Vielleicht ist es so, dass der SV Werder Bremen dieser Tage einfach nur in seine neue natürliche Umgebung überführt wird, die zweite Liga. Auch wenn das die Fans schmerzt. Viele Ebenen und Winkel dieses Traditionsvereins wirken ja schon länger so, als wären sie irgendwie aus der Zeit gefallen. Das Weserstadion etwa erinnert in seiner technischen Infrastruktur an die 90er-Jahre, als man auch noch nicht durchs Internet die Spielstände auf anderen Plätzen erfahren konnte. Nur wenn die Mannschaft erfolgreich spielt, kann man das im Jahr 2020 noch als kultig empfinden. Die Bereiche Reha, Fitness oder Scouting stehen in dieser Saison bisher auch nicht im Verdacht, vorbildliche Maßstäbe zu setzen.
Wer diese allgemeine Rückständigkeit in verschiedensten Bereichen nicht erkennen mag, der bekam sie in Leipzig noch einmal vorgeführt. Auf dem Spielfeld, wo Werder mal wieder chancenlos mit 0:3 verlor. Und schon vorher im Kurztrainingslager, wo man abgeschottet und geheim trainieren wollte. Doch wenn die hauseigene Fachabteilung dafür einen von der Straße problemlos einsehbaren Sportplatz auswählt, lässt das nicht nur den Cheftrainer ratlos zurück.
Mittelmäßig oder zweitklassig?
Ob all das, was sich in Teilen des Vereins so abspielt, nun mittelmäßig ist oder zweitklassig, wird Werder am Saisonende schriftlich bekommen. Frank Baumann und Florian Kohfeldt waren mit großem Eifer angetreten, viel zu verbessern und Werder wieder zukunftsfähig zu machen. Stand heute wird das Duo daran scheitern.
Rein vom Budget her ist der Bremer Bundesligaverein ein logischer Kandidat für die untere Tabellenhälfte. Das ließe sich nur durch außergewöhnlich gute Arbeit in vielen Abteilungen ausgleichen. Werder scheint inzwischen jedoch grundsätzlich mehr Gemeinsamkeiten mit unterklassigen Traditionsvereinen wie dem Karlsruher SC, dem 1. FC Nürnberg oder dem VfL Bochum zu haben, als mit den 17 Konkurrenten in der Bundesliga. Das wird dem Verein auch an jedem Spieltag aufgezeigt, selbst dann, wenn die Gegner nicht Leipzig heißen. Sollte das nicht stimmen, bleibt nicht mehr viel Zeit, diesen Eindruck zu korrigieren.