Rund 200 Flüchtlinge werden in diesen Tagen die neu errichteten Wohncontainer des Übergangswohnheims am Niedersachsendamm in Huckelriede beziehen. Das schon zu klein ist.
"Ein halbes Jahr nach den Beschluss des Beirats können wir jetzt dem Träger die Schlüssel übergeben", sagte Anja Stahmann, Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport am Donnerstag.
"Als der Beirat im März unseren Planungen für den Komplex zugestimmt hat, wäre die Einrichtung groß genug gewesen, um Flüchtlinge und Asylbewerber eines ganzen Monats aufzunehmen", erläuterte Stahmann. "Inzwischen reicht sie nicht mal mehr für ein einziges Wochenende."
Doppelstöckige Container-Komplexe
Bei dem Übergangswohnheim am Niedersachsendamm handelt es sich um zwei doppelstöckige Wohncontainer-Komplexe, die aus jeweils 130 Elementen bestehen. Sie sind ausgestattet mit Gemeinschaftsräumen, Gemeinschaftsküchen und gemeinschaftlichen Sanitäranlagen sowie Spielflächen für Kinder. Die Betreuung stellt die Arbeiterwohlfahrt (AWO) mit sechs Kräften sicher, außerdem ist ein Sicherheitsdienst rund um die Uhr vor Ort.
Wohnraumvermittler werden die Flüchtlinge bei der Anmietung eigener Wohnungen unterstützen, und die Volkshochschule wird Deutschkurse einrichten, erläuterte Stahmann.
Den Bauarbeiten vorausgegangen waren Abrissarbeiten auf dem Kasernengelände, außerdem wurde ein Zaun versetzt, um die Anlage vom Kasernengelände abzuteilen. Das Bundesamt für Immobilienaufgaben (BIMA) hatte Ende 2014 diese Teilfläche der Scharnhorst-Kaserne kostenfrei zur Verfügung gestellt.
Es sollen nicht Flüchtlinge aus den Hallen der unmittelbar benachbarten Scharnhorst-Kaserne einziehen, sondern Einzelpersonen und Familien, die bereits mehrere Wochen oder Monate in Bremen leben. Sie sind im Verfahren so weit, dass ihnen die Leistungen für den Lebensunterhalt in bar ausgezahlt werden können.
"Unvergleichliche Herausforderung"
Mit dem Komplex am Niedersachsendamm verfüge Bremen jetzt über 22 feste Gemeinschaftsunterkünfte mit rund 2.600 Plätzen, so die Senatorin weiter. Außerdem hätten seit Anfang 2015 mehr als 1.000 Menschen eine eigene Wohnung beziehen können, das seien mehr als im gesamten Jahr 2014. Darüber hinaus habe die Stadt Bremen allein seit Juli rund 2.200 Menschen behelfsmäßig untergebracht, darunter 1.100 in Zelten, 800 in Sporthallen sowie über 300 in Fahrzeughallen der Bundeswehr.
"In den vergangenen drei Monaten haben wir doppelt so viele Plätze einrichten müssen wie in den Jahren 2013 und 2014 zusammen", sagte die Senatorin. "Das ist eine unvergleichliche Herausforderung für alle Beteiligten."
Bis zum Jahresende würden rund 1.000 weitere Plätze in regulären Einrichtungen entstehen, und zusätzlich seien 1.400 Notplätze konkret in Planung: "Wir bewältigen derzeit den größten Zustrom an Flüchtlingen und Asylbewerbern in der Geschichte der Bundesrepublik, und ich danke allen, die sich dieser historischen Herausforderung mit all ihrer Kraft stellen", so Stahmann.
Die Senatorin nannte weitere Zahlen, um die "Dimension der Herausforderung" deutlich zu machen: "Im ganzen Jahr 2009 haben wir in Bremen knapp 250 Flüchtlinge aufgenommen. Allein im September 2014 hatten wir schon mehr Flüchtlinge, nämlich 259 in einem einzigen Monat. Und inzwischen kommen manchmal mehr als 300 Menschen an einem einzigen Wochenende."
Über jede neue Aufnahmeeinrichtung sei sie froh, doch Stahmann gestand auch ein: "Das wird unsere Not kaum lindern, wir werden ohne Hallen und Zelte auch über den Winter nicht auskommen."
Bundesweit werden etwa 800.000 bis eine Million Flüchtlinge erwartet, das Land Bremen nimmt davon nach dem Königsteiner Schlüssel 0,96 Prozent auf, davon 20 Prozent in der Stadt Bremerhaven. Bis zum Monatsende hat Bremen allein im September 1.580 Asylbewerber und Flüchtlinge registriert sowie 448 Minderjährige, die ohne Begleitung Sorgeberechtigter eingereist sind. Darüber hinaus warten mindestens 700 Menschen auf die Registrierung in der Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber aufgenommen.
Im Jahr 2015 hat das Land Bremen bislang rund 6.000 Asylbewerber und Flüchtlinge aufgenommen sowie darüber hinaus über 1.400 unbegleitete Minderjährige (zum Vergleich: Im ganzen Jahr 2014 waren es 2.233 plus 495, 2013: 1111 plus 202).
80 Prozent der Flüchtlinge und Asylbewerber in Bremen kommen derzeit aus dem Bürgerkriegsland Syrien, zehn Prozent aus Afghanistan. (rab)