Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Luftfahrtmesse in Dubai Airbus-Auftrag sprengt alle Dimensionen

Bei der Dubai Airshow hat der europäische Flugzeugbauer Airbus nun doch noch seinen großen Auftritt bekommen: Er verbuchte am Mittwoch den bisher größten Einzelauftrag in seiner Unternehmensgeschichte.
15.11.2017, 08:59 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Airbus-Auftrag sprengt alle Dimensionen
Von Peter Hanuschke

Bei der Dubai Airshow hat der europäische Flugzeugbauer Airbus nun doch noch seinen großen Auftritt bekommen: Er verbuchte am Mittwoch den bisher größten Einzelauftrag in seiner Unternehmensgeschichte. Hinter dem Deal über 430 Mittelstreckenjets, die bei vier Billigfluglinien eingesetzt werden sollen, steckt der US-Investor Indigo Partners. Von diesem Großauftrag profitieren erneut sämtliche Airbus-Standorte, zu denen auch Bremen zählt.

Der unterzeichnete Vorvertrag zwischen den Airlines und Airbus hat laut Preisliste ein Volumen 49,5 Milliarden US-Dollar (42,2 Milliarden Euro). Wobei bei Aufträgen dieser Art in der Branche hohe Rabatte üblich sind. Indigo Partners hält jeweils Anteile an den vier Fluggesellschaften Frontier Airlines (USA), Jetsmart (Chile), Volaris (Mexiko) und Wizz Air (Ungarn). Die bisherige größte Einzelorder war die des indischen Billigfliegers Indigo, der trotz des ähnlichen Namens nichts mit dem US-Investor zu tun hat. Die Inder hatten 2015 insgesamt 250 Flugzeuge bestellt.

Standorte sollen profitieren

„Wir freuen uns über diese Grundsatzvereinbarung", sagte ein Airbus-Sprecher dem WESER-KURIER. Sie sei ein erneuter Beleg für den Erfolg und die Leistungsfähigkeit der A320neo-Familie und bestätige die Airbus-Pläne für den Hochlauf der A320-Produktion. "Von diesem Auftrag profitieren alle Standorte im Bereich der Komponentenfertigung, die Endmontagelinien und auch die Zulieferer.“ Bereits 2015 hatte sich Airbus dafür entschieden, eine vierte Endmontagelinie in Hamburg zu bauen: Von Mitte 2019 an sollen monatlich 60 Maschinen der A320- und A320neo-Familie ausgeliefert werden – bisher sind es 42.

Die Indigo-Partners-Bestellung umfasst 273 Einheiten in der Standardversion A320neo und 157 Flieger in der längsten Version A321neo. Die "Neos" sind die modernisierte Neuauflage verbrauchen sie deutlich weniger Sprit.

Der Auftrag sei natürlich eine positive Nachricht – davon profitiere auch der Bremer Standort, sagte Jens Brüggemann, Betriebsratsvorsitzender bei Airbus in Bremen. Das beziehe sich vor allem auf den A321. „Für dieses Modell wird in Bremen unter anderem ein Teil der Landeklappen gefertigt.“ Bei allen anderen Typen liege in Bremen in erster Linie die gesamte industrielle Verantwortung für die Fertigung der Landeklappen in Bremen, die teilweise von Zulieferern stammten. Ob und inwieweit der Großauftrag zusätzlich zu einer Ratenerhöhung der monatlichen Produktion führe, ob am Ende sogar mehr Arbeitsplätze entstehen, kann Brüggemann derzeit noch nicht einschätzen. Das hänge sehr davon ab, wann die Flugzeuge in den nächsten Jahren ausgeliefert werden müssten.

Für den zivilen Flugzeugbau sind im Bremer Airbus-Werk etwa 2600 Mitarbeiter tätig. Damit ist Bremen der zweitgrößte Airbus-Standort in Deutschland. Nummer eins ist Hamburg mit gut 13 200 Beschäftigen. Der Standort nimmt eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung und Fertigung aller Airbus-Programme ein. Der Standort Stade (2000 Mitarbeiter) ist zuständig für Seitenleitwerke, Buxtehude (400 Mitarbeiter) ist Zentrum für die Kabinensysteme.

