Dass der europäische Flugzeugbauer Stellen abbauen will, darüber wurde in den vergangenen Tagen viel spekuliert. Fest steht, dass er um 100 Arbeitsplätze höher ausfällt als bislang angenommen: Aktuell geht Airbus davon aus, dass maximal 3700 Stellen an Standorten in den Heimatländern des Unternehmens in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien betroffen sind.
Das hat der Konzern am Mittwoch dem europäischen Airbus-Betriebsrat mitgeteilt. Grund für diese Maßnahme: Die geringe Nachfrage nach dem Airbus-Flieger A 380 – dem weltgrößten Passagierjet – und die Produktionsverlangsamung beim Militärtransporter A 400 M für den im Bremer Werk unter anderem der Rumpf gefertigt wird.
Wie und an welchen Standorten der Personalabbau stattfinden soll, das wird sich in den nächsten Wochen zeigen: Airbus will auf nationaler Ebene den Dialog mit den Arbeitnehmervertretern aufnehmen, um mögliche Auswirkungen auf die Belegschaft zu erörtern und gemeinsame Ausgleichsmaßnahmen einzuleiten.
Das Unternehmen ist zuversichtlich, den meisten der betroffenen Mitarbeitern in Programmen, die sich derzeit im Hochlauf befinden, neue Stellen innerhalb des Unternehmens anbieten zu können. Der Bremer Airbus-Betriebsrat wollte den Stellenabbau am Mittwoch nicht kommentieren: „Das wäre zu voreilig. Wir bekommen erst in den nächsten Tagen konkretere Angaben“, sagte Betriebsratsvorsitzender Jens Brüggemann.
Die Anpassung der A 380-Produktionsrate folgt auf einen kürzlich erhaltenen Auftrag, der für das Programm in den kommenden Jahren Planungssicherheit bietet: Die arabische Fluggesellschaft Emirates hat im Januar bis zu 36 weitere Exemplare des weltgrößten Passagierjets geordert. Airbus geht davon aus, den A 380 mit einer Rate von sechs Maschinen pro Jahr industriell effizient produzieren zu können.
Auf Basis dieser Rate sei es Airbus möglich, weitere Verkaufskampagnen zu führen, die zu einer Erhöhung der Produktion führen könnten, teilt der Konzern mit. 2017 lieferte Airbus noch 15 Maschinen des Typs aus. In Bremen sind nach früheren Angaben des Betriebsrats allerdings etwa nur 30 Mitarbeiter mit dem Bau von Teilen für den A 380 befasst.
Arbeitspakete für Militärtransporter sind umfangreicher
Im A 400 M-Programm wird die Produktion ab 2020 auf acht Maschinen pro Jahr angepasst, nach Produktionsraten von fünfzehn A 400 M in diesem Jahr und elf in 2019. Durch die Reduzierung sei auf jeden Fall gesichert, die Produktion bis 2030 am Bremer Standort stabil zu halten, sagte ein Airbus-Sprecher. Zudem könne die Produktion auch wieder angehoben werden, wenn der Export des Militärtransporters steige.
Im Vergleich zum A 380 sind die Arbeitspakete für den Militärtransporter wesentlich umfangreicher: In Bremen werden bei Airbus Defence and Space die Rümpfe für den A 400 M gefertigt sowie das Lade-System und die Software eingebaut. Inklusive etwa 100 Leiharbeitern arbeiten am A 400 M-Programm 1000 Beschäftigte in Bremen.
Bislang lag die Produktion bei zwei Rümpfen pro Monat. Künftig soll nur noch alle drei bis dreieinhalb Wochen ein Rumpf die Hansestadt zur Endmontage nach Sevilla verlassen. Das entspreche der programmweiten Kapazitätsanpassung und Taktung der A 400 M-Produktion, hatte ein Sprecher von Airbus Defence and Space dem WESER-KURIER bereits Mitte Februar mitgeteilt.
Zu dem Zeitpunkt hatte Airbus mit den Erstkundennationen Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Luxemburg, Spanien und Türkei eine Absichtserklärung unterzeichnet, die den Rahmen für eine Vertragsanpassung festlegte. Danach soll der Auslieferungsplan um mehrere Jahre gestreckt werden, um mit dem neuen Fahrplan die Entwicklung und Fertigstellung der militärischen Fähigkeiten des A 400 M besser in den Griff zu bekommen.
Die Probleme beim Militärtransporter A 400 M sorgen bei Airbus seit Jahren für Ärger. Airbus-Chef Tom Enders hatte den Dauer-Ärger um den A 400 M in der Vergangenheit immer wieder als Resultat eines Geburtsfehlers bezeichnet: Man müsse sich immer noch mit der Ursprungssünde herumschlagen, die man vor mehr als zwölf Jahren begangen habe, als man einen Vertrag abgeschlossen habe, der bei Budget und Zeitplan eindeutig zu eng gewesen sei.
Zwar habe Airbusjahrzehntelange Erfahrung im Flugzeugbau. Der A 400 M sei aber viel komplexer als ein Passagierflugzeug. So könne der A 400 M kopfüber fliegen und auf kurzen Graspisten starten und landen. Bisher haben acht Kundennationen insgesamt 174 Flugzeuge bestellt. Bis Ende 2017 wurden 57 A 400 M ausgeliefert. Deutschland hat 53 Maschinen bestellt, 15 hat die Bundeswehr bereits erhalten.
Von einem Auslieferungsrekord zum nächsten
Unabhängig von den Schwierigkeiten beim A 380 und A 400 M laufen die Geschäfte beim europäischen Luftfahrtkonzern gut: Der Rivale des US-Konzerns Boeing konnte 2017 den Jahresgewinn fast verdreifachen und eilt von einem Auslieferungsrekord zum nächsten. Dafür sorgen vor allem die Mittelstrecken-Flugzeuge der A 320-Familie: Sie sind seit Jahren der Airbus-Kassenschlager – dessen Produktion wurde massiv hochgefahren.
Gleiches gilt für die Fertigungsrate der zweistrahligen A 350-Jets. Beides könnte dafür sorgen, dass tatsächlich neue Stellen geschaffen werden: Nach internen Informationen aus dem Unternehmen sind schon seit Längerem Abstimmungen mit den Sozialpartnern zur A 380-Ratenreduzierung im Gange.
Diese zielen auf die interne Versetzung von A 380-Mitarbeitern zur Fertigung der A 320- und A 350-Flugzeugfamilie ab; denn die Arbeitsgänge und Qualifikationen sind weitgehend vergleichbar. Was den Stellenabbau außerdem beeinflussen beziehungsweise verschieben könnte, ist ein Zukunftstarifvertrag. Laut Gewerkschaftsangaben wurde dieser 2012 zwischen Airbus Deutschland und der IG Metall abgeschlossenen und sichert bis Ende 2020 die deutschen Airbus-Standorte.