Bremen. An Superlativen wurde am Donnerstag nicht gespart. „Wegweisend“, „sensationell“, „großartig“ und „vorbildlich“ sei das, was sich die Handelskammer Bremen in den vergangenen Monaten ausgedacht hat. Die Wirtschaftsvertretung hat nun die Schütting-Stiftung gegründet. Den offiziellen Start für die neue Institution gab Innensenator Ulrich Mäurer (SPD), der den Verantwortlichen am Mittag die Stiftungsurkunde überreichte.
Die Schütting-Stiftung beginnt mit einem Kapitalstock von 5,5 Millionen Euro. Anders als bei ähnlichen gemeinnützigen Stiftungen besteht mit 3,3 Millionen Euro ein Großteil des Kapitalstocks aus einer Beteiligung der Handelskammer am Börsenhof B. „Aus den Mieteinnahmen können wir kontinuierlich Geld akquirieren und ausschütten“, sagte Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Matthias Fonger. Die verbliebenen 2,2 Millionen Euro sollen angelegt werden. Aus den Erträgen wird dann das weitere Fördergeld gewonnen. Wie genau die Anlage des Barvermögens aussehen soll, darüber sei noch nicht gesprochen worden, sagte Fonger. Das entscheide der Stiftungsrat.
Die Handelskammer rechnet für 2017 zunächst mit einer Fördersumme zwischen 100 000 und 110 000 Euro. Fonger hofft, dass die Summen in den darauffolgenden Jahren noch größer ausfallen: einmal wegen dann wieder steigenden Zinsen; außerdem sind Zustiftungen durch die Bremer Kaufmannschaft ausdrücklich erwünscht. „Wir hoffen, dass wir weitere Unternehmen gewinnen“, sagte Fonger. Schließlich ergebe sich durch die Stiftung eine „Win-win-Situation für den Standort, aber auch für die Unternehmen“. Nach eigenen Angaben ist die Schütting-Stiftung die bundesweit größte Stiftung einer Handelskammer. In Köln gibt es seit zwei Jahren etwa die IHK-Stiftung für Ausbildungsreife und Fachkräftesicherung, zuletzt lag ihr Kapitalstock bei knapp zwei Millionen Euro.
Wie Schätzungen des Innenressorts ergeben haben, zählt die Schütting-Stiftung damit auch zu den zehn größten Stiftungen im Land Bremen. Aktuell gibt es demnach im kleinsten Bundesland 331 selbstständige Stiftungen des Bürgerlichen Rechts. 2016 verzeichnete der Senator, bei dem die Aufsicht der Stiftungen im Land liegt, bislang sieben Neugründungen und vier Abgänge – drei davon, weil die Stiftungen ihren Sitz in andere Bundesländer verlegt haben, eine Institution wurde aufgelöst. Damit steigt die Zahl der Stiftungen in Bremen zum wiederholten Male: Im vergangenen Jahr gab es laut Behörde zum Stichtag 31. Dezember 328 Stiftungen, vor zehn Jahren waren es noch 269. Damit ist Bremen nach Hamburg gemessen an der Einwohnerzahl das Bundesland mit der größten Dichte an Stiftungen.
Die Schütting-Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, Bildung und Wissenschaft am Standort zu fördern. „Das Haus Schütting ist seit Jahrhunderten ein Symbol dafür, dass sich die Bremer Kaufmannschaft engagiert“, sagte Präses Harald Emigholz. „Der Nutzen für die Gesellschaft und die Wirtschaft sollen Hand in Hand gehen.“ Daher sind nun vier Förderbereiche angedacht: die Berufsorientierung von Schülern und die Förderung der MINT-Kenntnisse, die Fachkräftesicherung in der Region, die berufliche Aus- und Weiterbildung sowie die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft.
Konkrete Projekte, die gefördert werden sollen, gibt es bislang noch nicht. „Dazu müssen wir erst einmal die Förderrichtlinien erlassen“, erklärte Fonger. Es gehe darum, vorhandenes Engagement zu stärken. Institutionen, die sich vom Stiftungszweck angesprochen fühlen, könnten sich bei der Kammer um eine Förderung bewerben. Aber auch aus dem Netzwerk der Wirtschaftsvertretung heraus würden sich mit Sicherheit Kooperationen ergeben, sagte Antepräses Christoph Weiss.
Synergien durch Kammer-Fusion
Weiss ist einer der Ideengeber für die Gründung der Stiftung. In seiner Zeit als Präses hat er die Fusion der Handelskammer Bremen und der Industrie- und Handelskammer Bremerhaven vorangetrieben. Durch den Zusammenschluss seien Synergien erzielt worden: Die Mitgliedsbeiträge wurden gesenkt, ein besseres Leistungsangebot geschaffen – und mit dem Geld, was noch übrig war, wurde die Stiftung gegründet.
„Die Kammern bündeln ihr Geld und investieren es in die Zukunft“, sagte Bürgerschaftspräsident Christian Weber. „Besser kann man es nicht machen.“ Er lobte den Innovationsgeist der Wirtschaftsvertretung. „Das kleinste Land mit der kleinsten Kammer hat die größten Ideen“, sagte er. Die Politik könne sich zum Vorbild nehmen, dass nicht immer nur geredet, sondern auch etwas getan werde.
Weber sitzt mit Bremerhavens Stadtverordnetenvorsteherin Brigitte Lückert und Bildungssenatorin Claudia Bogedan (alle SPD) sowie dem Kammer-Hauptgeschäftsführer, dem amtierenden Präses und Günther Lübbe, der bei der Kammer den Bereich Zentrale Dienste leitet, im Stiftungsrat. Dieser entscheidet etwa über die Vergabe der Fördermittel.