In Deutschland schwächelt der Ausbau der Windenergie, aber weltweit sehe die Lage für die Branche besser aus. Das geht aus einer aktuellen Einschätzung der Commerzbank hervor. Dass in Deutschland der Markt leidet, zeigt sich aktuell am insolventen Windanlagenhersteller Senvion, der auch ein Werk in Bremerhaven hat: Die Gläubigerversammlung von Senvion will an diesem Dienstag darüber entscheiden, welche Teile verkauft und welche abgewickelt werden sollen.
Für die Windenergie an Land sei in den kommenden zehn Jahren mit einem jährlichen Zubau von ungefähr 60 Gigawatt zu rechnen, hieß es am Montag in der Analyse kurz vor dem Start der Fachmesse Husum Wind. Das wären mehr als 17.000 Windräder mit einer Kapazität von 3,5 Megawatt, die Jahr für Jahr weltweit neu errichtet werden – allerdings unter regionalen Schwankungen aufgrund der politischen Veränderungen. Etwa die Hälfte der neuen Windräder entsteht laut der Studie in Asien.
Auf See werden künftig laut Prognose der Commerzbank deutlich mehr Windkraftwerke gebaut. Der Markt wächst demnach um 15 Prozent jährlich von 4,3 Gigawatt im Jahr 2018 auf 19,1 Gigawatt im Jahr 2028. Das wären pro Jahr 1900 Großanlagen mit zehn Megawatt Leistung, wie sie gegenwärtig für den Offshore-Markt entwickelt werden. Große Wachstumsmärkte wie China und Indien sind für europäische Unternehmen kaum zugänglich, aber die Analysten der Commerzbank sehen Chancen in Taiwan, Südkorea und Japan, ebenso wie in Südamerika. „Es ist ein Muss für alle Akteure im Markt, sich international aufzustellen, um im Ausland neue Märkte zu erschließen und kostengünstiger produzieren zu können“, sagte Berthold Bonanni, Leiter des Commerzbank-Bereichs Energie. Ein Unternehmen, das sich im internationalen Markt bewegt, ist Siemens-Gamesa. Das Unternehmen, das weltweit zu den Offshore-Marktführern gehört und auch noch in Deutschland produziert, hatte sein Werk vor zwei Jahren in Cuxhaven eröffnet.
Ausbau von Windenergie auf dem Stand von 1998
Niedersachsen ist das Land, in dem die meisten Windräder stehen. Hier wurden im ersten Halbjahr 2019 laut Umweltministerium 14 neue Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 47 Megawatt gebaut, bundesweit waren es 86 Anlagen und 287 Megawatt. Das entspricht nach Angaben des niedersächsischen Umweltministers Olaf Lies (SPD) dem Stand von 1998. An zweiter Stelle nach Niedersachsen steht übrigens das Bundesland Brandenburg.
Dass der Ausbau bei Onshore-Anlagen rückläufig ist, ist auch auf das 2017 eingeführte Ausschreibungssystem zurückzuführen. Denn durch die speziellen Bürgerwind-Förderregelungen wurden sogenannten Bürgerwindparkgesellschaften eine Teilnahme an Ausschreibungen ohne Baugenehmigung erlaubt – im Gegensatz zu kommerziellen Projektentwicklern.
Zudem gewährten die Auktionsregeln den Bürgerwindparks eine extrem lange Verwirklichungsfrist bis zum Netzanschluss von bis zu viereinhalb Jahren. Das hat laut Studie zu Verwerfungen bei den Ausbauvolumina geführt. Außerdem bestehe nach wie vor ein Genehmigungsstau, der durch eine hohe Anzahl an Anträgen, aber auch aus zunehmenden Klagen und Einsprüchen resultiere.