Manchmal sind es die kleinen Momente, die für Erstaunen sorgen. So wie am Freitagmittag, als Niklas Moisander in einer gemütlichen Medienrunde über die freie Kapitänsbinde, den Abgang von Max Kruse und die derzeitigen Problemchen in der Abwehr sprach. Viel wichtiger war aber das, was er dazwischen einstreute. Da redete der Finne nämlich plötzlich über seinen Vertrag. Das Erstaunlich: Gemeinhin war angenommen worden, dass Moisander noch zwei Jahre in Bremen fix vor sich hat. So ist es aber eben nicht: „Ich habe eigentlich nur noch ein Jahr Vertrag“, sagte er und lächelte verlegen.
Wenn es um die Arbeitspapiere der eigenen Spieler geht, dann schweigt man bei Werder beharrlich. „Zu Vertragslaufzeiten äußern wir uns generell nicht“, ist einer der Sätze, die Sportchef Frank Baumann beinahe gebetsmühlenartig bei entsprechenden Gelegenheiten verwendet. Und trotzdem war davon ausgegangen worden, dass Moisander bis 2021 unterzeichnet hat – so ist es beispielsweise auch in diversen Internetdatenbanken zu lesen. „Und es gibt auch keine Klausel oder so etwas“, erklärte der Abwehrchef freimütig.
In der ohnehin schon brisanten Bremer Defensivsituation sorgt diese Neuigkeit zumindest für eine gewisse Extraportion Würze. Nach den Verletzungen von Sebastian Langkamp und Milos Veljkovic wird der noch urlaubende Marco Friedl ohnehin schon sehnsüchtig erwartet – der Österreicher gilt als eine Art Kronprinz für den Abwehrkönig Niklas Moisander. Die beiden Linksfüße sind ab Montag wieder vereint und dürften sich fortan viel und intensiv aufeinander einstimmen. Gut möglich, dass Moisander dabei seinen Nachfolger quasi einarbeitet. Sofern es im Sommer 2020 für den dann 34-Jährigen tatsächlich keine Zukunft an der Weser gibt.
„Wir werden sehen, was dann passiert“, sagte Moisander völlig entspannt. „Ich habe gezeigt, wie wichtig ich für Werder bislang gewesen bin. Und wenn ich fit bleibe, kann ich das sicher auch noch weitere ein, zwei Jahre sein.“ Ans Aufhören denkt er jedenfalls noch lange nicht. „Ich liebe Fußball und habe noch nicht ein einziges Mal daran gedacht aufzuhören.“
#Werder-Spieler Niklas Moisander hofft auf eine gute Saison: „Das Minimalziel ist Europa. Was anderes können wir nicht sagen.“ #Zillertal pic.twitter.com/bG8IsPntj6
— buten un binnen | Sportblitz (@SportblitzNews) 5. Juli 2019Zumal es ja noch Ziele gibt. Persönliche, aber eben auch mit Werder. „Das Minimalziel ist Europa. Etwas anderes können wir nicht sagen“, wird Moisander von „buten und binnen“ zitiert. „Wir können nicht sagen: Das letzte Jahr war gut und jetzt weiter so. Es ist sehr gefährlich im Fußball, wenn man so denkt. Ich glaube aber auch nicht, dass wir diesen Fehler machen.“ Als Antrieb taugt der Blick auf die vergangenen Monate. „Wir waren sehr nah dran an den europäischen Plätzen, aber haben sie nicht erreicht. Das war eine Enttäuschung, deshalb wollen wir jetzt noch besser werden“, betonte er.
Gut möglich, dass Niklas Moisander bei dieser Mission die Kapitänsbinde am Arm trägt. Unter anderem für Davy Klaassen ist der Finne Favorit auf das Amt, auch etliche Fans sehen in ihm den logischen Nachfolger von Max Kruse. „Ich war Vize-Kapitän, da ist es normal, dass ich als Option gesehen werde“, sagte Moisander. „Automatisch geht das aber nicht.“ Und dann gab er das Kompliment seines niederländischen Mitspielers direkt zurück. „Auch Davy könnte ein guter Kapitän sein.“ Oder vielleicht auch Maximilian Eggestein? „Maximilian könnte in der Zukunft ein guter Kapitän. Auch jetzt ist das eine Möglichkeit“, sagte der 33-Jährige, der im Laufe seiner Karriere bereits für AZ Alkmaar, Ajax Amsterdam und die finnische Nationalmannschaft die Armbinde trug. „Er ist jung, aber als Typ sehr erwachsen. Wie er denkt, arbeitet, und auch seine Stellung im Team ist schon jetzt sehr gut.“
„Verletzungen sind ein Teil des Fußballs“
Es verwundert nicht, dass Niklas Moisander auch in dieser Angelegenheit die Ruhe selbst ist. Vielleicht qualifiziert ihn auch genau das tatsächlich zu Werders nächstem Kapitän – auch wenn somit im kommenden Sommer zum dritten Mal nacheinander der Amtsinhaber den Klub verlässt. So war es bei Zlatko Junuzovic und Max Kruse schließlich ebenfalls. Doch das ist Zukunftsmusik, die endgültige Entscheidung soll ohnehin erst während des zweiten Trainingslagers in Grassau fallen.
Im Hier und Jetzt geht es für Niklas Moisander ohnehin erst einmal um andere Dinge, die Arbeit in einer personell dezimierten Abwehr zum Beispiel. „Es ist nicht optimal“, betonte er. „Für Sebastian Langkamp und Milos Veljkovic persönlich nicht, da die Vorbereitung sehr wichtig ist für taktische und körperliche Grundlagen. Für die Mannschaft sehe ich das nicht als so großes Problem – so lange die beiden fit sind, wenn die Saison losgeht. Es sind schließlich keine schweren Verletzungen.“
Aber natürlich weiß auch Niklas Moisander, dass der Druck für ihn selbst jetzt noch ein wenig höher ist. Sein Ausfall würde Werders Defensivverbund nun endgültig aus den Angeln heben. „Ich versuche, fit zu bleiben“, sagte er lachend, „aber Verletzungen sind ein Teil des Fußballs. Wir hoffen, dass sich niemand mehr verletzt.“ Niklas Moisander schob schnell noch hinterher: „Aber wissen kann man das nie.“ Und das galt dann irgendwie nicht nur für seine Gesundheit, sondern auch für die Kapitänsfrage, Werders Leistungsvermögen in der neuen Saison und – natürlich – seine eigene sportliche Zukunft.