Ist die Lage beim SV Werder Bremen auch noch so unbequem, Frank Baumann versteckt sich nicht und stellt sich den Fragen der Öffentlichkeit. Nicht nur das, er versucht auch, passende Antworten zu liefern. Geht es allerdings um seine eigene Zukunft als Geschäftsführer Fußball bei den Grün-Weißen, dann wiegelt der 47-Jährige lieber freundlich ab. Damit möchte er nicht so gerne im Blickpunkt stehen. Dabei deutet immer mehr darauf hin, dass seine Ära als Sportchef nicht mehr ganz so lange andauert.
Wie jetzt bekannt wurde, hat sich Baumann aus der prominent besetzten Kommission Fußball der Deutschen Fußball-Liga (DFL) zurückgezogen. „Ich habe mich entschieden, aus persönlichen Gründen nicht mehr zur Wahl anzutreten“, bestätigt Baumann auf Nachfrage unserer Deichstube. Ende vergangenen Jahres war das Gremium turnusgemäß neu zusammengestellt worden – wieder für drei Jahre. Der Zeitraum habe in seinen Überlegungen durchaus eine Rolle gespielt, so Baumann. Wenn er eine Aufgabe übernehme, dann müsse dies auch für den kompletten Zyklus gelten.
Was für ihn bedeuten würde, dass er mindestens noch drei Jahre für Werder arbeitet. Ansonsten ergibt es wenig Sinn, der Kommission Fußball anzugehören. Die hat zwölf Mitglieder – Sebastian Kehl (Borussia Dortmund), Markus Krösche (Eintracht Frankfurt), Simon Rolfes (Bayer Leverkusen), Hasan Salihamidic (FC Bayern) und Klaus Allofs (Fortuna Düsseldorf) sind die bekanntesten. Offenbar kann Baumann nicht garantieren, dass er noch so lange bei Werder ist.
Frank Baumann führt Clemens Fritz an neue Aufgaben heran
Der 47-Jährige hat mal gesagt, dass er mit spätestens 50 eine Pause einlegen und seinen Job bei Werder aufgeben möchte. Sein Vertrag bei den Grün-Weißen endet in gut 15 Monaten, eine Verlängerung ist aktuell kein Thema. Im Umfeld des Klubs wird bereits gemutmaßt, dass Baumann sogar schon früher – nach dieser Saison oder im Herbst nach Ende der Transferperiode – Werder verlassen könnte. Seine DFL-Entscheidung würde dazu passen. „Man sollte die Bedeutung dieser Kommission nicht überbewerten. Deshalb glaube ich auch nicht, dass man daraus Rückschlüsse auf meine Zukunft ziehen sollte“, sagt Baumann.
Interessanter ist, was Baumann nicht sagt: dass er auf jeden Fall bis zum Ende seines Vertrags im Sommer 2024 bei Werder bleibt. Es kommt nur der Hinweis, dass er bislang alle seine Verträge erfüllt habe – auch seinen Ehevertrag. Dann lacht der Ex-Profi, um das Thema auf charmante Weise zu beenden. Er braucht diese öffentliche Aufmerksamkeit nicht, der Kapitän der Double-Saison regelt diese Angelegenheiten lieber im Hintergrund.
Dabei ist er alles andere als untätig. Baumann versteht sich nicht als Alleinverantwortlicher, er kann auch abgeben. So hat er seinen ehemaligen Teamkollegen Clemens Fritz peu à peu zu einem möglichen Nachfolger aufgebaut. Dass vor ein paar Wochen die Verpflichtung von Johannes Jahns als künftiger Kaderplaner bekannt gegeben wurde, passt da sehr gut ins Bild. Der Neue vom FC Red Bull Salzburg übernimmt Aufgaben von Fritz, der wiederum Aufgaben von Baumann. Dem Geschäftsführer Fußball war dabei ganz wichtig, dass diese Umstrukturierung auch als Beförderung von Fritz wahrgenommen wird. Der Leiter Profifußball, wie er aktuell noch heißt, bestätigte wiederum nur wenig später, dass er Baumann sehr gerne beerben würde. „Ich kann mir das grundsätzlich vorstellen. Sonst würde ich mich ja auch nicht weiterbilden“, sagte der 42-Jährige dem „Kicker“.
Werder Bremen würde gerne mit Baumann verlängern
Auch intern gilt Fritz als Favorit auf die Baumann-Nachfolge. Aufsichtsratsvorsitzender Marco Fuchs hat die Arbeit des Ex-Profis vor ein paar Wochen explizit gelobt – genauso wie Werders Vorbereitung der Zukunft. Es sei absolut sinnvoll und richtig, dass die Führungskräfte auch immer darauf achten würden, was nach ihrer Zeit im Unternehmen passieren könnte. Als Fuchs dies sagte, ging es eigentlich um Klaus Filbry. Der Aufsichtsrat hatte den Vertrag mit dem Vorsitzenden der Geschäftsführung vorzeitig bis 2026 verlängert. Filbrys Kontrakt wäre 2024 ausgelaufen – wie der von Baumann.
Beim Sportchef sehen Fuchs und Co. aktuell dagegen keinen Handlungsbedarf. Dabei ist die Wertschätzung enorm. Dass Baumann Werder nach dem Abstieg wieder auf Kurs gebracht hat, wird ihm sehr hoch angerechnet. Die Kontrolleure würden wahrscheinlich sofort mit ihm verlängern, wollen sich aber zu diesem Zeitpunkt auch keine Absage einhandeln. Denn Baumann hat intern das Signal gegeben, dass er aktuell dazu keine Gespräche führen möchte.
Alles scheint möglich. Wobei ein Ausstieg von Baumann direkt nach der Saison sehr unwahrscheinlich ist. Im Sommer warten gerade auf dem Transfermarkt zu viele knifflige Aufgaben, da wird ein Baumann dringend gebraucht. Zumal Jahns gerade erst angefangen haben wird. Passender wäre da schon ein Rückzug im Herbst – oder dann doch erst am Vertragsende. Dass der Ex-Nationalspieler noch länger bleibt, ist inzwischen schwer vorstellbar. Die bislang sieben Jahre als Sportchef haben ihn mit Abstieg und Aufstieg schwer gefordert. Und es wäre nicht seine erste freiwillige Auszeit: Nach der Profi-Karriere und seinem ersten Engagement bei Werder als Funktionär hat er sich jeweils eine längere Pause gegönnt.