„Ein Leben in Freiheit und Exklusivität.“ Das verspricht der Werbefilm der Floating Homes GmbH aus Verden, die schwimmende Häuser mit einer Wohnfläche zwischen 60 und 130 Quadratmeter produziert und vor Ort aufstellt. Sie stehen auf einem massiven Stahlbetonporton, unter anderem im Hamburger Hafen oder am Victoriakai-Ufer in der Nähe der Hamburger Hafencity und zeichnen sich durch große Glasflächen aus, die den Blick aufs Wasser freigeben.
„Die Kunden wollen in der Nähe der Innenstadt und doch naturnah wohnen. Gerade in teuren Städten wie Hamburg und Berlin ist die Nachfrage viel größer als die Zahl der Liegeplätze für schwimmende Häuser“, sagt Projektentwickler Timo Bahn. Den Interessenten wird die Erschließung der Infrastruktur mit Müllentsorgung, Strom, Wasser und Abwasser sowie eine gehobene Ausstattung mit Eichenparkett und Fußbodenheizung geboten, dazu Energiesparhaus-Standard.
Kein Motor, keine Bewegung
Das hat seinen Preis: In der laut Floating Homes ersten geschlossenen Siedlung schwimmender Häuser am Victoriakai-Ufer kostet ein Haus mit einer Wohnfläche von 115 Quadratmetern und einem 60 Quadratmeter großen Sonnendeck 589 000 Euro. Dafür spart man sich Geld für den Grundstückskauf, der Liegenschaftszins pro Quadratmeter liegt in Hamburg nach Angaben von Bahn bei sieben Euro pro Quadratmeter jährlich. Schwimmende Ferienhäuser von Floating Homes finden sich auch im Ostseebad Großenbrode.
Im Gegensatz zu einem Hausboot haben schwimmende Häuser keinen Motor und können nicht bewegt werden. „Ein Hausboot muss alle fünf bis zehn Jahre zur Wartung in die Werft. Diese Kosten fallen bei einem schwimmenden Haus nicht an, dafür ist die Genehmigung komplizierter“, sagt Bahn. Bislang gibt es in keinem Bundesland klare Regeln in den Landesbauordnungen. Voraussetzung für die Errichtung ist Bahn zufolge die Aufnahme der betreffenden Wasserfläche in den Bebauungsplan. In den meisten Bundesländern ist sowohl eine Baugenehmigung als auch eine wasserrechtliche Genehmigung notwendig.
„Die meisten Kommunen sind an dem Thema interessiert, wenn sie hören, wie viele potenzielle Kunden es gibt. Aber die Genehmigung kann bis zu fünf Jahren dauern, denn Behörden haben mit dem Thema meist keine Erfahrung. Und in Berlin und in Bremen traut man sich von Seiten der politisch Verantwortlichen nicht richtig an das Thema ran“, sagt Bahn, dessen Arbeitgeber zur 2000 Mitarbeiter zählenden Matthäi-Gruppe gehört. In der Verdener Zentrale des Bauunternehmens mit einem Umsatz von mehr als einer halben Milliarde Euro sind mehr als 100 Menschen beschäftigt.
In Bremen hatte die Baubehörde bereits 2016 erhebliche Einwände gegen schwimmende Häuser geltend gemacht. Im Sporthafen gebe es keine freien Plätze, in Lesum spreche der Naturschutz dagegen. Bliebe nur noch der Europahafen, wo es wegen des Tidenhubs von 4,20 Meter hohe Anforderungen an Statik und Gestaltung der Rettungswege gebe. Zudem würde die nötige Infrastruktur für einen Liegeplatz wie Dalben, Pontons, Ver- und Entsorgungsleitungen 100 000 Euro kosten. Der Verein Ökostadt Bremen hatte sich damals über diese ablehnende Haltung enttäuscht gezeigt.
Mindestens 3000 potenzielle Interessenten
„Vielerorts ist man vom Wohlwollen des Sachbearbeiters abhängig. In Hamburg gibt es zumindest einen Hausbootleitfaden, was die Sache rechtlich erleichtert. In Brandenburg hat es bereits mehrere Anhörungen zum Thema gegeben, dort ist man besonders weit“, ergänzt der Architekt Heiner Haass aus Hannover. Doch selbst eindeutige Regelungen in den Landesbauordnungen würden nicht alle Probleme lösen.
Laut Haass kann es dauern, bis man einen Versicherer für das schwimmende Haus findet. Weil es nicht ins Grundbuch eingetragen wird, sind auch Banken bei Krediten zurückhaltend. Dies ist allerdings für die meisten Käufer der bundesweit rund 450 schwimmenden Häuser nach der Erfahrung von Haass kein Problem, denn sie sind gut bei Kasse und nicht auf Geldgeber angewiesen.
Dazu kommen mindestens 3000 potenzielle Interessenten, und die Tendenz sei zunehmend. „Dahinter steckt der Wunsch nach dem Außergewöhnlichen oder der Hang zum Wasser“, ist sich Architekt Haass sicher, der auch gleichzeitig der Präsident des Sachverständigenverbandes Internationale Bootsexperten ist. Er sieht keine großen Unterschiede bei den Kosten im Vergleich mit einem „normalen“ Haus und spricht von einer durchschnittlichen Lebensdauer bei einer guten Baukonstruktion von 70 bis 80 Jahren.
Dabei empfiehlt er, sich bei individuellen Bauplänen von einem Experten beraten zu lassen, der sowohl von Architektur als auch vom Schiffbau etwas versteht, da es viele besondere Anforderungen gebe. So sei die Wahl des richtigen Dämmstoffes wichtig, denn die übliche Dämmwolle könne durch die ständige Bewegung des Wassers zerdrückt werden. Auch dürfe sie keine Feuchtigkeit aufnehmen, sonst werde es innen feucht-kalt.
Druckwasserdichte Fenster und Türen seien nötig, besondere Brandschutzauflagen müssten erfüllt werden, bei einem neuen Anstrich mit Holzschutzfarbe müsse penibel darauf geachtet werden, dass keine Farbe ins Wasser gelangt. Haass: „Derzeit bereiten wir die Erarbeitung einer DIN-Norm für schwimmende Häuser vor, was dann die rechtlichen Probleme im Wesentlichen lösen wird und den Markt öffnen soll.“ Der Beitrag zur Lösung des allgemeinen Wohnungsproblems dürfte allerdings eher gering sein.