Ungewohnter Anblick auf der Autobahn 1: Auf gut 800 Metern in Richtung Osnabrück hat der rechte Hauptfahrstreifen nicht mehr wie gewohnt eine schwarze Oberfläche, sondern ist seit dem Wochenende cremefarben. „Es ist ein Gussasphalt der neuen Generation, der erstmals in Deutschland verwendet wird“, sagt Sebastian Mannl, seit 1. Juni neuer Leiter des Amtes für Straßen und Verkehr (ASV) in Bremen. Weil sich zwei Jahre, nachdem die Fahrbahn über die Weser saniert worden war, erneut dicke Spurrillen gebildet hatten, wurde nach einer anderen Lösung gesucht. Mit dem neuen Asphalt soll die Fahrbahn länger halten.
Das Verkehrsaufkommen auf der Weserstrombrücke zwischen den Abfahrten Hemelingen und Arsten ist mit insgesamt etwa 120 000 Fahrzeugen am Tag das höchste in Bremen. Derzeit fahren Corona-bedingt dort weniger Autos. Wenn im Sommer die Hitze den Asphalt erhitzt, verdrängen die Reifen der schweren Lastwagen den Belag. Er verformt und wölbt sich. Da in den vergangenen Jahren fast durchgehend auf der Autobahn 1 gebaut wurde, standen nicht nur die 40-Tonner an dieser Stelle häufig im Stau. Teilweise bildeten sich im vergangenen Jahr lange Blechlawinen bis zur Anschlussstelle Posthausen.
Die laufenden Motoren geben zusätzliche Hitze ab, die auf den schwarzen Straßenbelag einwirkt. Bei einer Messung im Juni 2019 stellten ASV-Mitarbeiter Temperaturen von 100 Grad unter einem Lastwagen fest. „Bei solchen Bedingungen verändert sich die Konsistenz“, so Martin Stellmann, Sprecher des ASV. Auf normalen Straßen wird überwiegend Beton oder ein Walzasphalt verwendet, bei Brücken hingegen Gussasphalt, der bei 160 Grad eingebaut wird. Damit nicht mehr so schnell sogenannte „Verdrückungen“ und Wülste entstehen, die teilweise bis zu zehn Zentimeter hoch sind, geht das Bremer Straßenbauunternehmen einen anderen Weg.
Schutz- und Deckschicht
Der neue Belag soll „allerhöchste Beanspruchungen“ standhalten und ist sowohl als Schutzschicht als auch als Deckschicht eingebaut worden. „Weil er heller ist, heizt er nicht so schnell auf“, sagt ASV-Leiter Sebastian Mannl.
Wer es ganz genau wissen möchte: Die Oberfläche der Asphaltdeckschicht wurde zum ersten Mal zu 100 Prozent mit dem Naturstein Lysit aufgetragen. Dieses sogenannte Aufhellungsgestein soll mehr Widerstand gegen die polierende, reibende Wirkung der Fahrzeugreifen bieten. Durch die quasi sofort wirkende helle Oberfläche wird laut dem ASV die Temperatur an der Oberfläche der Fahrbahn, die durch die Sonneneinstrahlung entsteht, um acht bis zehn Grad Celsius gesenkt. Der zunächst cremefarbene Belag werde durch den Verkehr in einen sehr hellen weißgrauen übergehen. Neu ist zudem, dass in dem aufgebrachten Gemisch Bitume verwendet werden, damit sich der Asphalt auch bei höheren Außentemperaturen nicht so schnell verformt.
Doch damit nicht genug: Auf den 800 Metern haben die Bauarbeiter auch zehn Messsonden in unterschiedlichen Höhen und Tiefen in den hellen Fahrstreifen eingebaut, um Rückschlüsse ziehen zu können, wie sich die Temperaturen entwickeln. „Wenn sich dieses Konzept bewährt, kann es bundesweit richtungsweisend sein“, sagt Stellmann. Aus diesem Grund sei auch die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) in das Verfahren eingebunden.
Die Arbeiten an der A 1-Weserbrücke hätten eigentlich am ersten Juli-Wochenende beendet sein sollen, mussten wegen Regen und Nässe aber um eine Woche verschoben werden. Insgesamt 14 Tage ist auf der Brücke gearbeitet worden. Die Kosten für die Maßnahme belaufen sich laut ASV-Sprecher Martin Stellmann auf 400.000 Euro. An diesem Mittwoch und Donnerstag bringen die Straßenbauer noch die neuen Markierungen auf, ab Freitag ist die erneuerte Fahrbahn für den Verkehr freigegeben.