Urlaub vom Ego und voller Einsatz für andere“ – das Motto des Puls-Camps der Freiwilligenagentur Bremen hat 20 Jugendliche aus Bremen und geflüchtete Jugendliche zwischen 16 und 22 Jahren angesprochen, die vorher entweder keine oder nur wenig Erfahrungen mit freiwilligem Engagement gemacht haben. Die Nationalität der Jugendlichen sei dabei egal gewesen, berichtet Projektkoordinator Konrad Kreutzer. „Ziel war aber, Geflüchtete dabei zu haben.“
Wegen der Entwicklung der Corona-Pandemie haben von den Angemeldeten letztlich neun Geflüchtete und fünf Deutsche eine Woche lang diese Möglichkeit der Begegnung und des Hineinschnupperns in Freiwilligenarbeit genutzt. „Ich merke, dass das den Jugendlichen total gut tut“, sagt Lena Blum, Geschäftsführerin der Freiwilligenagentur Bremen. „Menschen zu begegnen ist eine schöne Erfahrung.“
Die Freiwilligenagentur kooperiert dabei mit dem Verein Puls Deutschland, der die lokalen Puls-Camps mit Know-how und Materialien unterstützt und die bestehenden Camp-Standorte wie Göttingen, Berlin, Braunschweig, Bonn, Castrop-Rauxel und eben auch Bremen miteinander vernetzt.
Die 14 Bremer Jugendlichen konnten sich aus den Angeboten von zehn Vereinen und Initiativen täglich eine „Herzaktion“ heraussuchen, die sie besonders interessiert: Die Zirkusschule „Jokes“ etwa bot an, dass Teilnehmende helfen, den Zirkuszeltplatz zu gestalten. Die Innere Mission suchte Helfende für ihre Kleiderkammer in der Bornstraße, dem „Anziehungspunkt“.
Mit Engagement etwas bewirken
Der „Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club“ (ADFC) suchte freiwillige Helferinnen und Helfer, die einen Teil eines Fahrradparcours zusammenbauen, der auf Messen eingesetzt werden kann. Und im Volkshaus, der Basisstation des „Puls-Camps“, konnten die Teilnehmenden die Grundlagen der Fotografie erlernen, um dann eine Fotoausstellung für die Abschlussveranstaltung zu gestalten.
„Die jungen Leute arbeiten aktiv in den Vereinen mit, um möglichst viele Engagements kennenzulernen“, erklärt Konrad Kreutzer, „auch deshalb, um vielleicht etwas später weiterzumachen.“ Und Lena Blum ergänzt, dass das Camp darüber hinaus dazu beitragen soll, zu zeigen, dass die Teilnehmenden etwas bewirken können „und dass sie diese Erfahrungen dann mitnehmen".
Vassey aus Sebaldsbrück versichert, er möchte sich gerne mal später engagieren. Dem aus Guinea stammenden 21-Jährigen gefallen die Themen, die im „Puls-Camp“ angeboten werden: „Und ich finde es auch gut, von den Leuten zu lernen“, sagt er. „Gestern war ich mit den Kindern im Sportgarten, das hat großen Spaß gemacht. Heute mache ich Fotos.“
Fenno (19) aus Findorff war während seiner letzten „Herzaktion“ zusammen mit der 17 Jahre alten Enna aus Walle beim „Anziehungspunkt“ der Inneren Mission: „Wir waren dort an drei Stationen: Tür, Begrüßung und Desinfektion. Dann waren wir noch im Laden, haben die Kundinnen und Kunden beraten und waren an der Kasse“, erzählt Fenno. Vieles habe er gesehen, die Leute seien freundlich gewesen, es habe Spaß gemacht.
Warum besuchen sie das Puls-Camp? „Um verschiedene Ansichten kennenzulernen“, meint Enna. „Außerdem möchte ich mal später in die soziale Richtung gehen, und da wollte ich mal schauen, wo ich hin möchte.“ Freiwilliges Engagement ist ihr nicht fremd: „Ich engagiere mich in einer Kirchengemeinde in Walle, dort leite ich Kinder- und Jugendgruppen.“ Fenno hingegen möchte später Lehrer werden: „Zur Bildung einer Persönlichkeit trägt freiwilliges Engagement bei“, sagt er, „und auch, mit anderen Menschen und Kulturen in Kontakt zu kommen.“
Kontakte knüpfen und Mut machen
Mohammed kommt aus der Türkei. „Ich bin politischer kurdischer Flüchtling und seit einem Jahr in Deutschland“, erzählt der 21-Jährige, der gerade seinen A2-Deutschkursus absolviert. „Gestern war ich im Sportgarten und habe mit Kindern zu tun gehabt, heute mache ich den Fotokurs.“ Vorher sei er noch nie ehrenamtlich engagiert gewesen, doch das soll sich nach dem Puls-Camp ändern: „Das ist gut, um die Sprache zu lernen und Leute kennenzulernen.“
Am Ende des Projekt äußert sich Konrad Kreutzer zufrieden: „Alles hat geklappt.“ Natürlich habe es auch einige besonders beliebte „Herzaktionen“ geben. „Das Gartenbauprojekt vom BUND und dem Mädchenkulturhaus und die ‚Grüne Oase´ wurden sehr gut angenommen“, berichtet er. „Außerdem haben einige Teilnehmende sogenannte ‚Mutmachpäckchen‘ auf der Straße verteilt, gefüllt mit Süßigkeiten und kleinen Botschaften wie ‚Ich wünsche dir einen schönen Tag‘ oder ‚Du bist heute wunderschön‘.“
Zum Abschluss des Puls-Camps, das die Freiwilligenagentur Bremen in Kooperation mit dem Verein „Puls Deutschland“ veranstaltet hat, der die lokalen Puls-Camps mit Know-How und Materialien unterstützt und die bestehenden Camp-Standorte wie Göttingen, Berlin, Braunschweig, Bonn, Castrop-Rauxel und eben auch Bremen miteinander vernetzt, hat jeder Teilnehmende ein Zertifikat erhalten. „Darauf steht, dass sich die Menschen 30 Stunden ehrenamtlich engagiert haben“, sagt Konrad Kreutzer.
Etwa die Hälfte der jungen Leute sei sich nach dem Camp sicher gewesen, einen Platz für ihr ehrenamtliches Engagement gefunden zu haben, fährt er fort. „Und es wollen auch zwei Leute Paten für Stolpersteine werden.“
Mit dem Erfolg des Puls-Camps im Rücken können sich die Organisatoren vorstellen, es im kommenden Jahr sowohl in den Sommer- als auch in den Herbstferien erneut zu veranstalten. Spannend sei es gewesen, dass sich trotz der fehlenden Übernachtungsmöglichkeiten durch Corona „ein wahnsinnig gutes Gruppengefühl entwickelt hat“, bilanziert Konrad Kreutzer und sagt: „Die Gruppe ist toll zusammengewachsen, das hätte ich nicht gedacht.“