Durch den Großauftrag zog Airbus bei der Dubai Airshow weit an seinem US-amerikanischen Erzrivalen Boeing vorbei, obwohl dieser ebenfalls einen Großauftrag des arabischen Billigfliegers Flydubai über 175 Mittelstreckenjets bekam. Außerdem zurrten die Europäer einen Auftrag des Flugzeugfinanzierers CDB Aviation über 45 Jets aus der A320neo-Familie fest, der im Juni auf der Luftfahrtmesse in Le Bourget angekündigt worden war. CDB bekannte sich zudem zu einer ebenso großen Bestellung aus dem Jahr 2014, die erst jetzt veröffentlicht wurde. Auch die Börse reagierte auf die Aufträge: Die Airbus-Aktie machte am Mittwoch ein Plus von 2,58 Prozent. Die Schlussnotierung lag bei 85,49 Euro.

Schub für den Auftragsbestand

Insgesamt hat Boeing in Dubai bislang Aufträge und Vorverträge über knapp 250 Verkehrsflugzeuge eingesammelt. Airbus kommt auf mehr als 500 Bestellungen. Allerdings lag Boeing bei den Bestellungen seit Jahresbeginn bereits weit vor den Europäern. Für Airbus hatten sich die Bestellungen in diesem Jahr bislang eher zögerlich entwickelt, bis Ende Oktober konnten die Europäer lediglich Neuaufträge über 288 Flugzeuge einsammeln. Zugleich will Konzernchef Tom Enders bis zum Jahresende etwa 720 Verkehrsjets ausliefern. Sollte der Vorvertrag von Dubai noch vor dem Jahresende in eine verbindliche Bestellung umgewandelt werden, könnte der Auftragsbestand entgegen bisherigen Erwartungen nun doch nicht schrumpfen.

Jedoch hat Airbus bei seinen Mittelstreckenfliegern ohnehin ein sehr dickes Auftragspolster. Beim Sorgenkind A380 sieht das ganz anders aus: Der weltgrößte Passagierjet konnte auch in Dubai bislang nicht aus der Auftragsflaute ausbrechen. Ein sicher geglaubter Auftrag der Fluglinie Emirates über 36 A380 kam nicht zustande: Statt mit Airbus unterschrieben die Araber am Sonntag einen Vorvertrag mit Boeing über 40 "Dreamliner"-Langstreckenjets.

Auch weil die Dubai Air Show für Airbus zuvor eher schlecht lief, ist das neue Geschäft eine Art Krönung für Verkaufschef John Leahy, der nach einer Karriere über mehrere Jahrzehnte vor dem Ruhestand steht. Er zog in seiner Zeit bei Airbus Aufträge im Wert von mehr als einer Billion US-Dollar an Land. Leahy hat großen Anteil daran, dass sich der europäische Hersteller zum praktisch einzigen großen Konkurrenten des immer noch weltgrößten Flugzeugbauers Boeing entwickelt hat.

Im Fall des Mega-Auftrags wird es sicherlich geholfen haben, dass Airbus-Verkaufschef Leahy William "Bill" Franke kennt. Franke ist laut "Manager Magazin" der Mann, der bei all den Aktivitäten von Indigo Partners die Fäden in der Hand hält: Der 80-Jährige ist Mitgründer und Chef der Venture-Capital-Firma mit Sitz in Phoenix (Arizona). Er ist seit Jahrzehnten in der Luftfahrtbranche aktiv: Franke war unter anderem von 1993 bis 2001 Chef von America West Airlines.

Auf die Frage, welche Summe Indigo für den Großauftrag zahlen wird, sagte Franke am Mittwoch zu Journalisten in Dubai: "Sie wollen die Flugzeuge zum bestmöglichen Preis verkaufen, und wir wollen sie zum bestmöglichen Preis kaufen." Er kenne Airbus-Verkaufschef John Leahy bereits seit 25 Jahren, so Franke. Manchmal gewinne der Airbus-Mann und manchmal Franke.

++ Dieser Text wurde zuletzt am 15.11.2017 um 18:48 Uhr aktualisiert ++

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)