Warfleth/Neuenhuntorf. Das Interesse an der Familienforschung nimmt in der Öffentlichkeit immer weiter zu. Woher kommt meine Familie, wie weit lässt sich mein Stammbaum zurückverfolgen, wer gehört alles dazu, mit wem bin ich verwandt? Das sind Fragen, die auch in der heutigen Zeit immer mehr Menschen gern für sich beantwortet hätten. In Zeiten des Internets sind viele Details zu entdecken, lassen sich manche Fragen schon im Vorfeld beantworten. Wer noch weiter in die Tiefe gehen möchte, der findet Antworten insbesondere in alten Kirchenbüchern.
Allerdings: Nicht jeder kann die handschriftlichen Aufzeichnungen lesen. Die sind nämlich häufig in altdeutscher Schrift verfasst. Hier kommen jene Menschen ins Spiel, die sich aus Lust und Leidenschaft in meistens jahrelanger Arbeit daran machen, die Kirchenbücher abzuschreiben und digital zu erfassen. Seit 2005 gibt es beispielsweise das Ortsfamilienbuch Berne, neu liegen die Ortsfamilienbücher Warfleth und Neuenhuntorf jetzt in digitaler Form vor.
Viele Jahre hat Friedrich Wragge in die Übertragung der Daten dieser drei Kirchenbücher gesteckt. Der inzwischen 81-Jährige aus Reinbek bei Hamburg, will die beiden neuen Ortsfamilienbücher am Montag, 9. Oktober, ab 19 Uhr im Dorfhaus der Dorfgemeinschaft Bardenfleth, Deichstraße 205a, vorstellen. Bei der Bedienung von Laptop und Beamer wird er von Dierk Feye aus Varel, dem Leiter der Arbeitsgruppe Kirchenbuch-Datenaufnahme der Oldenburgischen Gesellschaft für Familienkunde (OGF), unterstützt.
Friedrich Wragge hat eine persönliche Beziehung zur Gemeinde Berne. Seine Eltern wurden in Berne und Weserdeich geboren; er hat als Kind von 1946 bis 1950 hier gewohnt. Von seinen 14 Vorfahren, das fand er bei seinen Nachforschungen heraus, waren elf gebürtig aus der Gemeinde Berne, drei stammten aus direkten Nachbargemeinden. Seit 1987 hatte sich Friedrich Wragge in seiner Freizeit mit der Datenaufnahme der Kirchenbücher des Kirchspiels Berne beschäftigt. Ab 2008 machte er die Kirchenbücher von Neuenhuntorf und Warfleth in akribischer Arbeit für jedermann lesbar.
Das eigentliche Ziel der digitalen Datenaufnahme für seinen Verein sei es, erklärt Dierk Feye, die Kirchenbücher zu erhalten. „Die Aufzeichnungen werden zerstört durch die Familienforscher“, nennt er ein Problem. Denn zwangsläufig werden die ältesten Bücher am häufigsten genutzt. „Das Papier verschleißt beim Blättern, Handschweiß greift die wertvollen Buchseiten an“, weiß er. Zudem sei nicht jedes Kirchenbüro regelmäßig besetzt, was kontinuierliches Forschen vor Ort erschwere.
Eine CD-ROM lasse sich aber leicht aufbewahren. „In Ostfriesland mit seinen zahlreichen Kirchspielen umfassen Kirchenbücher bis zu 5000 Seiten“, gibt Feye ein anschauliches Beispiel. „Wer will sich so ein ‚Telefonbuch’ in den Schrank stellen?“ Die Digitalisierung als pdf-Dateien und spezielle Genealogie-Programme helfen beim Suchen, beim Erkennen von Querverbindungen und beim Auffinden von verwandtschaftlichen Verbindungen. Kinder lassen sich den Eltern zuordnen.
Feye, der seinen eigenen Stammbaum bis ins Jahr 1498 zurückverfolgen kann, beobachtet in den letzten Jahren eine rapide Zunahme des Interesses an der Familienforschung. „Das merken wir an unseren Mitgliederzahlen. wir haben mehr als 700 Mitglieder“, freut er sich. Eine Berufsgruppe, die die digitalen Daten nutzen, sind die Erbenermittler. Unter den hobbymäßig forschenden Menschen sind vielfach Nachkommen von alten Bauersfamilien, die nicht mehr am Ort leben. Von einem bestimmten Alter an suchen sie nach ihren Wurzeln, ist Feyes Erfahrung. Besonders groß, weiß der OFG-Leiter, ist das Interesse an der Ahnenforschung in den USA und England, verursacht durch die Auswandererbewegungen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. „Zu Treffen kommen locker ein paar Hundert Leute.“ Sehr viele Kontakte pflege die Gesellschaft auch nach Holland, zu Nachfahren der sogenannten Hollandgänger, die lange vor den Amerikafahrern auswanderten.
Die beiden Ortsfamilienbücher Warfleth und Neuenhuntorf befinden sich zusammen auf einer CD-ROM, die Friedrich Wragge und Dierk Feye zum Vortragsabend mitbringen werden. Interessierte können sie dort zum Preis von 25 Euro erwerben. Bestellungen sind im Internetshop des OGF unter der Adresse www.familienkunde-oldenburg.de/shop/ ebenfalls möglich.