Das rät die Verbraucherzentrale: Wie man sich vor unseriösen Anbietern und überhöhten Rechnungen schützen kann. Die Polizei Bremen gibt eine Liste mit Sicherheitstechnik-Firmen heraus.
Joswitha G. ärgert sich vor allem über sich selbst, dass sie auf den Schlüsseldienst hereingefallen ist. „Ich war unter Zeitdruck, und ich wollte einfach nur, dass die Tür geöffnet wird“, sagt die Frau aus Huchting. Ihren richtigen Namen möchte sie nicht in der Zeitung lesen, weil es ihr unangenehm ist, dass sie sich hat hereinlegen lassen. Aber sie möchte andere Bremer davor warnen, was ihr mit einem unseriösen Schlüsseldienst passiert ist, wie sie sagt.
Es ist ein Mittwoch, Ende März, gegen 18 Uhr. Die 65-Jährige ist mit ihrem Enkelsohn verabredet, er hat sie zum Essen in ein Lokal eingeladen. „Ich war ein bisschen aufgeregt, weil ich mich so gefreut habe. Entsprechend war ich in Gedanken schon bei dem schönen Abend“, erzählt sie. Der Enkel ist da, Joswitha G. schnappt sich Jacke und Handtasche – und eilt nach draußen. Rumms. Die Haustür fällt hinter ihr ins Schloss. Der Schlüssel liegt drinnen. Eine Situation, die viele schon ähnlich erlebt haben und in der sie die Hilfe eines Schlüsseldienstes benötigen. Der Enkel guckt mit seinem Smartphone im Internet nach und findet einen Notdienst, der zumindest dem Namen nach aus dem Stadtteil kommt. Der Mitarbeiter verspricht, in einer halben Stunde da zu sein. „Es hat länger gedauert, weil er aus dem Umland kam“, sagt die Bremerin.
Der Mann will ihr einen Sonderpreis machen, sagt er vor Ort. Statt 169 Euro sollen es 130 Euro für das Türöffnen sein. Dazu kommen noch diverse Zuschläge für Anfahrt und Uhrzeit, die er auf einem Blatt Papier notiert, sie immer wieder durchstreicht und durch geringere Beträge ersetzt. „Er hat mich regelrecht umgarnt, war ausgesprochen freundlich und hat den Anschein erweckt, dass er mir einen Sonderpreis macht“, sagt Joswitha G. Bevor der Mitarbeiter die Tür auch nur berührt hat, unterschreibt die Bremerin eine Rechnung von über 300 Euro. Nach nur zwei Minuten hat er die Tür geöffnet. Die 65-Jährige muss direkt bezahlen, der Handwerker hat ein Gerät für die EC-Karte mit. Joswitha G. fühlt sich hereingelegt und ausgenutzt. „Die Schuld dafür gebe ich mir selbst“, sagt sie.
Gerrit Cegielka von der Verbraucherzentrale Bremen kennt solche Erfahrungen zuhauf. „Das ist bei uns seit Jahren ein Dauerthema“, sagt der Rechtsexperte. „Bei den Beschwerden geht es vor allem um extrem überteuerte Rechnungen und die Art und Weise, wie kassiert wird. Oft werden die Kunden regelrecht bedrängt und die Notsituation ausgenutzt.“ Besonders ist ihm die Geschichte einer Frau in Erinnerung geblieben, die nachts Nachbarn abklappern musste, um 600 Euro zusammenzubekommen. Der Mitarbeiter eines Schlüsseldienstes hatte auf sofortige Barbezahlung bestanden. „So etwas kann schon in den Bereich der Nötigung gehen“, betont Cegielka. Und: „Sofern man nichts anderes vorher unterschrieben hat, muss man nicht vor Ort bar bezahlen.“
Allerdings sei das oft das grundsätzliche Problem: In der Ausnahmesituation fühlten sich die Betroffenen ausgeliefert und seien oftmals einfach froh, dass jemand da ist, der die Tür öffnet. „Deshalb lassen sich viele überrumpeln, unterschreiben schon vor der eigentlichen Arbeit und zahlen Rechnungen von mehreren Hundert Euro“, so der Rechtsexperte. Wer unterschrieben hat, dessen Chancen seien gleich null, später Geld zurückfordern zu können. Das Problem sei, dass es keine fixen Preise gebe, höchstens Richtwerte. Das sei zum Beispiel die Arbeitsstunde für Handwerker, die mit 40 bis 50 Euro zugrunde gelegt werde. „An einem Wochentag zu normalen Öffnungszeiten darf das simple Öffnen einer zugefallenen Wohnungstür, das höchstens ein paar Minuten dauert, demnach nicht deutlich mehr als 100 Euro kosten. Am Wochenende oder nachts ist ein Aufschlag von 50 Prozent im Rahmen“, betont Cegielka. Die Realität sei aber oft, dass diverse Zuschläge vor Ort berechnet würden und oft auch einfach das Schloss ausgetauscht werde – weil unvorhergesehene Schwierigkeiten aufgetaucht seien. „Das ist Unsinn bei einer solch simplen Sache“, betont Cegielka.
Neben unseriösen Anbietern gibt es aber vor allem auch viele seriöse Schlüsseldienste, sagt Jürgen Schöttke vom Präventionszentrum der Polizei. Die Polizei aktualisiert regelmäßig einen sogenannten Errichternachweis, in dem mehrere Bremer Handwerksbetriebe aufgelistet sind. Mit ihnen arbeitet sie beim Thema Einbruchschutz zusammen, darunter sind Tischler, Metallbauer, Sicherheitsfachgeschäfte und auch Schlüsseldienste. Sie müssen einen ganzen Katalog von Kriterien seitens der Polizei erfüllen.
„Voraussetzung bei diesen Diensten ist unter anderem, dass sie mit Festpreisen arbeiten, die natürlich je nach Aufwand variieren. Aber es gibt keine bösen Überraschungen“, so Schöttke. Auch außerhalb dieser Liste gebe es gute, seriöse Anbieter, die seien in der Regel beim Anruf zu erkennen: „Sie nennen am Telefon einen Festpreis, in dem alles enthalten ist.“ Aber versprechen das nicht auch die sogenannten schwarzen Schafe der Branche? „Wenn sich das herausstellt, kann man einen telefonischen Auftrag jederzeit vor Ort zurückziehen, wenn noch nicht mit der Arbeit begonnen wurde“, sagt Gerrit Cegielka von der Verbraucherzentrale.
Die Errichterliste des Präventionszentrums der Polizei ist auf der Internetseite www.polizei.bremen.de (Rubrik: Rat und Hilfe) zu finden. Schöttke: „Außerdem kann man sich rund um die Uhr beim Zentralruf der Polizei unter 362-0 nach der Liste und Einträgen für Schlüsseldienste erkundigen“, sagt Schöttke. Der wichtigste Tipp sei aber, sich bereits vor einer solchen Situation über einen Notdienst in seinem Quartier zu erkundigen – und einen Zweitschlüssel bei Freunden oder Familie zu deponieren.