, Kapitän Marco Friedl und Anthony Jung in der Dreierkette, Mitchell Weiser (rechts) und Olivier Deman (links) waren auf den Außenbahnen unterwegs, während Jens Stage abermals als Sechser agierte. Davor bildeten wie in weiten Teilen der Hinrunde Leonardo Bittencourt und Romano Schmid das offensive Mittelfeld, neben Marvin Ducksch stürmte Justin Njinmah von Beginn an. Der wechselwillige Rafael Borré, der unter der Woche krankheitsbedingt kürzer hatte treten müssen und auch beim Abschlusstraining am Samstag noch ordentlich gehustet hatte, saß auf der Bank.
Grün-weiße Defensive wieder einmal löchrig
Von dort aus sah der Kolumbianer, dass die Gastgeber nach nicht einmal zwei Minuten die erste gute Gelegenheit hatten. An der Strafraumgrenze kam Rayan Philippe zum Abschluss, doch der Ball landete scheppernd an der Latte. Kurz darauf spielte Deman den Ball völlig unbedrängt in die Füße eines Gegenspielers, doch auch dieses Mal wurde das Ziel knapp verfehlt (5.). Wenig überraschend führte Braunschweig wenig später dann aber doch, denn Fabio Kaufmann wurde nach einer Flanke kaum angegriffen und traf ins lange Eck (10.).
Werder war ziemlich kalt erwischt worden und taute erst jetzt ganz langsam auf. Nach einer kurz ausgeführten Ecke wurde es auch erstmals gefährlich, als Stage auf Ducksch flankte, der wiederum auf Stark ablegte. Der Flugkopfball des unbedrängten Innenverteidigers geriet aber zu zentral und wurde pariert (17.). Drei Minuten später probierte es Ducksch dann per Freistoß aus zentraler Position, wirklich gefährlich wurde es aber nicht. Umso brisanter wurde es in der nächsten Szene, als Ducksch mit Weiser kombinierte, dessen Schuss jedoch am Innenpfosten landete (24.). Danach war Ducksch selbst im Aluminium-Pech, als er einen Freistoß auf den Querbalken setzte (33.). Kurz darauf schickte Zetterer mit einem schnellen Abschlag Njinmah auf die Reise, aber der folgende Schuss des Youngsters streifte am Eintracht-Tor vorbei (38.).
Der Ausgleich lag also mehr als in der Luft – stattdessen setzte es das 0:2. Nach einem Bremer Angriff leitete Braunschweig mit einem Steilpass in die Spitze einen Konter ein, Friedl sah im Sprintduell mit Philippe nur die Hacken seines Gegenspielers. Der Offensivmann der Niedersachsen überwand danach auch überlegt Zetterer (41.). Fast hätte es sogar noch das 0:3 vor der Pause gegeben, als ein Friedl-Fehler den nächsten Gegenangriff begünstigte, doch Kaufmann schoss vorbei (44.).
Nick Woltemade sorgt für Ergebniuskosmetik
Unmittelbar nach dem Seitenwechsel war das dritte Gegentor dann aber fällig. Anthony Jung verlor den Ball im Spielaufbau, die Heimelf, die einmal komplett das Personal getauscht hatte, kam mit wenig Mühe vor das Tor – der freistehende Thorir Helgason vollendete schließlich (47.). Die Braunschweiger Fans im mit 4275 Zuschauer gefüllten Stadion waren da längst in Feierlaune und sangen passend zur sich anbahnenden Bremer Blamage: „Ihr könnt nach Hause fahr’n“.
Es dauerte bis zur 58. Minute, ehe die Bremer wieder auffällig wurden. Leonardo Bittencourt durfte ungestört dribbeln und probierte es aus der Distanz, setzte den Ball aber knapp neben das Gehäuse. Das war es dann aber auch für lange Zeit. Werder agierte mittlerweile ideenlos, leistete sich zahlreiche Ungenauigkeiten im Aufbau und erweckte nicht wirklich den Eindruck, sich mit aller Macht gegen die drohende Niederlage stemmen zu wollen. Ein Bittencourt-Schuss an den Pfosten (72.) sorgte wenigstens noch für etwas Gefahr. Ja, das Glück war am Sonntagnachmittag sicherlich nicht auf Seiten der Grün-Weißen – am enttäuschenden Gesamteindruck änderte das allerdings nichts. Ebenso wie der späte Ehrentreffer des eingewechselten Nick Woltemade (83.).
In der Bundesliga muss Werder nächste Woche ein komplett anderes Gesicht zeigen. Sonst droht altbekanntes Ungemach. „Wenn wir so in Bochum auftreten, kassieren wir so viele Tore wie letztes Jahr zum Auftakt in Köln“, mahnte Werders Leiter Profifußball Clemens Fritz und erinnerte damit an die 1:7-Klatsche gegen den „Effzeh“. „Wir hatten das einzige Testspiel vor dem Restart – und da erwarte ich dann doch einen anderen Auftritt, eine andere Intensität und ein anderes Miteinander.“
SV Werder Bremen: Zetterer – Stark (68. Groß), Friedl, Jung, Weiser, Stage (46. Lynen), Deman, Bittencourt, Schmid (68. Woltemade), Ducksch (68. Borré), Njinmah (68. Kownacki)