Dieser vermaledeite Februar. Auch drei Monate später ist er beim SV Werder Bremen noch nicht aus den Köpfen verschwunden. Vor allem jetzt nicht, wo alle Hoffnungen auf eine Rückkehr nach Europa nach dem 0:0 gegen RB Leipzig begraben werden müssen. Rein theoretisch ist die Chance zwar noch immer vorhanden, aber angesichts von drei Punkten und 18 Toren Rückstand auf den Tabellensechsten aus Mainz mag vor dem Saisonfinale in Heidenheim (Sonnabend, 15.30 Uhr) niemand mehr an ein mathematisches und fußballerisches Wunder glauben.
„Wenn man überlegen möchte, wo wir die Punkte haben liegen lassen, ist es der Anfang des Kalenderjahres“, sagt Werder-Coach Ole Werner. „Da haben wir anfangs noch ganz gute Leistungen gezeigt, aber dann wegen der Personalprobleme viele Punkte liegen gelassen.“ Auch Peter Niemeyer als Leiter Profifußball erklärt: „Wenn man sieht, wie wir jetzt über Wochen gepunktet haben, kann man der Mannschaft keinen Vorwurf mehr machen. Es war der Februar, der einfach zu lang war.“
Chancen gab es genug, aber keine Tore
Und doch: Fast hätten die Bremer ihre Winter-Diät mit vier verlorenen Ligaspielen in Serie, zu der auch noch das schmerzhafte Aus im DFB-Pokal gegen Bielefeld kam, korrigiert bekommen. Aber eben nur fast. Gegen St. Pauli (0:0) und vor allem zuletzt bei Union Berlin (2:2) hatten die Norddeutschen das Siegen versäumt, die negative Krönung folgte nun gegen die Sachsen. Werder lief an, wollte unbedingt – und wurde dabei vom Publikum im Weserstadion frenetisch angetrieben. 21 Torschüsse hatten die Statistiker am Ende notiert, richtig dicke Möglichkeiten waren dabei. Doch die Werder-Profis brachten den Ball einfach nicht über die Linie.
Mal gab RB-Keeper Peter Gulacsi den Spielverderber, dann verhedderte sich Romano Schmid bei einem Sololauf am Torhüter, anstatt vorher abzuschließen. Felix Agu schoss aus bester Position weit über das Tor, Oliver Burke hatte auch nicht mehr Glück. Die Datenbanken ratterten, spuckten hohe Trefferwahrscheinlichkeiten für den SVW aus und prognostizierten eine gerade einmal zweiprozentige Eventualität, dass kein Tor gelingen würde – doch genau so kam es.
„Wir haben vielleicht eine unserer besten Saisonleistungen gezeigt“, urteilt Ole Werner, was den Beigeschmack des Unentschiedens nur noch bitterer erscheinen lässt. Auch weil die Rahmenbedingungen mit Fanmarsch und Co. perfekt waren. „Der Verein und die Stadt haben noch einmal bewiesen, was sie für eine Wucht entfalten können. Die Mannschaft hat mit einer sehr couragierten Leistung ihren Teil dazu beigetragen“, sagt Werner. „Das Einzige, was wir leider nicht haben, ist das richtige Ergebnis dazu. Dass dieses mitreißende Fußballspiel 0:0 ausgeht, ist schwer zu erklären.“
Veränderungen im Kader: Wie sieht die nächste Saison aus?
Für Werder bleibt somit auch in der neuen Saison nur die Zuschauerrolle, wenn unter der Woche um kontinentale Trophäen gefochten wird. Seit 2010 erstrahlte das Flutlicht nicht mehr auf europäischer Bühne am Osterdeich, ab Sommer muss nun der nächste Anlauf genommen. Dem Kader stehen einige Veränderungen bevor, sowohl in der Kabine als auch auf dem Rasen werden sich neue Dynamiken ergeben – und ergeben müssen. Amos Pieper baut darauf, dass die Erlebnisse des jetzigen Ligaendspurts dennoch eine positive Auswirkung auf die Zukunft haben. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass wenn du eine gute Rückrunde spielst, dir das für die nächste Saison einiges gibt, an das du anknüpfen kannst“, erklärt der Innenverteidiger. „Trotzdem wird es kein Selbstläufer. Aber ich bin mir sicher, dass wenn wir uns wiedersehen und in die Saisonvorbereitung gehen, wir uns an viele gute Abläufe und Spiele erinnern können.“
Abwehrkollege Niklas Stark sieht es ganz ähnlich und schöpft seine Zuversicht auch aus dem vergangenen Dezember, als Werder schon einmal länger ohne Niederlage geblieben war. „Wir hatten jetzt zweimal solche Phasen und wissen also, dass wir das nicht nur einmal in einer Saison starten können“, sagt er. „Das wird uns auf jeden Fall in der nächsten Saison helfen.“ In der Hoffnung, dass es dann endlich mit dem internationalen Geschäft klappt. Vermutlich wird Werder dafür die nächste Steigerung seit dem Wiederaufstieg brauchen. Bislang zeigte der Trend stetig nach oben. „Wir stehen bei 48 Punkten, was für uns nicht so schlecht ist“, sagt Chefcoach Werner. „Ich denke, dass wir als Verein in dieser Saison noch einmal einen großen Schritt gemacht haben.“ Nur für Europa war er eben noch nicht groß genug.