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Selbsttest Mit der Tupperdose an die Frischetheke: Geht das in Lilienthal?

Um Müll im Alltag zu reduzieren, wird dazu geraten, eigene Verpackungen zum Einkaufen mitzubringen. Doch oft lehnen die Verkäufer dies aus Hygienegründen ab. Wir testen, wie es in Lilienthal und umzu aussieht.
10.09.2025, 18:00 Uhr
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Von Teresa Benke
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Den Müll im Alltag nachhaltig reduzieren: Dieser Aufgabe sollen sich Lilienthaler im Zuge der monatlichen "Climate Challenge" der Klima- und Artenschutzgruppe der Bürgerstiftung Lilienthal im September widmen. Helfen sollen dabei 21 nützliche Tipps – zusammengestellt vom Abfallentsorger Abfall-Service Osterholz GmbH (Aso). Dazu gehörte auch die Idee, zum Einkauf von Wurst und Käse an der Frischetheke eigene Verpackungen mitzubringen (wir berichteten). Dann der Anruf einer Leserin: Sie würde den Tipp gerne umsetzen, hätte aber die Erfahrung gemacht, dass viele Geschäfte – gerade seit der Corona-Zeit – eigene Vorratsbehälter ablehnen. Mit einer Stichprobe verschiedener Fleischereien und anderer Frischwarengeschäfte im Umkreis von Lilienthal wollen wir der Sache nun auf den Grund gehen: Kann man in den Läden seine eigenen Verpackungen mitbringen? Und welche Gründe sprechen überhaupt dafür und dagegen?

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Gibt es die Möglichkeit, Vorratsdosen mitzubringen?

Bei der Fleischerei Guido Köster in Borgfeld, ehemals Fleischerei Grabau, herrscht am Vormittag reger Betrieb. Kurz vor der Mittagszeit holen sich viele Kundinnen und Kunden den täglich angebotenen Mittagstisch ab. Meist wird auch noch ein Stück Wurst mitgenommen; besonders beliebt ist der Fleischsalat. Eine eigene Dose hat allerdings keiner dabei. Der Mittagstisch wird in Aluschalen verpackt, Wurst und Fleischsalat in Plastik. "Wenn Kunden eigene Dosen dabei haben, füllen wir die Ware aber auch da rein", sagt Celine Thölke, die seit acht Jahren bei der Fleischerei arbeitet. Sie könne dann die mitgebrachte Verpackung gemeinsam mit einer Unterlage auf die Waage legen und die richtige Menge abwiegen. Beim Mittagstisch gebe es ebenfalls die Möglichkeit, eine eigene Schüssel oder Dose zu nutzen. "Da das nicht genau abgewogen wird, können wir die einfach in die Hand nehmen und befüllen. Wir müssen nur aufpassen, dass nichts anderes berührt wird."

Auch die Fleischerei Sudmann und der Aleco-Biomarkt an der Falkenberger Landstraße haben sich Systeme überlegt, wie sie möglichst hygienisch mit den eigenen Verpackungen von Kunden umgehen. "Wir haben ein Tablett, auf dem die Dose abgestellt werden kann. Dieses Tablett kommt auf die Waage, dann wird tariert und danach kann die Ware abgewogen werden", erklärt Holger Sudmann, der die Fleischerei vor 13 Jahren von seinem Vater Horst Sudmann übernommen hat. Ausgedacht hätten sie sich diesen Ablauf während der Corona-Zeit und seitdem beibehalten. Statt eines Tabletts wird beim Aleco-Biomarkt ein Brett verwendet. "Das waschen wir direkt, nachdem wir es für einen Kunden genutzt haben", erzählt Jessica Bizon, die seit über fünf Jahren in dem Markt arbeitet.

Bringen viele Kunden eigene Verpackungen mit?

Wie alle Läden berichten, sind es nur einzelne Kunden, die eigene Dosen mitbringen. "Gerade seit Corona ist es noch weniger geworden", erzählt Celine Thölke. Und Jessica Bizon ergänzt: "Ich glaube, viele Kunden wissen gar nicht, dass es diese Möglichkeit überhaupt gibt."

Wo liegen die Schwierigkeiten?

"Das Problem ist, dass wir natürlich nicht wissen können, wie sauber die Dosen der Kunden wirklich sind", erklärt Sudmann. "Wir haben eben bestimmte Hygienevorschriften und wollen uns auch nicht angreifbar machen." So seien sie beispielsweise angewiesen, nichts von außen über die Theke anzunehmen. Die Mitarbeiter der Frischetheke von Edeka Breiding am Falkenberger Kreisel und der Fleischerei Schleufe in der Klosterstraße haben sich aus diesem Grund ganz gegen die Verwendung von eigenen Verpackungen entschieden. "Seit Corona gibt es die Vorgabe, dass wir das nicht mehr machen dürfen. Daran wollen wir uns halten", sagt Ulrike Helberg von Edeka Breiding. Man könne höchstens die Ware auf einem Papier abwiegen und dann in die Dose des Kunden legen, meinen die Schleufe-Mitarbeiterinnen.

Die Verwendung verbinden viele Läden auch mit einigen Nachteilen. "Wenn ich Salat in eine mitgebrachte Dose fülle und der Kunde sich entscheidet, doch weniger zu kaufen, kann ich den Salat nicht einfach wieder rausnehmen, weil er dann bereits die Dose berührt hat. Mit den sterilen Plastikverpackungen ist das kein Problem", sagt Holger Sudmann. Für Celine Thölke ist gerade der Zeitaufwand ein Nachteil der Individualverpackung: "Vom Fleischsalat gehen teilweise 60 bis 80 Kilo pro Woche über die Theke. Den müssen wir vorher abpacken, um Zeit zu sparen."

Welche Möglichkeiten gibt es noch?

In einigen Geschäften wie der Fleischerei Bösch in Tarmstedt gibt es auch eine Art Pfandsystem, bei dem die Kunden Dosen aus dem Laden mit nach Hause nehmen und beim nächsten Besuch wieder mitbringen können. Die Behälter werden in der Fleischerei gewaschen. Gegen diese Idee hat sich der Lilienthaler Kollege Holger Sudmann aber aus mehreren Gründen entschieden. "Die Dosen müssen bei 80 Grad gewaschen werden, das ist ein echt großer Energieaufwand", sagt der Fleischermeister. Außerdem müsse es dafür auch im Personal Kapazitäten geben, welches gerade in Zeiten des Fachkräftemangels sowieso zeitlich schon sehr eng aufgestellt sei. Auch bei Schleufe gibt es das System nicht. "Wir haben hier gar keine Möglichkeit, so viel zu waschen", erzählen die Mitarbeiterinnen.

Wie sieht es mit Mehrwegverpackungen aus?

In puncto Mehrweg sind sich alle Läden einig: Ein guter Ansatz, aber in der Praxis schwer umsetzbar. "Ich habe es eine Zeit lang mit Pappverpackungen versucht, aber es funktioniert einfach nicht", sagt Mohammed Reza Nazari, der in seinem Spezialitäten-Laden Ciyaʼs Supermarkt in der Klosterstraße frische türkische Feinkost verkauft. Gerade bei Salaten würden die nachhaltigen Verpackungen sehr schnell aufweichen. "Teilweise waschen wir aber die Plastikverpackungen und verwenden sie zumindest wieder, wenn Kunden sie zurückbringen", erzählt Thölke.

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