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Ringen um Mindestzahlungen G20-Staaten stehen hinter globaler Steuerreform

Ab 2023 sollen große, grenzüberschreitend tätige Konzerne mindestens 15 Prozent Gewinnsteuer zahlen. Die Regierungen der 20 wichtigsten Wirtschaftsnationen (G20) unterstützen das Vorhaben.
11.07.2021, 14:40 Uhr
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Von Detlef Drewes

Es wäre ein Durchbruch für mehr Steuergerechtigkeit: eine weltweite Mindeststeuer für Großkonzerne. Nachdem die Finanzminister der großen sieben Industriestaaten (G7) sich bereits auf ein konkretes Modell verständigt hatten, gab es an einer Einigung im Kreis der G20-Minister an diesem Freitag und Sonnabend auch keine Zweifel. Sogar China, die Türkei und Argentinien stimmten im Vorfeld zu. Es ist eine Wende für die weltweite Unternehmensbesteuerung, die dringend nötig ist.

Noch 1980, also vor dem digitalen Zeitalter, lagen die Steuersätze für Unternehmen im internationalen Schnitt bei 45 Prozent. 2020 waren es nur noch 23,3 Prozent. Hinzu kommt, dass immer mehr multinationale Konzerne ihre Gewinne ganz legal in Niedrigsteuerländer oder Steuerparadiese verschoben haben. Einigen gelang es auf diese Weise, ihre Steuerlast im Ausland auf null zu drücken. Das verzerrte die Konkurrenz mit den Betrieben, die nur in einem Land tätig sind und keine Möglichkeit hatten, steuerlich gesehen auszuwandern.

Nun gibt es eine Verständigung der G7-Finanzminister, hinter die sich nun auch die G20 gestellt haben. Sie sieht die Einführung einer globalen Mindeststeuer von 15 Prozent vor. Das Modell funktioniert so: Wenn ein Konzern für eine Tochtergesellschaft im Ausland weniger als 15 Prozent Steuern bezahlt, kann die Regierung des Staates, in dem der Betrieb seinen Heimatsitz hat, die Differenz einfordern. Das führt dazu, dass es unattraktiv wird, Gewinne zu verschieben. Bisher ist geplant, diese Neuregelung auf alle Unternehmen mit einem Jahresumsatz von 750 Millionen Euro anzuwenden. Laut Statistischem Bundesamt wären in Deutschland somit 827 Konzerne betroffen. Trotzdem dürfte es aber nur vergleichsweise geringe Zusatzeinnahmen für den Bundesfinanzminister geben, da nur wenige deutsche Konzerne Filialen in Niedrigsteuerländern betreiben.

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Die Einführung einer Digitalsteuer ist die zweite Säule des Paketes. Hier wird eine neue Berechnung eingeführt. Abgaben fallen dann nicht mehr nur in dem Land an, wo das Unternehmen seinen Sitz hat. Künftig müssen Steuern in jedem Staat gezahlt werden, in dem die Konzerne Geschäfte machen. So müssten Apple oder Google vermutlich deutlich höhere Abgaben in Europa entrichten, Volkswagen dagegen in China. Allerdings gibt es bei der Digitalsteuer noch Probleme.

Sie soll nur auf Konzerne angewendet werden, die einen Jahresumsatz von 20 Milliarden Euro erzielen und dabei zehn Prozent oder mehr Gewinn machen. In Deutschland gilt dies für höchstens zehn Konzerne. Der weltgrößte Online-Händler Amazon wäre aufgrund einer niedrigen Gewinnmarge aber raus. Hier arbeiten die Finanzminister noch an einer Lösung, um Ausnahmen möglich zu machen.

Nicht mitziehen bei der Einführung dieses Mindeststeuer-Modells wollen nach jetzigem Stand allerdings Estland, Ungarn, Irland und Zypern. Deren Regierungen wollen auf niedrigere Unternehmenssteuern (in Irland liegt diese derzeit bei 12,5 Prozent) und den sich daraus ergebenden Standortvorteil nicht verzichten. Da bei Steuerfragen innerhalb der EU jedoch Einstimmigkeit gefordert ist, wird in Brüssel nun um einen Kompromiss gerungen. Allerdings legte die Fraktion der Europa-Grünen am Freitag ein Rechtsgutachten vor, demzufolge eine Einführung von Mindest- und Digitalsteuer auch ohne Unterstützung aller Mitgliedstaaten möglich wäre.

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