Der Arbeitsweg von Reinhard Meyer (SPD) hat sich um eine Viertelstunde verlängert. Doch viel sei das nicht, befand Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister gestern bei der Zwischenbilanz des großen A7-Ausbaus. Immerhin hat es der prominente Pendler tagtäglich mit der größten Autobahnbaustelle Deutschlands zu tun. Seit etwas mehr als einem Jahr laufen die Arbeiten „unter dem rollenden Rad“ auf der Hauptverkehrsschlagader des Nordens. Auf einer Gesamtlänge von 73 Kilometern zwischen Bordesholmer Dreieck und Elbtunnel wird die Autobahn um zwei Fahrstreifen verbreitert; hinzu kommt der Bau von drei Lärmschutztunneln auf Hamburger Gebiet; das ist ein Mammutprojekt mit Kosten von mehr als einer Milliarde Euro und einer Bauzeit von mehr als zehn Jahren.
Trotz Tempolimits und verengter Fahrspuren hat sich die Zahl der Fahrzeuge nicht verringert – der von nicht wenigen befürchtete Stau-GAU ist ausgeblieben. Bei den Verantwortlichen beider Bundesländer und bei den Planern sorgte das Montag für zufriedene Gesichter. „Die Zusammenarbeit zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein bei diesem Projekt läuft sehr gut“, analysierte Hamburgs Verkehrssenator Frank Horch (parteilos). Als klug erweise sich auch die Entscheidung zum abschnittsweisen Ausbau mit Baustellen von maximal zwölf Kilometern Länge. Richtig war es laut Verkehrskoordinator Gerhard Fuchs, die Anzahl der Fahrstreifen in der Großbaustelle nicht zu verringern. Der Verkehr läuft weiterhin auf vier beziehungsweise sechs Spuren, allerdings eingeengt und mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 60 km/h. Auf die Initiative des Koordinators gehen zudem eine A7-App sowie digitale Infotafeln zurück, die Stauwartezeiten anzeigen.
„Wir sind voll im Zeitplan“, vermeldete Bernd Rothe, Bereichsleiter der Deges Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH. Zwischen Hamburger Landesgrenze und dem Bordesholmer Dreieck sei inzwischen ein Viertel der neuen Fahrbahnen betoniert. Dort wächst die Autobahn von vier auf sechs Spuren. Ende 2016 will die Deges den ersten fertigen Abschnitt Bordesholm-Neumünster Nord an die Straßenbauverwaltung des Landes übergeben.
Fortschritte sind auch auf Hamburger Territorium sichtbar. Der technisch höchst komplizierte Abbruch der Langenfelder Brücke, die südlich von Stellingen über 17 Eisenbahn- und S-Bahngleise führt, ist ebenfalls im Plan. Ende des ersten Quartals 2016 soll der Neubau der östlichen Brückenhälfte (Fahrtrichtung Flensburg) vollbracht sein. Ungefähr zeitgleich beginnt der Bau des knapp einen Kilometer langen Tunnels in Stellingen. Für das kommende Jahr kündigen die Planer sechs Vollsperrungen der Autobahn in Schleswig-Holstein und in Hamburg an. Rothe versprach: „Voraussichtlich immer nachts und an Wochenenden sowie außerhalb der Ferienzeiten.“ In fünf Fällen sollen die Maßnahmen nicht länger als zwölf Stunden dauern. Im dritten Quartal 2016 folgt dann in Hamburg eine 55-Stunden-Sperrung, wenn zwischen Dreieck Nordwest und Stellingen die Brücke Niendorfer Straße abgerissen werden muss. Kommen die Arbeiten weiterhin planmäßig voran, werde der Ausbau auf schleswig-holsteinischem Gebiet Ende 2018 abgeschlossen sein, sagte Minister Meyer. In Hamburg müssen Autofahrer noch länger mit dem Provisorium leben. Allein der Bau des Tunnels Stellingen braucht bis 2020. Erst anschließend machen sich die Planer an die südliche Fortsetzung bis zur Anschlussstelle Othmarschen. Und Hamburg möchte das zwei Kilometer lange Teilstück zwischen Volkspark und Othmarschen auch unter einem Lärmdeckel verschwinden lassen. Noch ringt das Land mit dem Bund um die Kosten. Vorgeschrieben ist dort nur ein 730 Meter langer Tunnel. Die Mehrkosten von 90 Millionen Euro sind dem Land bisher zu hoch.