"Kaffeemühle" war gestern, jetzt heißt das Lokal in der Windmühle am Herdentorswall "Beck's Mühle". Einem aber bleibt die Traditionsgaststätte treu: Der Wind bleibt die Klammer, jetzt mit Bezug auf Jammer. Die Bark "Alexander von Humboldt ", auch als das "Beck's-Schiff" und Bierbotschafterin bekannt, ist allgegenwärtig. Und der Namensgeber ist Partner des gastronomischen Unternehmens. Als Wandgemälde zieht sich der Rumpf vom Heck an der Eingangstür bis zur Galionsfigur an der neuen Theke – die nicht das einzig Neue ist in der ursprünglich im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts errichteten Wallmühle.

Historischer Ort mit sachlich-maritimem Interieur: Die Herdentorswallmühle hat einen neuen Betreiber, der Einheimische und Touristen mit norddeutsch-rustikalen, aber neu interpretierten Speisen lockt.
Der Galerieholländer öffnet am Sonnabend, 5. August, nach mehr als einem halben Jahr Planung und Umbau. Neuer Mieter ist die Bührmann-Gruppe, für die Betriebsleiter Bernd Gerken und Gennadij Zaiats als gastronomischer Leiter das Ruder im laufenden Geschäft übernehmen. Zaiats hat von 2003 bis 2013 als Koch in der damaligen "Kaffeemühle" gearbeitet, für den 39-Jährigen ist das neue Restaurant "ein Herzensprojekt".
Entlang der Mühlenwand durchschneidet das Schiff mit den grünen Segeln die gemalten Wogen. Unterm "Alexander" des Namenszugs weist der Rumpf eine Besonderheit auf: "Vorsicht Schwingtür" steht auf einem großen, rechteckigen Bullauge, das den Blick in die Kombüse freigibt.
Einen norddeutschen Akzent hat auch die Speisekarte, die Klassiker wie Knipp, Matjes und Labskaus, auch vegan, enthält – "alles mit modernem Twist", wie Racine Saupe sagt. Altbekanntes wird neu interpretiert in der neuen Küche der Mühle. Saupe begleitet den Imagewechsel des Lokals mit der ebenfalls unter dem Dach der Bührmann-Gruppe befindlichen Gastronomieberatung Jaclavis. Zum neuen Kurs zählt es, einen maritimen thematischen Anker zu haben. Die Wandbeplankung mit Leuchtelementen und die mit kleinen Leuchtdioden bestückten Netze an der Decke unterstreichen den Charakter – ebenso das an eine Reling erinnernde Geländer der Innentreppe. Und eben die großen blauen Wandbildwellen, die Gästen den Weg zum Sanitärbereich weisen.
Was Besucher in der neuen "Beck's Mühle" erwartet
In einem eigenen Ofen werden Lachs und Aal an Ort und Stelle geräuchert. Überhaupt soll es viel Fisch geben. Ab Sonnabend öffnet das Restaurant täglich um 9.30 Uhr. Es gibt Frühstück, wöchentliche wechselnde Mittagstischangebote, Kaffee, Kuchen, die große Abendkarte. Und viel Bier soll fließen an diesem historischen Ort. Die gemalten Hopfenranken unter der Holzbalkendecke des Erdgeschosses sprechen eine klare Sprache.
Dort wurden am Mittwoch die Zapfanlage und die Siebträgerkaffeemaschine installiert und programmiert. Gleiches gilt für die Beleuchtungsanlage, die ausgleichen soll, dass trotz vieler Fenster eben doch wenig Licht ins Innere des unteren Gastraums fällt. 100 Plätze gibt es dort. Im ersten Stock stehen 50 Plätze zur Verfügung, der kleinere Raum kann für Gesellschaften reserviert werden. In der Etage darüber, wo der Mühlenkorpus allmählich eng zu werden beginnt, befinden sich Personalräume und schließlich, unter der Spitze, die Mühlentechnik, die derzeit stillliegt. Zum Mühlentag, Ende Mai, könnte der Vermieter, Immobilien Bremen, mit Vorführungen aufwarten, vielleicht auch schon zum Tag des Denkmals, am 10. September.

Kurze Verschnaufpause für Gennadij Zaiats. Nicht nur der gastronomische Leiter der "Beck's Mühle" hat kurz vor der Eröffnung alle Hände voll zu tun. Unterm Vordach wird an der Internetanbindung gearbeitet. Im Innern werden Leuchten gehängt und nach Kräften Stühle gerückt.
Aber solange noch Tische und Stühle herbeigeschafft, der Gästezugang zum Internet eingerichtet und die Betondeckenlampen aufgehängt werden, haben die "Beck's Mühlen-Müller" anderes zu tun, als sich Gedanken um das Beiprogramm des Baudenkmals zu machen. Während im Innern des Gebäudes Tischler und Elektriker unter Hochdruck arbeiten, ist der Biergarten mit Blick auf die Wallanlagen neu möbliert, Sonnenschirme stehen bereit, bis zu 180 Gäste zu beschatten.
Immer wieder lockt die Baustelle Besucherinnen und Besucher an, die gar nicht glauben können, dass überall gearbeitet wird, aber noch nicht in der Küche, am Tresen und im Service. Die letzten Einstellungsgespräche werden noch geführt, sagt Racine Saupe, ungefähr 20, 30 Leute würden schließlich den Personalstamm bilden.
Zu den Neugierigen, die sich, durch das idyllische Grüne der Wallanlagen kommend, durch die eng geparkten Handwerkerautos ihren Weg zur Mühle gesucht haben, zählen an diesem Tag auch Jesús Juárez und Ana Belen. Der Arzt aus Murcía in Spanien hätte seine Begleiterin, ebenfalls Ärztin, gern in das Restaurant eingeladen. "Ich war 1974 als 14-Jähriger zum ersten Mal in Lesum, ich hatte ein Stipendium zum Deutschlernen und war bei einer Familie untergebracht", erzählt Juárez. In der Mühle habe ich zuletzt vor 15 Jahren gegessen." Pech, manchmal mahlen Mühlen eben zu langsam, auch wenn fieberhaft an ihnen gearbeitet wird. "Wir fahren heute noch weiter, nach Lübeck oder Travemünde", sagt Juárez. So werden die beiden auch die Stelzenläuferinnen verpassen, die am Sonnabend im Einsatz sein sollen, um Einheimischen und Touristen an der Straßenbahn- und Bushaltestelle Herdentor den Weg ins Familienrestaurant zu weisen.